Bundesliga komplett im Blutrausch

Von Benno Seelhöfer
Trotz zahlreicher Bitten der Frankfurter machte Christian Dingert keine Anstalten, den Bundesliga-Rekord zu knacken
© getty

Die Bundesliga brutal wie nie: Rote Karten satt am 14 Spieltag. Und: Thomas Müller hielt die Sportjournalisten dieser Welt zum Narren, Hoffenheim ist offiziell genauso gut wie Real Madrid und das legendäre 1889er Team von Preston North End kann dank Ingolstadts brillanter Chancenverwertung aufatmen.

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Blut-Rekord: Dieses Wochenende war brutal. In fast allen Spielen wurde getreten, gezerrt und gezogen wie sonst nur im Sommerschlussverkauf in der Damen-Abteilung. Die Folge? Gleich sieben Rote Karten, der Rekord von acht Platzverweisen ist damit nur knapp unterschritten. Vater Abraham wusste von diesem Malheur und hat sich im Zweikampf mit "dem besten deutschen Stürmer" eindringlich beworben, den Rekord einzustellen. Christian Dingert alias Pontius Pilatus blieb aber hart. Sieben Jünger eiferten Abraham letzten Endes noch nach. Sie haben jetzt eine neue Religion gegründet: Vater Abrahams sieben Söhne.

Ab in die zweite Liga: Hamburg und Mainz schielen nach Stuttgart! Die beiden Teams sind mit jeweils vier Roten Karten nach 14 Spieltagen derzeit Spitzenreiter der Liga. Höchstwert letztes Jahr? Stuttgart mit fünf. Wir wissen ja, wo das endete.

700 Euro? Nein, 702,10: Aufmerksame DSDS-Zuschauer wissen bereits: Auf Genauigkeit kommt es an. 1000 Minuten war Thomas Müller ohne Bundesliga-Treffer. Nein, 999! Was viele nicht wissen: Das war pure Absicht vom bayrischen Bub. Die Journalisten haben schon in die Tasten gehauen. Stets allzeit bereit, eine saftige Müller-ist-so-schlecht-und-trifft-1000-Minuten-nicht-Krisengeschichte aufs Papier zu zaubern. Der Moment war da. Fast. Eine Minute vor dem magischen Moment hat Müller doch eingenetzt. Zufall? Wohl kaum! Das breite Grinsen in der Mixed-Zone hat den Betrüger eindeutig entlarvt. Jürgen Trovato hat die Bayern bereits undercover als Ex-Knacki infiltriert und ermittelt.

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Naldo quick as a flash: Viele kommen zu schnell, Naldo geht lieber. Im gazellengleichen Sprint holte Naldo die kleine Erbse zwar noch ein, doch kam zu spät. Der Platzverweis in der vierten Minute war der schnellste der langjährigen aber mäßig erfolgreichen Schalker Bundeliga-Geschichte. Schneller war nur Youri Mulder 1998.

Wolfgang Petersen überragt: Der Stürmer hat nicht nur das 700. Bundesliga-Tor des SC aus Freecastle erzielt, sondern rückt mit diesem Treffer gleichzeitig auf Platz zwei der besten Joker vor (15 Tore). Auf Platz eins rangiert nach wie vor Heath Ledger als Alexander Zickler mit 18 Buden. Als Belohnung veranstalteten die Breisgauer einen gemütlichen DVD-Abend im Vereinsheim. Als Film lief Nils Petersens legendärer Streifen "Das Boot".

Bremen mit Beton: Defensivkraft wird seit jeher groß geschrieben an der Weser. Die Folge: Als letztes Team schafften es die Jungs aus dem Hohen Norden diese Bundesliga-Saison zu Null zu spielen. Stark: Letzte Saison dauerte das bis zum 33. Spieltag.

Sonntag? Kieß-Tag: Beste Sonntagsbeschäftigung ever? Faul auf der Couch liegen und Fritz von Thurn und Taxis bei irgendeinem mauen Gekicke lauschen. Stefan Kießling macht das vielleicht auch ganz gern, aber noch lieber trifft Jogis Lieblingsstürmer. Mit 32 Treffern ist die absolute Legende unterm Bayer-Kreuz ab sofort bester Sonntags-Torschütze der Bundesliga. Platz zwei? Das Ailton. Vielleicht zieht es Kießling ja auch noch in die Amateurligen dieser Nation, sonntags abliefern kann er ja.

Klare Angelegenheit: Leipzig? Hat die beste Chancenverwertung der Liga. Ingolstadt? Hat die schlechteste. Das Ergebnis? Ingolstadt gewinnt. Fußball ist und bleibt mathematisch und logisch komplett nachvollziehbar.

Bayern im Torrausch: Die Münchner erzielten an diesem Spieltag satte 38 Prozent aller Tore. Gut, bei einem Gesamtwert von lausigen 13 Treffern war das auch wirklich nicht ganz so schwer.

@Jogi Löw: Deutsches Sturmproblem? Von wegen! Die epische Anzahl von drei Auswärtstoren war ein Ergebnis der top ausgebildeten deutschen Stürmergilde. Marco Reus, Max Kruse und Stefan Kießling trafen in die Maschen.

TSG Real Hoffenheim: Honorige Namen unter sich. In Europas fünf großen Ligen sind genau zwei Teams noch ungeschlagen: Real Madrid und die TSG Hoffenheim. Folglich gilt: Madrid=Hoffenheim, CR7=SW14.

Leipzig schwächelt: Erste Niederlage in der Bundesliga-Historie für die Roten Bullen, die jetzt eher wie gelbe Milchkühe daherkommen. Wie im knallharten Business des Sportjournalismus üblich, muss eine Krise herbeigeredet werden - und das schnell. Zwar blieb kein Team im deutschen Oberhaus länger ungeschlagen als die Sachsen, doch in Preston kann man darüber nur lachen. Die North Ender (das heißt bestimmt nicht so) mussten in ihrer legendären Meistersaison 1888/89 erst im 24. Match ihre erste Niederlage hinnehmen - in den fünf großen europäischen Ligen ist das Rekord! Wir erinnern uns alle gut an dieses denkwürdige 3:5 bei Aston Villa. Während England schon Fußball spielte, überzeugten die Deutschen zeitgleich mit einem fortschrittsbewussten neuen Kaiser - Wilhelm II: "Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung."

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