"Ich wollte einfach nicht scheitern"

Michael Zorc arbeitet seit 1998 im Management von Borussia Dortmund
© getty

Michael Zorc hat sein ganzes Leben lang in Dortmund und beim BVB verbracht. Nach dem Ende seiner Spielerkarriere wechselte er 1998 zügig ins Management von Borussia Dortmund. Der Sportdirektor spricht im Interview über seine Verbundenheit zu Dortmund, sein abgebrochenes Studium, den schwierigen Start in die Management-Karriere und den Umgang mit der Vielzahl an Transfergerüchten.

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SPOX: Herr Zorc, was ist wahrscheinlicher: Dass Sie eines Tages einmal Borussia Dortmund verlassen werden oder gewinnt doch eher der FC Schalke 04 mal wieder einen Meistertitel?

Michael Zorc: Irgendwann werde ich ja auf jeden Fall mal gehen. Idealerweise natürlich aus Altersgründen. (lacht) Das halte ich also für wahrscheinlicher.

SPOX: Sie sind gebürtiger Dortmunder, haben dort Ihre gesamte Karriere als Spieler verbracht und sind anschließend nahtlos in die Rolle des Sportdirektors geschlüpft. Wieso für immer Dortmund?

Zorc: Es gab zu meiner aktiven Zeit als Spieler durchaus die Überlegung, ob ich die ganze Zeit in Dortmund bleiben möchte oder nicht. Mir lagen immer mal wieder Angebote anderer Klubs vor. Gerade im Spätherbst meiner Karriere habe ich nicht mehr regelmäßig gespielt. Das hat mir überhaupt nicht geschmeckt und ich habe es zum damaligen Zeitpunkt auch nicht eingesehen. Dadurch wurde ich quasi gezwungen, darüber nachzudenken. Ich habe überlegt, ob ich nicht doch woanders zeigen möchte, dass ich es noch drauf habe.

SPOX: Und?

Zorc: Je intensiver ich mich damit beschäftigt habe und je näher die finale Entscheidung rückte, desto klarer wurde mir: Dortmund ist einfach mein Platz. Und den möchte ich nicht verlassen.

SPOX: Wie viele Momente dieser Art gab es insgesamt?

Zorc: Nicht besonders viele. Höchstens eine Hand voll.

SPOX: Was genau bedeutet Ihnen Heimat?

Zorc: Ich bin da nicht zu romantisch veranlagt, um ehrlich zu sein. Ich habe immer in Dortmund gelebt und finde mich dort auch wieder. Ich fühle mich hier zusammen mit meiner Familie und meinen Freunden sehr wohl. Das ist temporär aber auch woanders möglich. Es ist nicht so, dass ich mich ausschließlich in Dortmund wohlfühle und sonst nirgendwo.

SPOX: Wie eng ist denn Ihr privates Umfeld mit der Stadt verbunden?

Zorc: Das ist in jeder Hinsicht ganz unterschiedlich. Es gibt Freunde aus anderen Städten und Ländern, Freunde aus Dortmund und solche, die gar nichts mit dem Fußball zu tun haben. Es ist zufällig niemand aus Gelsenkirchen dabei. (lacht) Ich bin diesbezüglich wirklich nicht einseitig festgelegt.

SPOX: Stimmt es eigentlich, dass Sie einmal ein Studium abgebrochen haben?

Zorc: Ja. Ich war bereits ein Jahr Profi unter Trainer Branko Zebec, als ich 1982 mein Abitur gemacht habe. Das war damals kein einfaches Jahr, da die Trainings-Intensitäten sehr, sehr hoch waren. Zudem war ich noch vier Wochen mit der Junioren-Nationalmannschaft des DFB in Australien bei der Weltmeisterschaft. Danach bin ich in die Sportfördergruppe der Bundeswehr nach Essen-Kupferdreh gekommen und habe ziemlich zeitgleich zusammen mit Kumpels an der Uni Dortmund Wirtschaftswissenschaften studiert.

SPOX: Weshalb haben Sie das Studium nicht durchgezogen?

Zorc: Ich bin zunächst halbwegs regelmäßig dort erschienen und habe Scheine gemacht. Meine Jungs haben mir zum Glück auch geholfen und mir ihre Mitschriebe zukommen lassen, wenn ich aufgrund des Fußballs nicht anwesend sein konnte. Ich musste ja dann irgendwie an den verpassten Stoff kommen und ihn im Anschluss unter zeitlicher Befristung nacharbeiten. Letztlich habe ich nach vier Semestern abgebrochen, da sich mein Schwerpunkt immer mehr Richtung Profifußball verschob. (lacht) Man könnte auch sagen, ich habe mich für den schnöden Mammon entschieden.

SPOX: Sie hatten nach Ihrem Karriereende 1998 keine wirkliche Ausbildung genossen, es war vielmehr ein direkter Übergang vom Spieler zum Manager. Haben Sie sich da anfangs vor allem auf Ihr Wissen als Spieler verlassen?

Zorc: Natürlich. Das Wissen und die Erfahrungswerte, die ich damals in bestimmten Situationen gesammelt habe, kann ich teilweise heute noch anwenden. Wir haben gerade in den 1990er Jahren in Europas Spitze mitgespielt, so dass es viele vergleichbare Gefühlsmomente gibt.

SPOX: Der Rest kam dann über die reine Praxis?

Zorc: Genau. Man kann den Job als Sportdirektor nicht lernen. Natürlich gibt es mittlerweile Studiengänge, die sich mit der Fußballbranche und den dortigen Mechanismen beschäftigen. Dabei kann man sich viel Basiswissen mitnehmen. Was am Ende aber meiner Ansicht nach wirklich wichtig ist, sind viele Erfahrungswerte, die man sich nur in der Praxis erarbeiten kann. Ich mache das jetzt seit über einem Jahrzehnt und greife dabei häufig auf diesen Fundus aus Erfahrungen als Spieler und Manager zurück.

SPOX: Wie sind Sie mit den trockenen Themen wie beispielsweise Verbandsstatuten oder Transferrichtlinien umgegangen?

Zorc: Das kann man sich alles anlesen.

SPOX: Mittlerweile ist es längst Alltag für Sie, um Millionengehälter und Ablösesummen zu feilschen, Vertragsmodalitäten auszuarbeiten und mit einem großen Netzwerk zu agieren. Wie hätten Sie darüber gedacht, wenn man Ihnen das als Spieler vorhergesagt hätte?

Zorc: Dass ich es auf diesem Gebiet versuchen möchte, wurde mir erst zum Ende meiner aktiven Spielerkarriere klar. Ich bin ja nicht mehr schneller geworden. (lacht) Damals habe ich mir die Frage gestellt, ob ich künftig als Trainer arbeiten oder doch etwas vollkommen anderes machen möchte. Ich bin dann recht zügig zu der Entscheidung gekommen, das Interesse an wirtschaftlichen Vorgängen mit dem sportlichen Bereich, in dem ich mich gut auskenne, zu verbinden.

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