"Es ist kein Rumgeeiere bei Veh"

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SPOX: Am 1. Dezember 2013 haben Sie Ihr zehnjähriges Jubiläum in Frankfurt gefeiert. Können Sie in Schlagworten aufzählen, was heute noch von der Eintracht übrig ist, die Sie 2003 übernommen haben?

Bruchhagen: Die Wechselhaftigkeit, die auch im Misserfolg unglaubliche Fan-Treue sowie die nicht zu erfüllende Erwartungshaltung der Stadt.

SPOX: Was sich jedoch markant verändert hat in dieser Zeit ist das Gesamtpaket, in das der Fußball mittlerweile eingebettet ist. Ist das noch der Fußball, wie Sie ihn sehen möchten?

Bruchhagen: Das weiß ich nicht, darum geht es mittlerweile auch längst nicht mehr. Es hat sich mit den Jahren einfach eine unglaubliche Veränderung ergeben. Vor zehn Jahren hatten wir noch 25 Mitarbeiter, jetzt sind es 100. Unser Etat lag damals bei 24 Millionen Euro, nun stehen wir bei über 80 Millionen.

SPOX: Auch alle anderen Klubs haben in dieser Zeit extrem expandiert. Wieso ist dennoch die Spreizung der Einnahmen so auseinander gegangen?

Bruchhagen: Es ist das leidige Thema: Die Lizenzspieleretats innerhalb der Bundesliga haben sich erweitert und weisen dazu noch alle drei Jahre eine erheblich größer werdende Unterschiedlichkeit auf. Damit ist das sportliche Ranking immer mehr vorgegeben. Ich kann diese Problematik, die ich seit 20 Jahren predige, aber nicht immer wiederholen und damit polarisieren. Zu diesem Thema habe ich längst alles gesagt und so verfahre ich jetzt schon seit einem Vierteljahr.

SPOX: Es ist letztlich die Aufgabe von DFL-Geschäftsführer Christian Seifert, den Wettbewerb innerhalb des Bundesliga zu stärken. Andererseits möchte er die Bundesliga im Ausland verständlicherweise besser vermarkten.

Bruchhagen: Christian Seifert befindet sich da natürlich auch in einer Zwickmühle. Das ist durchaus nachvollziehbar. Ich bin auch überzeugt davon, dass er meine Argumentation versteht, weil er sehr intelligent ist.

SPOX: Auf eine gewisse Weise darf er sie aber nicht verstehen.

Bruchhagen: Genau, weil er ein Champions-League-Finale zwischen Borussia Dortmund und Bayern München für die internationale Vermarktung braucht. Langfristig gedacht, wenn ich längst nicht mehr im Amt sein werde, wird man meine Argumentation hundertprozentig aufgreifen.

SPOX: Die Entwicklung der Bundesliga hat auch dazu beigetragen, dass die deutsche Nationalmannschaft auf einen großen Kreis an Top-Spielern zurückgreifen kann. Teilen Sie die weit verbreitete Meinung, dass nun bei der WM auch der Titel her muss?

Bruchhagen: Ganz und gar nicht. Ich finde es anmaßend, arrogant und überheblich wenn nach 18 Jahren ohne Titel nun alle fordern, im Sommer Weltmeister werden zu müssen. Wir haben eine tolle Nationalmannschaft, aber was glauben wir denn, wer wir sind? Andere Länder wie Brasilien, Argentinien, Spanien oder Italien haben doch auch einen Anspruch. Wir sollten die Unwägbarkeit eines Fußballspiels nie vergessen.

SPOX: Die hat auch die Eintracht in der Hinrunde spüren müssen. Es gab einige Punktverluste in der Endphase mancher Partien, man ist in der Tabelle weit abgerutscht.

Bruchhagen: Ich hätte schon geglaubt, dass wir mehr Punkte haben. Wir befinden uns jetzt in der Situation, die beispielsweise der dreifach belastete VfB Stuttgart im letzten Jahr durchgemacht hat. Es war mir von vornherein klar, dass der sechste Platz in der Vorsaison ein positiver Ausreißer war. Im Endeffekt haben wir nun eine normale Schwankungsbreite. Wir müssen aber natürlich jetzt schauen, dass wir wieder in die Spur finden.

SPOX: Sebastian Rode wird den Verein im Sommer zu verlassen, die Verträge von Alex Meier und Trainer Armin Veh laufen aus. Was wird passieren?

Bruchhagen: Spieler, die bei uns auf sich aufmerksam machen, werden vom Markt aufgesogen und haben bei anderen Vereinen dann die Möglichkeit, besser dotierte Verträge zu unterschreiben - siehe das Beispiel Sebastian Rode. Da wir nicht bereit sind, auch nur einen Cent Schulden zu machen, können wir nicht jeden Kampf um Spieler gewinnen. Dann müssen wir von unten wieder welche nachholen, wir müssen uns ständig erneuern. Auch 2014.

SPOX: In der letzten Saison gab es eine lange Hängepartie um Veh. Diesmal wieder?

Bruchhagen: Es ist kein Rumgeeiere bei Armin Veh. Wir können uns täglich zusammensetzen, damit er seinen Vertrag unterschreiben kann. Er hat aber natürlich auch das persönliche Recht, seine Entscheidung zu treffen, wann er möchte und sich nicht unter Zeitdruck setzen zu lassen. Das gebietet der Respekt vor ihm.

SPOX: Die Diskussionen keimen jedes Jahr auch deshalb aufs Neue auf, weil immer Einjahresverträge abgeschlossen werden.

Bruchhagen: Das ist auch überhaupt keine schlechte Vorgehensweise. Ich habe in zehn Jahren bei Eintracht Frankfurt mit unseren Trainern immer nur Einjahresverträge abgeschlossen. Mit der Konsequenz, dass ich in dieser Zeit nur einmal drei Monate lang eine Abfindung an Michael Skibbe zahlen musste.

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