Lass das mal den Papy machen

Von Tim Schöfer
Papy Djilobodji grätscht das nächste halbe Jahr die Gegner von Werder Bremen ab
© getty

Vor sechs Jahren zog Papy Djilobodji von Senegal nach Frankreich, um seinen großen Traum vom Profifußball zu verwirklichen. Der erste Schritt misslang, doch es folgte ein rasanter Aufstieg. Im Sommer wagte der 27-Jährige den großen Sprung zum FC Chelsea. Bei den Blues bisher ohne Perspektive, ist Djilobodji bei Werder Bremen sofort Leistungsträger. In London will er aber noch eine Rechnung begleichen.

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Mit guter Laune, breitem Lächeln und einem freundlichen "Guten Morgen" begrüßte Papy Djilobodji einen Tag nach dem 3:3 gegen die Hertha aus Berlin die Journalisten. Während der Senegalese die sportlichen wie privaten Fragen souverän beantwortete, kristallisierte sich schnell heraus: Der 27-Jährige fühlt sich in Bremen bereits nach zwei Wochen angekommen.

"Die Menschen sind freundlich, hier werde ich mich wohlfühlen", sagt Djilobodji über seine neue Heimat. Er liebe es, "neue Städte oder Länder zu entdecken", verriet er zudem im Interview mit der Bild. In die Wohlfühloase Bremen will der 27-Jährige bald auch seine Familie holen. "Haben Sie ein Haus für mich?", fragte der sympathische Neuzugang scherzhaft die Journalistenrunde.

Die Familie ist Djilobodji sehr wichtig. "Meine Familie gibt mir Energie. Es war ein gutes Gefühl, sie zu sehen." Den ersten freien Tag nach seinem Wechsel hatte der Neubremer für einen Flug in die Heimat genutzt, um seine erkrankte Mutter zu besuchen.

Er wirkt bodenständig, hat dabei eine von Grund auf positive Lebenseinstellung und strahlt pure Freude aus. "Ich habe das Glück, meine Leidenschaft zu leben und einen Beruf zu haben, der mir Spaß macht. Ich möchte zeigen, dass das Leben schön sein kann."

Kapitän Clemens Fritz bestätigt den ersten Eindruck, den der Neuzugang hinterlässt: "Papy hat sich vom ersten Tag an hier voll eingebracht. Er ist für uns ein absoluter Gewinn, auch charakterlich." Ein Glücksgriff.

"Er wird es sofort packen"

In Bremen soll Djilobodji nicht nur den abgewanderten Assani Lukimya, hinter Jannik Vestergaard und Alejandro Galvez dritte Wahl, ersetzen, sondern direkt mithelfen, die Klasse zu halten.

"Wir holen niemanden, um ihn auf die Bank zu setzen. Wir wollen keinen Mitläufer, wir wollen eine Verstärkung", erklärte Werder-Coach Viktor Skripnik, der umgehend auf seinen neuen Innenverteidiger setzte. "Ich bin sicher, dass er es sofort in der Bundesliga packt", zeigte sich Thomas Eichin zuversichtlich.

Und der Werder-Geschäftsführer lag mit seiner Prophezeiung goldrichtig, Djilobodji überzeugte auf Anhieb und war in den ersten beiden Spielen bereits eine wichtige Stütze für die Bremer Defensive. Der Senegalese ist enorm zweikampfstark (Laut Opta 86 Prozent gewonnen) und vor allem in der Luft beinahe unbezwingbar (92 Prozent, Opta). Dazu ist der Innenverteidiger "beidfüßig, hat ein gutes Aufbauspiel und ist technisch stark", lobt Eichin. Die Passquote von 78 Prozent (Opta) bekräftigt diese Einschätzung.

Ein überzeugender Einstand in die Bundesliga - und ein durchaus überraschender. Denn nach seinem Sprung nach Europa im Jahr 2009, tat sich der damals 21-Jährige durchaus schwer.

Durchbruch erst im zweiten Anlauf

"Papy", der mit vollem Namen El Hadji Papiss Mison Djilobodji heißt, wollte seinen Traum vom Profifußball leben und suchte sein Glück bei einer der Topadressen Frankreichs. Doch der OSC Lille war eine Nummer zu groß und so zog es den Senegalesen direkt weiter in den Pariser Vorort Moissy-Cramayel.

Beim Viertligisten UD Senart-Moissy startete Djilobodji im Juli 2009 einen neuen Versuch. Es war der Beginn eines rasanten Aufstiegs.

