"Ich hege keine Eitelkeiten"

Sascha Riether kehrte vor der Saison vom FC Fulham zum SC Freiburg zurück
© getty

Sascha Riether stammt aus der Fußballschule des SC Freiburg. Von dort aus hat er es zum Nationalspieler, zum deutschen Meister und in die Premier League geschafft. Seit Beginn der Saison kickt der 31-Jährige wieder im Breisgau. Riether über seine Rolle im System seines Mentors Christian Streich, den Abstieg mit Fulham unter Felix Magath und verrückte Kostüme bei der Darts-WM.

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SPOX: Herr Riether, würde Ihnen ein Teletubbie-Kostüm stehen?

Sascha Riether: Ich weiß, worauf Sie anspielen: Steffen Freunds Verkleidung bei der Darts-WM. Ich habe das Turnier natürlich verfolgt und ihn auch gesehen. Das war schon witzig. Für Verkleidungen bin ich grundsätzlich schon zu haben. Als ich noch beim FC Fulham gespielt habe, wir ich mit Kollegen auch mal im Ally Pally. Außerdem haben wir einen Harlem Shake gemacht und Karneval in Köln hat mir auch sehr gut gefallen.

SPOX: Waren Sie auch dieses Jahr im Alexandre Palace?

Riether: Ich war zwar in der Winterpause in London, um mich mit Freunden zu treffen. Aber bei der Darts-WM war ich leider nicht. Ich muss zugeben, dass ich schon neidisch war auf Steffen Freund, weil die Stimmung dort gigantisch ist. Ich habe grundsätzlich nur gute Erinnerungen an London. Es ist immer wieder schön, für ein paar Tage zurückzukehren und ich werde sicher auch nochmal zur Darts-WM fahren.

SPOX: Fehlt Ihnen London oder sind Sie froh, wieder im vergleichsweise beschaulichen Freiburg zu sein?

Riether: Der Unterschied zwischen beiden Städten ist natürlich enorm. London ist eine überragende Stadt, auch wenn in der City immer die Hölle los ist. Aber Freiburg ist meine Heimat, hier bin ich aufgewachsen, mir ist alles vertraut und ich habe meine Familie und Freunde um mich. Da fiel mir die Umstellung nicht schwer.

SPOX: Also fällt das Fazit Ihrer Zeit im Ausland sehr positiv aus?

Riether: Ja, die zwei Jahre waren eine super Sache. Das Leben als Fußballer ist kurz. Als ich als Profi angefangen habe, hätte ich nie gedacht, dass ich mal in England spielen werde. Auf einmal geht alles ganz schnell und du spielst in der Premier League. Es ist schön, solche Erfahrungen machen zu können.

SPOX: Mittlerweile spielt Fulham nicht mehr Premier League. Sie sind vergangene Saison mit Felix Magath, unter dem Sie 2009 mit dem VfL Wolfsburg Meister geworden sind, als Trainer abgestiegen. Verfolgen Sie die Entwicklung des Klubs noch?

Riether: Ich kenne noch einige Spieler, mit denen ich auch ab und zu schreibe. Nach dem schwachen Start und dem Trainerwechsel bewegt sich der Klub jetzt in etwas ruhigerem Fahrwasser. Ich drücke dem FC Fulham weiterhin die Daumen.

SPOX: Magath hat im SPOX-Interview gesagt, die Engländer hätten Probleme mit zwei Trainingseinheiten am Tag und Fulham sei ein "cozy club", ein gemütlicher Verein, was dem Erfolg im Wege stehe. Wie war Ihr Eindruck?

Riether: Fulham ist sicher der familiäre Klub. In London liegt der Fokus eher auf Chelsea, Arsenal und Tottenham. Außerdem ist die Mentalität in England ganz anders, alles geht viel lockerer zu. Das betrifft grundsätzliche Dinge, die es in Deutschland nie geben würde. Sonntags ist zum Beispiel immer frei, wenn man nicht gerade spielen muss. Auch die Themen Pünktlichkeit oder Handys in der Kabine werden viel entspannter gehandhabt. Das ist für uns Deutsche im ersten Moment überraschend. Wenn ein Trainer die deutsche Mentalität als Standard nimmt, schauen manche Spieler schon komisch, weil sie den Umgang mit gewissen Dingen einfach nicht kennen. Magath hat anfangs den Kontakt zu mir gesucht, weil ich schon über ein Jahr da war und alle Abläufe und Spieler kannte. Ich konnte immer ein bisschen vermitteln und war sein Sprachrohr.

