Nürnberg-Kapitän Hanno Behrens im Interview: "Ich brauche kein Blattgold aufs Steak"

Hanno Behrens wechselte aus Darmstadt nach Nürnberg.
© getty
Cookie-Einstellungen

 

 

Oha, jetzt wird's interessant.

Behrens: Wir haben dann die nächste Bar angesteuert und wie der Zufall es will, war dort nebenan eine Autowerkstatt. Dort konnten wir die Jungs mobilisieren, dass sie das Quad abholen und den Reifen reparieren. Das haben sie auch gemacht, aber es war schon zu dunkel, um wieder zurückzufahren. Daher haben wir uns zu den Einheimischen gehockt, die Leute aus der Werkstatt eingeladen und zusammen etwas getrunken. Das war auch für sie ziemlich cool, weil das absolut kein Touristenort war und dort nur selten Europäer vorbeikommen. Die Bar hatte im hinteren Teil des Hauses auch noch ein paar Zimmer zur Miete. Die waren zwar relativ einfach und wir von den Strapazen des Tages total verdreckt, aber wir haben dann dort gepennt und sind nächsten Tag zurück.

Herrlich! Um das Thema Reisen abzuschließen: Sie würden angeblich gerne einmal nach Australien. Woran hat's bislang gehapert?

Behrens: Das ist ja viel zu groß, um dort nur drei Wochen zu verbringen. Da würde man wohl nur im Van hocken, um von einem Ort zum anderen zu düsen. Das habe ich eher im Hinterkopf für die Zeit nach der Karriere, wenn ich mal über mehrere Monate dortbleiben kann. Man soll dort auch super surfen können.

Wie die Anekdote aus Costa Rica beweist: Obwohl Sie Kapitän eines Bundesligavereins sind, können Sie sich in Ihrer Freizeit einigermaßen anonym bewegen. Das trifft nicht unbedingt auf jeden Ihrer Berufskollegen zu. Wie froh sind Sie, dass Sie beispielsweise nicht Mario Götze sind?

Behrens: Sehr froh, da bin ich ehrlich. Es ist zwar schwer einzuschätzen, wie das für Mario Götze ist. Wenn man aber mitbekommt, wie viel die Presse über ihn und sein Privatleben berichtet, würde ich das als sehr unangenehm und schwierig empfinden. Ich würde es hassen, wenn ich mich gerade im Urlaub nicht frei bewegen könnte.

Vorhin haben wir über die Zeit außerhalb des Fußball-Rads gesprochen: Wie nehmen Sie denn diese vielzitierte Blase wahr, in der sich die Profibranche offenbar bewegt - gibt es die wirklich?

Behrens: Die Blase ist komplex und schwer zu greifen, aber in meinen Augen existiert sie schon. Das liegt vor allem daran, dass man als Fußballer ausschließlich über seine Leistung bewertet und definiert wird. Wenn die Leistung nicht stimmt, werden einem negativen Kommentare an den Kopf geworfen, gerade heutzutage in Zeiten der sozialen Medien. Daher muss man häufig aufpassen und sich zurückhalten, wenn es persönlich wird. Denn alles, was man aus der Emotionalität heraus äußern würde, kann wieder auf den Verein oder einen selbst negativ zurückfallen. Und Schwäche zuzugeben, ist im Leistungssport nicht erlaubt. Das darf man nicht, weil es von der Mehrheit negativ aufgenommen wird. All das ist in meinem Freundeskreis natürlich komplett anders.

Finden Sie, dass man Fußballer öffentlich zu schnell in Schubladen steckt?

Behrens: Ja. Zu mir sagen viele, ich sei für sie nicht der typische Fußballer. Es gibt aber sehr viele Kollegen, die auch nicht die typischen Fußballer sind, obwohl man es vielleicht nicht von ihnen denkt. Natürlich gibt es diese klassischen Klischee-Gesprächsthemen über schnelle Autos und teure Klamotten und nicht jeder schaut wirklich über den Tellerrand hinaus. Das stimmt schon. Wie der Mensch im Fußballer aber wirklich tickt und über bestimmte Themen denkt, das kann in der Öffentlichkeit keiner wissen. Deshalb sind viele de facto auch nicht in der Lage, darüber zu urteilen - aber sie tun es.

Da sind wir bei einem kürzlichen Aufreger: Franck Ribery verzehrt ein mit Blattgold belegtes Stück Fleisch, teilt das mit der Öffentlichkeit, die sich dann empört, worüber er sich anschließend empört. Können Sie seine Empörung nachvollziehen?

Behrens: Ich sehe da beide Seiten. Am Ende ist es eindeutig seine Sache. Er verdient sein Geld mit ehrlicher Arbeit und kann damit machen, was er will. Die Kommentare der Menschen auf seinen Post sind unsäglich gewesen. Wenn er das aber als Person des öffentlichen Lebens postet, muss er mit Reaktionen rechnen.

Für das Fleisch soll Ribery angeblich auch nichts bezahlt haben, weil er einer Einladung gefolgt ist. Wie würden Sie reagieren, wenn man Ihnen das anbieten würde?

Behrens: Ich brauche kein Blattgold aufs Steak, wenn das für den Geschmack offenbar eh nichts bringt. (lacht)

Sie sind als Club-Kapitän für die Medien besonders interessant und müssen daher nicht nur nach den Spielen zur Verfügung stehen. Wie häufig sagen Sie denn dabei Ihre ehrliche Meinung?

Behrens: Ich versuche, sehr authentisch und ehrlich zu sein - erst recht bei einem Interview wie diesem, in dem es weniger um das Sportliche geht. Dennoch muss man aufpassen, was man sagt. Nach einem Spiel überlege ich mir das schon genauer. Ich will einerseits meine ehrliche Meinung äußern, darf mich aber auch nicht angreifbar machen - und genau deshalb kommt dann eben nur wenig Spannendes heraus. Man kann einfach nicht 100 Prozent ehrlich sein, da die Aussagen auch oft überspitzt dargestellt oder schlichtweg verdreht werden. Ich kann Ihnen auch ein Beispiel nennen.

Gerne.

Behrens: Ich habe gesagt, dass wir uns in der Winterpause Gedanken machen müssen - der Trainer, die Mannschaft, einfach alle. Am Ende stand "Behrens kritisiert den Trainer" in der Zeitung. Viele lesen dann oft nur die Überschrift und schon hast du wieder Unruhe im Umfeld. Was lerne ich daraus? Ich muss in Zukunft einfach plattere Antworten geben, obwohl ich das eigentlich gar nicht möchte.

Apropos Ehrlichkeit: Müssen Sie manchmal schmunzeln, wenn Sie Spieler bei Interviews hören, die Sie gut kennen, weil Sie wissen, dass das Geäußerte niemals deren eigene Meinung sein kann?

Behrens: Ich möchte niemanden verpfeifen, aber das kommt definitiv häufiger vor. (lacht)

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema