Die Moral spielt keine Rolle

Von Andreas Lehner
Uli Hoeneß kann sich der Unterstützung seines Vereins sicher sein
© getty

Uli Hoeneß bleibt Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern. Nach den Geschehnissen der letzten Tage eine überraschende Entscheidung. Die Zukunft von Hoeneß wird jetzt endgültig von einer anderen Instanz bestimmt.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Wenn neun Mann intensiv diskutieren, kann das schon mal einige Stunden dauern, vor allem wenn es sich um Vorstände deutscher DAX-Konzerne und weitere Großkopferte handelt. Die Aufsichtsräte des FC Bayern München kamen bei ihrer turnusmäßigen Sitzung am Montag in der Allianz Arena zu einer schnellen Entscheidung.

Um 16 Uhr begann das Treffen, um 17.37 Uhr verschickte der Verein eine Pressemitteilung mit der wichtigsten Botschaft des Nachmittags: Uli Hoeneß bleibt Vorsitzender des Aufsichtsrates. Die Entscheidung sei einvernehmlich und nach intensiver Diskussion gefallen. Die Schnelle der Bekanntmachung deutet aber zumindest darauf hin, dass es schon vorher einen Grundkonsens unter den Beteiligten gab.

Laut offizieller Stellungnahme bleibt Hoeneß, um die sportlichen Ziele dieser Saison nicht zu gefährden. Das zieht natürlich Fragen nach sich: Was wäre passiert, wenn die FC Bayern nicht im Champions-League-Finale und im Endspiel um den DFB-Pokal stünde? Sollte sich ein Aufsichtsrat einzig von sportlichen Belangen leiten lassen? Und was passiert, falls der FC Bayern beide Finals verliert und in eine ähnliche Depression verfällt wie im Mai 2012?

Der Aufsichtstrat muss Abläufe im Verein kontrollieren und Schaden vom Klub abhalten. Hoeneß hat aus diesem Grund seinen Posten angeboten. Sicher ein schwerer Schritt für den Macher, der die Bewertung seines Lebenswerks in Gefahr sehen muss.

Die moralische Komponente spielte im öffentlichen Diskurs die eigentliche Hauptrolle. Die Aufsichtsräte haben aber jetzt entschieden: Die Moral spielt keine Rolle. Beziehungsweise haben sie die Lebensleistung von Hoeneß und seine Bedeutung für den FC Bayern über die steuerlichen Verfehlungen des Privatmannes Hoeneß gestellt.

Eine menschlich nachvollziehbare Entscheidung, aber für den Aufsichtsrat auch eine gefährliche, da sie sich auf die Wahrnehmung ihrer Unternehmen auswirken könnte. Hoeneß hat Steuern hinterzogen, das hat er selbst zugegeben und auch öffentlich bereut. SPD-Kanzlerkandidat Per Steinbrück nutzte die Entscheidung sofort, um Kritik an den Wirtschaftsbossen zu üben.

Der Aufsichtsrat muss seine Entscheidung auch zu einem späteren Zeitpunkt mit voller Konsequenz tragen. Eine Ablösung von Hoeneß würde bei gleichbleibender Faktenlage jeglicher Grundlage entbehren.

Beim FC Bayern geht es zukünftig einzig und allein um die juristische Bewertung dieses Falls und die Frage, ob seine Selbstanzeige Hoeneß von einer Strafe befreit. Dann kann alles weitergehen wie bisher.

Der FC Bayern München im Steckbrief