SPOX: Da trafen offensichtlich zwei Welten aufeinander. Hat es deshalb nicht funktioniert mit Magath und Fulham?

Riether: Im Nachhinein lässt sich immer viel erzählen und sagen, was richtig und falsch war. Es ist schade, dass es mit Magath nicht geklappt hat und wir abgestiegen sind. Das ist bitter für alle.

SPOX: Sie sind nach dem Abstieg zu Ihrem Heimatklub SC Freiburg gewechselt. Wie muss man sich die Verhandlungen "mit Freunden" vorstellen?

Riether: Die Verhandlungen führt ja mein Berater als neutrale Person. Aber ich hatte sehr gute Gespräche mit Christian Streich. Er war mein Jugendtrainer und Förderer. Der Kontakt ist nie abgerissen, auch als ich in Wolfsburg, Köln oder London war. Wir haben uns in der spielfreien Zeit immer wieder mal getroffen und ausgetauscht. Dass er mich gefragt hat, ob ich mir vorstellen könne, wieder zurückzukommen, hat mich sehr gefreut.

SPOX: Welchen Anspruch hat Streich an Sie formuliert?

Riether: Freiburg ist für seine gute Nachwuchsarbeit bekannt und hat viele junge Spieler im Kader. Aber jede Mannschaft braucht auf dem Platz Spieler, die über Erfahrung verfügen, die eine oder andere Situation schon erlebt haben und Ratschläge geben können. Diese Rolle soll ich ausfüllen. Ich glaube, das kann ich auch ganz gut.

SPOX: Sie sind jetzt 31 Jahre alt. War die Entscheidung, nach Freiburg zurückzukehren, auch eine perspektivische mit Blick auf eine Tätigkeit im Verein nach der aktiven Karriere?

Riether: Als ich als Profi angefangen habe, war 31 noch ein super Alter. Das hat sich komplett verändert, jetzt gehöre ich schon zum alten Eisen. Es ist Wahnsinn, wie viele junge Spieler in den Kader eingebaut werden. Deshalb mache ich mir schon Gedanken über die Zeit nach der Karriere. Die Perspektive ist in Freiburg sicherlich gegeben, aber worauf ich in ein paar Jahren nach meinem Karriereende Lust habe, wird man sehen. Im Moment fühle ich mich noch gut und bereit, weiterhin Profi-Fußball zu spielen.

SPOX: Sie kamen in der Hinrunde aufgrund von Verletzungen nur zu acht Einsätzen. Zum Rückrundenauftakt gegen Frankfurt standen Sie in der Startelf, wurden aber zur zweiten Halbzeit ausgewechselt. Gegen Gladbach und Dortmund saßen Sie jeweils 90 Minuten auf der Bank. Wo sehen Sie Ihren Platz im Team?

Riether: Der SC Freiburg hat sich in den letzten Jahren gut entwickelt und der Klub hat die Möglichkeiten, gute Spieler zu holen. Das führt zu einer höheren Konkurrenzsituation und das ist auch gut so. Es ist ganz normal, dass ich versuche, mich im Training anzubieten. Aber wenn es junge Spieler gibt, die super drauf sind, dann sollen die spielen. Das habe ich mit dem Trainer schon vor Beginn der Saison besprochen. Ich hege keine Eitelkeiten und werde auch keine Probleme machen. Ich will mich auf und neben dem Platz einbringen und meinen Teil dazu beitragen, dass die Mannschaft und der Verein wieder einen Schritt nach vorne kommen. Das ist das Wichtigste. Und wenn der Trainer mich braucht, bin ich da, egal auf welcher Position.

SPOX: Essentiell für die Entwicklung des SC war auch der Bürgerentschied am 1. Februar über den Bau eines neuen Stadions. Haben Sie abgestimmt?

