Ein Trio unter Druck

Von Stefan Rommel
Für Thorsten Fink und Bruno Labbadia wird die Luft immer dünner
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Nach nur drei Spieltagen in der neuen Saison stehen drei Trainer schon besonders heftig unter Druck. Jens Keller, Thorsten Fink und Bruno Labbadia brauchen ganz schnell positive Ergebnisse. Angezählt ist das Trio bereits.

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Es sind drei verschiedene Wettbewerbe, in denen sich die Zukunft von drei Bundesligatrainern entscheiden könnte. Schalke 04 hat das Playoff-Rückspiel in der Champions League gegen PAOK Saloniki vor der Brust. Es ist die letzte Chance, einen kompletten Fehlstart in die Saison noch abzuwenden.

Ein Scheitern würde sogar die erst drei Wochen junge Spielzeit schon nachhaltig negativ prägen. Unweigerlich hängt auch das Schicksal von Jens Keller an Schalkes Auftritt bei den Griechen. "Das Spiel bei PAOK ist das wichtigste des Jahres. Da zählen keine Ausreden, es geht um alles oder nichts", sagte Julian Draxler nach dem 1:2 in Hannover.

Nachdem die Profis unter der Woche das schwache 1:1 gegen Saloniki noch schöngeredet hatten, waren die Worte nach der zweiten Niederlage im dritten Ligaspiel immerhin deutlich selbstkritischer. "Das Problem ist, dass wir viel zu viel von dem großen Talent bei Schalke 04 reden, und dabei Kampf und Wille vergessen. Im Fußball reicht Talent allein nicht aus. Du musst als Mannschaft fighten. Und wie wir in der ersten Halbzeit aufgetreten sind, geht einfach nicht", sagte Jermaine Jones.

Durchhalteparolen von Keller

Kollege Draxler wurde noch ein wenig energischer. "Wir reden jetzt seit Wochen, dass wir hier und da gute Ansätze haben. Da kann es nicht sein, dass der Trainer uns vor dem Spiel gut einstellt, wir uns viel vornehmen - und dann so einen Grottenkick abliefern wie in der ersten Halbzeit. Wenn man sieht, dass wir in der zweiten Halbzeit mit zehn Mann besser gespielt haben als in der ersten mit elf, dann ist es mit Sicherheit eine mentale Frage."

Trainer Keller lobte die Moral seiner Mannschaft und verwies auf eine ordentliche zweite Halbzeit, in der Schalke in der Tat dem Ausgleich nahe war. Dass Hannover bis zu diesem Zeitpunkt aber schon deutlich höher hätte führen müssen, weil seine Mannschaft wie in den ersten beiden Spielen mit sieben Gegentoren viel zu viele Chancen zugelassen hatte, erwähnte Keller nicht.

Der 42-Jährige stellt die wenigen positiven Aspekte besonders heraus und formuliert ein paar Durchhalteparolen. "Ein Punkt aus drei Spielen ist nicht das, was Schalke erwartet hat. Deshalb ist der Druck enorm, gar keine Frage. Aber wir müssen uns dem Druck stellen", sagte Keller.

Nach außen unberührt

Mit dem Einzug in die Qualifikationsrunde zur Königsklasse schien Keller nach einer sehr schwierigen Anfangsphase auf Schalke endlich angekommen, jetzt steht er wieder unter besonderer Beobachtung.

Die Offiziellen halten sich bedeckt, was immer auch Raum für Spekulationen lässt. Ziemlich klar dürfte aber sein, dass Keller die Champions-League-Gruppenphase erreichen muss, um zumindest ein wenig Ruhe zu bekommen. "Wir können die Diskussion um den Trainer nun entkräften, indem wir gewinnen. Das Geschäft ist eben so, dass gleich wieder spekuliert wird", sagt Draxler.

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Keller kündigt vollmundig eine andere Gangart seiner Mannschaft in Saloniki an. "Vieles ist Kopfsache. Der eine oder andere sensible Spieler hat ein bisschen Angst. Wir werden elf Spieler auf dem Platz haben, und die werden sich komplett den Arsch aufreißen."

Seine eigene brenzlige Situation nimmt er nach außen hin gelassen zur Kenntnis. "Auf Schalke kann's schnell gehen. Aber ich hatte ja fast immer Gegenwind, bin es gewohnt. Ich komme mit der Truppe da wieder raus. Ich habe mir darüber letzte Saison keine Gedanken gemacht und werde das auch jetzt nicht tun."

Hamburg schon mit dem Elementarsten zufrieden

Ähnlich prekär ist die Lage auch in Hamburg, wo Trainer Thorsten Fink nach einer mehr als turbulenten Woche und der Niederlage an deren Ende gegen Hertha BSC auch wenige Argumente auf seiner Seite hat.

Am Samstag ist die ewige Bundesliga-Uhr im Volkspark auf 50 Jahre umgesprungen. In der derzeitigen Verfassung präsentieren sich aber weder der Klub noch die Mannschaft wie ein Bundesligist. Auch beim HSV ist man schon früh in der Saison bemüht, die wenigen positiven Aspekte herauszupicken.

Das 0:1 bei einem Aufsteiger sei ein Schritt in die richtige Richtung gewesen, waren sich die Beteiligten sicher. "Die Mannschaft hat eine gute Antwort gegeben auf die Hoffenheim-Niederlage. Sie hat gezeigt, dass Qualität, Charakter und Mentalität da sind. Wir sind nicht führungslos wie ein Abstiegskandidat aufgetreten. Nur das Ergebnis hat nicht gepasst", sagte etwa Sportdirektor Oliver Kreuzer.