Im ersten Halbjahr überzeugte der Senegalese so sehr, dass der Zweitligist FC Nantes anklopfte und den Verteidiger, der das Fußballspielen beim ASC Saloum in seiner Heimatstadt Kaolack gelernt hatte, bereits im Winter 2010 für eine halbe Million Euro verpflichtete.

In der Ligue 2 etablierte sich Djilobodji auf Anhieb und schaffte mit Nantes in der Saison 2012/13 als Tabellendritter schließlich den Aufstieg. Dreieinhalb Jahre nach seinem Wechsel war er damit in der höchsten französischen Spielklasse angekommen.

On Top wurde der Senegalese im Sommer 2013 erstmals in die Nationalmannschaft berufen. Bisher stehen 14 Länderspiele zu Buche. Ein Frühstarter ist Djilobodji freilich nicht. Doch für ihn sei es "die perfekte Karriere".

In den nächsten beiden Jahren setzte sich Djilobodji (59 Einsätze) mit den Les Canaris in der Ligue 1 fest, ehe es den Abwehrchef weiterzog.

Eine Minute in einem halben Jahr

In England waren mehrere Klubs auf den zweikampfstarken 1,93-Meter-Hühnen aufmerksam geworden, das Rennen machte schlussendlich der FC Chelsea, der letzten Sommer stattliche 3,5 Millionen Euro in den Westen Frankreichs überwies.

Bei den taumelnden Blues bekam Djilobodji allerdings kein Bein auf den Boden. Erst am Deadline Day verpflichtet, spielte der Innenverteidiger genau eine Minute, nachdem er im League Cup gegen den Drittligisten FC Walsall (4:1) in der Nachspielzeit für Radamel Falcao eingewechselt worden war.

Warum es in London nicht klappte, kann er sich nach wie vor nicht erklären: "So richtig weiß ich es nicht, die Trainer haben es entschieden." Djilobodji jedenfalls zog die richtige Schlussfolgerung und verließ den CFC nach einem halben Jahr bereits wieder, um an anderer Stelle weiter an seinem Traum zu basteln.

Nun also Bundesliga. Werder lieh den Verteidiger zunächst für ein halbes Jahr aus. Und das Geschäft scheint sich für die Bremer und Djilobodji sofort bezahlt zu machen: Nach Lukimya, der für geschätzte zwei Millionen Euro zum chinesischen Erstligisten Liaoning FC transferiert wurde, fragte nach zwei Wochen niemand mehr. Einziger Haken: "Chelsea will ihn auf gar keinen Fall verkaufen", bestätigt Eichin, dass sich Werder keine Kaufoption sichern konnte.

"Denen will ich es zeigen"

Bei den Blues hat der Innenverteidiger noch einen Vertrag bis 2019 - dass er im Sommer dorthin, wo er in seinem ersten halben Jahr nur eine Minute spielen durfte, zurückkehren muss, ist für Djilobodji kein Problem. Ganz im Gegenteil: "Das ist meine Ambition", macht er es sich zum Ziel, sich in London durchzusetzen. "Es gab viele, die sagten, dass ich nicht das Niveau für Chelsea hätte. Denen will ich zeigen, dass ich es doch schaffen kann."

Den Verantwortlichen an der Weser macht er dennoch Hoffnung, im Sommer über eine neue Liaison zu verhandeln. "Ich kenne mich", erklärt Djilobodji im kicker, "mit der Bank wäre ich nicht zufrieden."

Bis dahin gilt seine Konzentration aber voll und ganz dem Bundesligisten. "Werder ist eine Chance für mich, und die will ich ergreifen." Nach den ersten beiden Spielen ist er auf dem besten Weg. Und mit dem Versprechen, dass "Werder nicht absteigt", hat der Senegalese die Bremer Herzen bereits gewonnen, in der Mannschaft wirkt er bereits bestens integriert.

Und wer weiß, vielleicht hat Bremen auch sein Herz bereits erobert. Nach dem wichtigen Punktgewinn gegen die Hertha, bei dem Werder schon wie der sichere Verlierer aussah, ließ der Senegalese über Twitter seiner Freude freien Lauf: "Großartiger Kampfgeist Jungs!! Wir haben nie aufgegeben und auf dem Platz alles gegeben." Dazu ein Lob für "die unglaublichen Fans". Daneben prangten vier grüne Herzen.

Papy Djilobodji im Steckbrief

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