Riether: Klar habe ich gewählt. Wir Spieler haben am Donnerstag vor der Abstimmung in der Stadt auch Wahlkampf gemacht, um noch ein paar Stimmen zu organisieren. Das war vielleicht der erste Schritt in eine Karriere als Politiker. (lacht) Auch wenn die meisten Leute zu uns gekommen sind, um sich Autogramme zu holen und Fotos zu machen, hat sich die Aktion gelohnt.

SPOX: Die ersten Wochen des Jahres 2015 waren damit recht erfolgreich für den SC Freiburg. Abgesehen vom Spiel gegen Dortmund hat die Mannschaft auch auf dem Platz einen guten Eindruck gemacht. Welche Ansprache hat das Trainerteam in der Vorbereitung gewählt?

Riether: Große Veränderungen in der Ansprache gab es nicht, weil die Ausgangsposition in Freiburg von vornherein klar ist. Wir wissen, dass es jedes Jahr gegen den Abstieg geht. Die Trainer haben den Abstiegskampf auch in vorherigen Spielzeiten mitgemacht und wissen genau, was zu tun ist, um am Ende den Klassenerhalt zu schaffen. Bei uns heißt das: Ruhe bewahren und mit unseren Ideen weiterarbeiten.

SPOX: Freiburg überwinterte als Tabellenletzter. War die Pause gut, um abzuschalten oder ist es belastend, wenn man die ganze Zeit auf Rang 18 steht und nichts dagegen tun kann?

Riether: Die Pause tut gut, um abzuschalten und sich auf andere Dinge zu konzentrieren. Danach macht man sich mit neuem Elan in die Arbeit. Das hört sich jetzt blöd an, aber manchmal ist es vielleicht sogar besser, Letzter zu sein. Wenn du denkst, du hast eine ordentliche Vorrunde gespielt, dabei aber nur drei, vier Punkte Vorsprung auf die Abstiegsplätze, wird die Gefahr möglicherweise nicht als solche wahrgenommen. Wenn du dagegen voll unten drin bist, weißt du, was die Stunde geschlagen hat und was in der Rückrunde auf dich zukommt. Dementsprechend konzentriert und fokussiert bereitet man sich im Winter vor.

SPOX: Das große Problem der Vorrunde waren die späten Gegentore, die dem SC zehn Punkte gekostet haben. Wurde darauf in der Vorbereitung besonders eingegangen?

Riether: Ich glaube nicht, dass man das trainieren kann und das haben wir auch nicht gemacht. Das ist reine Kopfsache. Es kommt darauf an, in den Situationen die richtigen Entscheidungen zu treffen.

SPOX: Als zweites großes Problem nannte Streich die fehlende Durchschlagskraft im Angriff. Das scheint sich mit der Verpflichtung von Nils Petersen gelöst zu haben, auch wenn er vorerst verletzt ausfällt.

Riether: Nils ist ein guter Junge, bringt sich wunderbar ein und die drei Tore im ersten Spiel waren natürlich ein super Einstand. Mit ihm haben wir eine zusätzliche Option im Angriff. Uns hat ein größerer Spieler gefehlt, der auch mal einen Ball halten oder mit dem Kopf verlängern kann. Vorher waren wir eher klein besetzt im Sturm und haben versucht, alles spielerisch zu lösen.

SPOX: Eine zusätzliche Option ist auch Mats Möller Daehli. Wie ist Ihr Eindruck vom jungen Norweger?

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Riether: Man sieht, dass er ein sehr talentierter Spieler ist, er hat große Fähigkeiten im Dribbling. Er erinnert mich in seinen Bewegung an Marko Marin, er ist fast eine Kopie. Ich kannte ihn ja schon aus der Premier League, als ich mit Fulham gegen Cardiff City gespielt habe. Er ist eingewechselt worden und war dann für die letzten Minuten mein direkter Gegenspieler. Leider hat Cardiff gewonnen und ich habe ein Eigentor geschossen. Er hat auf der Insel gute Erfahrungen gemacht und war auch bei Manchester United. Als er nach Freiburg kam, habe ich ihm aber gleich gesagt, dass es in Deutschland etwas strenger und disziplinierter abläuft als in England.

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