Dass er dabei lediglich grundlegende Dinge herausstreichen konnte, die man von einem Profiteam per se erwarten muss, ist ungewollt auch ein Eingeständnis: Dass es der Mannschaft in vielen anderen Bereichen mangelt. Verantwortlich dafür ist Fink.

Van der Vaart ein großes Problem

In nunmehr fast zwei Jahren hat es der 45-Jährige nicht geschafft, die Mannschaft auf ein konstant gutes Niveau zu führen. Letzte Woche beklagte er sich darüber, dass ihm sein Team seit seinem Amtsantritt "keine zwei Wochen Ruhe gönnen würde".

Vor der Saison hatte Fink seine Planungen sehr eng mit Rafael van der Vaart verknüpft. Der 30-Jährige sollte noch mehr die zentrale Figur im Spiel des HSV werden, seine Defensivanstrengungen notfalls vernachlässigen, weniger laufen, um in den entscheidenden Situationen dann in der Offensive präsent zu sein.

Der Kapitän hat aber noch gar nicht in die Saison gefunden und macht stattdessen in den Boulevardmedien von sich reden. Die Mannschaft führt van der Vaart jedenfalls nicht so, wie man es sich von einem Spieler seiner Qualität und Erfahrung erwarten dürfte.

Wo ist Finks Handschrift?

Van der Vaart ist das dringlichste einiger Probleme, die Fink ganz schnell in den Griff bekommen muss. Das Gegentor gegen die Hertha war bereits das vierte dieser Art, als der Gegner im eigenen Strafraum bis zur Grundlinie gekommen ist. Die Besetzung im defensiven Mittelfeld ist immer noch nicht geklärt, in der Offensive strahlt lediglich Artjom Rudnevs Torgefahr aus.

Finks Arbeit muss bald ein taktisches Konzept erkennen lassen, das erfolgversprechend ist. Bisher waren die Leistungen viel zu schwankend, der HSV eine Wundertüte. Das gesteckte Ziel Europa-League-Teilnahme lässt sich so nicht verwirklichen - da ist es auch nur bedingt zulässig, ständig auf die fehlende Finanzkraft zu verweisen.

Natürlich ist der Kader nicht topbesetzt. Dass aber sportlicher Erfolg auch durch entsprechende Konzeption bei geringerem Etat möglich ist, zeigten zuletzt unter anderem die beiden Europapokalteilnehmer Frankfurt und Freiburg.

Dass am kommenden Wochenende mit Eintracht Braunschweig der vermeintlich leichteste Gegner nach Hamburg kommt, muss nicht zwingend ein Vorteil sein. Die Eintracht hat sich bisher als sehr unbequemer Gegner präsentiert. Mit nur einem Punkt aus drei Spielen ist der erste Saisonsieg für den HSV aber Pflicht.

Kein stimmiges Gesamtbild beim VfB

Der VfB Stuttgart muss am Donnerstag ähnlich wie Schalke die Arbeit der vergangenen Saison zu Ende bringen. In der Europa-League-Qualifikation droht nach dem 1:2 gegen die allenfalls zweitklassigen Kroaten von HNK Rijeka das Aus.

Trainer Bruno Labbadia gerät in Stuttgart immer mehr in den Blickpunkt. Die Niederlage in Augsburg war die dritte im dritten Spiel in der Liga, in insgesamt sieben Pflichtspielen gab es nur den einen Sieg im DFB-Pokal gegen Fünftligist BFC Dynamo Berlin.

Beim Heimspiel gegen Bayer Leverkusen waren erste "Bruno raus"-Rufe zu hören, in Augsburg verstärkte sich deren Widerhall. Labbadia war von der Kurve in den letzten Monaten immer verschont geblieben, der Protest richtete sich vielmehr gegen Dieter Hundt und Gerd E. Mäuser. Jetzt sind der Aufsichtsratschef und der Präsident beim VfB Vergangenheit.

Wie Fink in Hamburg steht Labbadias Konzept in der Kritik. Stuttgart geht auch nach über zweieinhalb Jahren eine klare Spielidee ab. Labbadia liefert immer mal Bruchstücke, hat die Teilchen aber noch nicht zu einem Gesamtbild zusammenfügen können.

Rijeka-Spiel als Knackpunkt

"Nach zwei Spielen ist noch keiner deutscher Meister geworden und auch noch keiner abgestiegen", sagte Labbadia vor dem Spiel in Augsburg. "Immer wenn die Ergebnisse nicht da sind, ist bei einem Traditionsverein mehr los als woanders. Keine Frage, wir haben momentan eine Ergebniskrise."

Die Spiele in den Pokalwettbewerben lassen allerdings vermuten, dass auch spielerisch noch zu viel im Argen liegt bei den Schwaben. "Wir haben hohe Ansprüche. Und wenn du so in die Liga startest, kann man nicht zufrieden sein", sagte Sportdirektor Fredi Bobic.

Er und der neue Präsident Bernd Wahler hatten das ambitionierte Saisonziel "europäischer Wettbewerb" ausgegeben - Labbadia dagegen in etwas unbedacht gewählten Worten sofort zurückgerudert. Die aufkommende Euphorie nach der Verbannung von Hundt und Mäuser war so schnell wieder verfolgen.

Die Diskrepanz der Erwartungshaltung zwischen Vereins- und sportlicher Führung bleibt aber bestehen. Am Donnerstag hat der VfB das Rückspiel gegen Rijeka vor der Brust. Ein Ausscheiden gegen die Kroaten kann sich Labbadia nach diesem Start in die Saison nicht mehr leisten.

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