Attacke 2016

Matthias Sammer wittert eine Kampagne gegen den FC Bayern
© getty

Eigentlich wollte der FC Bayern am Mittwoch Neuzugang Serdar Tasci vorstellen. Weil sich dieser verletzte, nutzte Matthias Sammer die Bühne und holte zum Rundumschlag heraus. Die Art und Weise sorgt für Kritik - und zwar direkt aus dem Lager der vermeintlich anderen Seite.

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Ein bisschen Normalität hätte dem FC Bayern schon nicht geschadet. Serdar Tasci wäre mit Matthias Sammer auf die Bühne gegangen, hätte von der Besonderheit der neuen Herausforderung gesprochen, seine natürliche Hoffnung auf ein EM-Ticket zum Ausdruck gebracht, am Ende sein Trikot mit der Nummer 4 hochgehalten und der FC Bayern hätte für sportliche Schlagzeilen gesorgt.

Dass ein bisschen Normalität zu viel verlangt war, zeigte aber alleine schon die Tatsache, dass Serdar Tasci bei der eigenen Vorstellung fehlte. Und dass damit auch der Rest des Tages abseits von jeglicher Routine gestaltet werden sollte. Tasci prallte im ersten Mannschaftstraining mit einem Teamkollegen zusammen. Medien melden, dass es Sebastian Rode war, wobei man rund um den FC Bayern derzeit aufpassen muss, nicht jede Information sofort zu vermelden, ohne dafür verklagt zu werden.

Sammer vermutet Kampagne

Rode ging gesund nach Hause, Tasci zum Arzt. Verdacht auf Gehirnerschütterung. Ob er sein Debüt am Wochenende bei Bayer Leverkusen geben kann, ist fraglich. Dass er auf der Pressekonferenz, die eigens für ihn einbestellt wurde, fehlte, war dagegen fakt. Also hatte Sammer Zeit für andere Dinge - und er nutzte sie. In der Gegenwart des Sportvorstands des FC Bayern bezeichnete ein Journalist das Vorgehen als "Rundumschlag" - und auch wenn Sammer dies nicht so stehen lassen wollte - es war einer.

Sammer vermutet eine gezielte Kampagne, "um vielleicht die Liga wieder spannend zu machen", indem man die Bayern vermeintlich schwächt. Aber: "Sie erzielen das Gegenteil."

Im Zentrum der Sammer'schen Wut stand die Berichterstattung über Arturo Vidal und dessen angebliche Alkohol-Eskapaden im katarischen Trainingslager. Aufgrund Vidals bisherigem Führungszeugnis in dessen Profi-Karriere neigt manch einer vielleicht eher dazu, dem Ganzen eine Beachtung und einen Glauben zu schenken, auch wenn es dem Kenner der katarischen Gegebenheiten etwas überraschend vorkommt, dass man in Doha so einfach an Alkohol kommt.

Bayern glauben an Vidal

Aber der FC Bayern weist dies zurück, weil es Vidal zurückweist. Sammer berichtet von einem Gespräch mit dem Chilenen und dessen Berater, in dem beide von all den Vorwürfen nichts wissen wollen: "Er hat gesagt, dass das nicht stimmt. Darauf verlassen wir uns", so Sammer. Und auch Vidal will klagen, kündigte dies auf seinen eigenen Social-Media-Kanälen an.

Dass auf die Wutrede Sammers eine verbale Gegenklage der Medienvertreter folgte, erwartete der Bayern-Macher wohl nicht. Journalisten übten noch während der Pressekonferenz Schulterschluss mit den Autoren des Vidal-Artikels.

Einer führte aus, dass es keinen Grund gebe, "dass der Kollege eine Geschichte komplett frei erfindet", ein anderer sprach von einer "hohen Trefferquote" der Geschichten des Kollegen in der Vergangenheit. Sammer entschärfte etwas den Ton, blieb aber bei seinem Standpunkt.

Erneuter Ausbruch

Und er wütete auch, weil er mangelnden Respekt gegenüber des scheidenden Trainers Pep Guardiola ausmacht. "Er wird im Moment für alles verantwortlich gemacht. Was da im Moment passiert, ist einfach nicht korrekt", so der 48-Jährige: "Er hat nie für sich in Anspruch genommen, perfekt zu sein. Aber ich bin beeindruckt, mit welcher Intensität er Fußball lebt und liebt."

Man werde mitunter persönlich, wenn es um Guardiola geht, so Sammer - ohne dabei konkret zu werden. Es ist nicht das erste Mal, dass Sammer sich die Medien vorknöpft. Zuletzt geschah dies nach dem fulminanten 5:1 des FC Bayern gegen den Verfolger Borussia Dortmund im Oktober, als Sammer die Gunst der Stunde nutzte und die Berichterstattung regelrecht an die Wand fuhr.

Am Mittwoch sagte Sammer, dass er jedes Mitglied der Bayern-Familie verteidigen werde, wenn er das Gefühl habe, dieses werde zu Unrecht kritisiert. Dabei klingt und wirkt er ein wenig wie Ex-Bayern-Präsident Uli Hoeneß. Abteilung Attacke 2016.

Widersprüche erkennbar

Und auch Hoeneß geriet damals - wie Sammer nun - ab und zu in Widersprüche. Auf der einen Seite wollte Sammer mit seinem Weckruf Ruhe und Harmonie beim FC Bayern assoziieren. Auf der anderen Seite sagte er: "Ruhe und FC Bayern - das passt eh nicht zusammen." Man provoziere manchmal sogar ein Reizklima. Wie jetzt?

Naja, wie auch immer: Jedes Vorgehen dient beim FC Bayern dem großen Erfolg und Sammer meint nicht das Triple oder die Champions League: Die Bayern haben die vierte Folge in der Meisterschaft zum großen Ziel ausgerufen. "Auch ich", so Sammer, "bin darauf fokussiert."

Selbst in der Kabine sei dies festgehalten. "Aber ihr seid eh besser informiert als ich", sagte Sammer und grinste dabei so vielsagend, dass man unweigerlich an liebliche Tiere, im besonderen Fall an Maulwürfe, denken musste.

Es ist schon verblüffend, welche Themen beim FC Bayern vorherrschen, steht man noch in allen Wettbewerben blendend da. Sie zeigten sich durchaus mal souveräner, doch die aktuellen Reaktionen lassen vermuten, dass die Bayern sich selbst arg unter Druck setzen.

Tasci hätte vielleicht mal für etwas Abwechslung gesorgt, aber es passt irgendwie ins Bild, dass der Feuerwehrmann, der die Verletzten beim FC Bayern vertreten sollte, beim ersten Training eine Verletzung erlitt.

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