"Wir erwarteten Favre zum Training"

Bonhof (r.) war Spieler, Trainer und Aufsichtsratsmitglied in Gladbach. Seit 2009 ist er Vizepräsident
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SPOX: Gleichzeitig wurden Sie auch mit der Initiative Borussia, die von Ex-Borussen wie Stefan Effenberg und Horst Köppel angeführt wurde, konfrontiert. Haben Sie diese als echte Gefahr wahrgenommen?

Bonhof: Zunächst muss man sagen, dass Effenberg und Köppel nur die Figuren waren, die man vorneweg schickte. Im Hintergrund war das bereits von langer Hand geplant. Unsere Mitglieder erkannten glücklicherweise relativ schnell, was die Absichten dieser Initiative für sie bedeutet hätten - und das wollten sie nicht.

SPOX: Was meinen Sie konkret?

Bonhof: Die Aufspaltung des Vereins und der Verkauf von Anteilen an der GmbH, um damit schnelles Geld zu generieren.

SPOX: Warum äußerten Sie sich lange nicht öffentlich zu der Initiative?

Bonhof: Wenn du als Letzter der Tabelle dastehst, kannst du ja schlecht argumentieren. Wir wussten, dass wir eine starke Mannschaft mit herausragenden Talenten hatten und waren uns sicher, auf dem richtigen Weg zu sein. Deshalb haben wir uns auch erst nach dem ersten Relegationsspiel öffentlich geäußert. Da blieben nur noch zwei bis drei Wochen zur Jahreshauptversammlung.

SPOX: Hatten Sie seitdem nochmal Kontakt zu Stefan Effenberg?

Bonhof: Nein, er war in seiner Rolle als TV-Experte zwar ein paar Mal hier, dann aber immer in der Loge, nicht im Innenraum. Ich denke, man muss diese ganze Geschichte abhaken. Der Fußball ist so schnelllebig, was die Planungen und Handlungen angeht, da sind vier Jahre fast eine Ewigkeit. Unsere Mitglieder haben damals mit überwältigender Mehrheit die richtige Entscheidung getroffen, das ist das einzige, was noch von Bedeutung ist.

SPOX: Der Erfolg gab dem Recht, im nächsten Jahr spielten sie in der Champions-League-Qualifikation. Zaubert die CL-Hymne auch einem Mann, der alles gewonnen hat, eine Gänsehaut auf den Arm?

Bonhof: Das kann man ja gar nicht vergleichen. Zu meiner aktiven Zeit gab es eine solche Identifikation mit dem Wettbewerb nicht. Man wusste schon um die Bedeutung dieser Spiele, aber dieses ganze Drumherum gab es nicht. Man hat gespielt - und fertig. Deshalb war es auch für mich ein berührender Moment, als Dynamo Kiew zu Gast war und die Hymne, die ich nur aus dem Fernsehen oder anderen Stadien kannte, im Borussia-Park lief.

SPOX: Lassen Sie uns einen Sprung zum Anfang dieser Saison machen. Wie haben Sie den Sonntag erlebt, an dem Lucien Favre zurückgetreten ist?

Bonhof: Kurios! Wir hatten Samstag nach dem Spiel noch ganz normal zusammengesessen und über die kommenden Tage beziehungsweise die Heimpartie gegen Augsburg gesprochen. Sonntags bekam ich dann um 7.45 Uhr die Info von Luciens Berater und habe mich so schnell wie möglich auf den Weg zum Borussia-Park gemacht, den Lucien und sein Berater allerdings schon verlassen hatten. Am frühen Nachmittag saßen wir dann erneut alle an einem Tisch und haben sehr lange versucht, Lucien zu erklären, dass wir auf jeden Fall mit ihm weiter machen wollen und überzeugt sind, die Wende würde mit ihm gelingen. Als Lucien ging, sagten wir ihm, dass wir ihn am Montag wie gewohnt zum Training erwarten.

SPOX: Zu dem Zeitpunkt gelangte aber noch nichts an die Öffentlichkeit?

Bonhof: Nein, nachdem Lucien gegangen war, haben wir noch im kleineren Kreis beraten, welche Hebel wir in dieser Situation vielleicht noch ansetzen können und sind im Anschluss erstmal nach Hause gefahren.

SPOX: Wie erfuhren Sie dann davon, dass Favres Berater die Medien bereits informierte?

Bonhof: Ich saß zuhause und überlegte mir, wie es jetzt noch weitergehen könne. Nebenher lief das Sonntagabendspiel, Dortmund gegen Leverkusen. Dann bekam ich auf einmal die Nachricht, dass Lucien Favre seinen Rücktritt als Trainer von Borussia Mönchengladbach bekannt gegeben habe. Darauf folgten dann ein paar aufregende Tage.

SPOX: Gab es seitdem Kontakt zu Favre?

Bonhof: Nur telefonisch. Wir hatten in den letzten Wochen mit einem neuen Trainer, mit Champions League, Bundesliga und Pokal aber auch nicht den Kopf, da Dinge aufzuarbeiten. Wir wissen, was Lucien für uns geleistet hat, er wird immer einen besonderen Platz in der Historie dieses Klubs haben. Denken Sie alleine an die vergangene Rückrunde, in der wir 39 Punkte geholt haben.

SPOX: Eberl stellte Favre unlängst in eine Reihe mit Hennes Weisweiler. Sie haben beide Trainer erlebt, was denken Sie?

Bonhof: Max hat damit nicht Unrecht. Man muss sich einfach mal die unterschiedlichen Situationen vor Augen halten. Mit Hennes standen wir vor dem Beginn eines zehn Jahre währenden Märchens, in dem Bayern und Gladbach die Bundesliga komplett dominiert haben. Lucien hat einen Verein übernommen, der in den Jahren davor zweimal abstieg und auf dem letzten Tabellenplatz stand, und diesen erst gerettet und dann dreimal nach Europa geführt. Das wird Lucien Favre und Borussia Mönchengladbach für immer miteinander verbinden.

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