Immer wieder Gagelmann

Von Patrick Völkner
Peter Gagelmann leitete diese Saison viele Topspiele - auch mit Bayern-Beteiligung
© getty

Die Starks, Kirchers & Co. standen auch in der zurückliegenden Saison wieder im Mittelpunkt des Interesses. Der obligatorische Sturm der Entrüstung machte sich dabei wie üblich im Herbst breit. In der Rückserie blieben große Schiedsrichterdebatten dagegen eher die Ausnahme. Doch wie gut sind die Darbietungen der Bundesliga-Referees wirklich? Wir analysieren ihre Leistungen mit Hilfe unseres faktenbasierten Bewertungssystems und präsentieren die Tops und Flops der der Saison 2012/13.

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Wie in der Spielzeit 2011/2012 konnte auch in der zurückliegenden Saison wieder Knut Kircher am meisten überzeugen. Während er auf gewohnt starkem Niveau pfiff, blieb Florian Meyer diesmal hinter seinen Möglichkeiten zurück. Die große Überraschung der Saison kommt dagegen aus Hessen, sein Kollege aus Bremen genießt derweil eine Art Topspiel-Abo.

Stabile Verhältnisse: Abgesehen von dem Sturm der Empörung gegen Wolfgang Stark nach dessen Blackout im Spiel Dortmund gegen Wolfsburg (16. Spieltag), gerieten die Schiedsrichter in der zurückliegenden Saison eher selten in den Fokus der Kritik. Ausschlaggebend dafür war insbesondere die geringe Zahl an Fehlentscheidungen. So erlaubten sich die Referees pro Spiel nur 0,82 Fehler. In der Spielzeit 2011/12 waren es noch 0,98.

Trotz der geringen Fehlerquote hat sich das Niveau der Schiedsrichter nicht wesentlich verbessert. Denn einige Schiedsrichter wie Peter Sippel oder Christian Dingert leisteten sich zwar wenige Patzer, konnten aber aufgrund ihres unsicheres Auftretens und mangelnder Körpersprache nicht überzeugen. Die Durchschnittsnote bleibt daher auf stabil-durchschnittlichem Niveau mit 3,06 (gegenüber 3,02 in der Vorsaison).

Kircher Top, Sippel Flop: Den besten Eindruck über die gesamte Saison hinterließ erneut Knut Kircher. Der Rottenburger Schiedsrichter weist mit 2,4 die beste Durchschnittsnote aller Bundesligaschiedsrichter auf. Für ihn spricht neben der geringen Fehlerquote von 0,5 vor allem seine Präsenz auf dem Spielfeld, die von Sicherheit und Souveränität geprägt ist. Kircher vermittelt stets das Gefühl, eine Partie mit großer Leichtigkeit unter Kontrolle halten zu können. Eskalationen bei Kircher-Spielern bleiben denn auch die absolute Ausnahme.

Das Gegenteil dazu stellt Peter Sippel dar. Der Münchener Referee, der bereits seit dem Jahr 2000 Bundesliga-Spiele leitet und damit immerhin zwei Jahre länger als Kircher im Einsatz ist, vermag es nach wie vor nicht, Sicherheit und Ruhe auszustrahlen. Besonders deutlich wurde dies zuletzt bei seiner Leitung der Partie zwischen Eintracht Frankfurt und Fortuna Düsseldorf am 32. Spieltag. So übersah Sippel ein klares Foul von Zambrano an Malezas und verweigerte den Gästen damit einen eindeutigen Strafstoß. Sippel, der Malezas zuvor bereits zwingend Gelb hätte zeigen müssen, hatte das Spiel zu keiner Zeit im Griff und wirkte erneut auffallend unsicher.

Sippels Auftritt, der mit der SPOX-Note 4,5 bewertet wurde, reiht sich ein in die Liste schwacher Darbietungen des 43-Jährigen. Mit der Durchschnittsnote 3,5 liegt er auf dem vorletzten Platz unserer Tabelle. Schwächer platziert ist nur Tobias Stieler, dem aber - im Gegensatz zu Sippel - die mangelnde Erfahrung zu Gute gehalten werden kann.

Immer wieder Gagelmann: Standen zuletzt Topspiele in der Bundesliga an, zeigte sich der DFB-Schiedsrichterausschuss bemerkenswert einfallslos bei der Schiedsrichteransetzung. So teilte man sowohl für das Revierderby als auch für die Bayern-Spiele gegen Leverkusen und Schalke immer den gleichen Unparteiischen ein: Peter Gagelmann aus Bremen.

Der 44-jährige Referee, der nie als FIFA-Schiedsrichter im Einsatz war, erlebt damit zum Ende seiner Laufbahn noch einen echten Karrieresprung. Ausschlaggebend für seine zahlreichen Topspiel-Nominierungen ist nicht zuletzt sein ruhiges, beschwichtigendes Auftreten, mit dem er auch in hitzigen Partien zumeist die Kontrolle über das Geschehen behält.

Es verwunderte daher kaum, dass ihn der DFB auch für die Leitung der CL-Final-Generalprobe zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern vorsah. Gagelmann, der bereits das Hinspiel in München geleitet hatte, hatte die Partie am 32. Spieltag zunächst gut im Griff, leistete sich im Laufe des Spieles doch einige, mitunter schwerwiegende Fehler.

So hätte Rafinha nach seinem Ellenbogenschlag gegen Blaszczykowski zwingend glatt Rot (und nicht die Ampelkarte) sehen müssen. Die Verwarnung gegen den Dortmunder Mittelfeldspieler in dieser Szene war zudem nicht nachvollziehbar. Für den Bremer Unparteiischen, der überdies ein elfmeterreifes Foulspiel von Subotic an Pizarro übersah und Luiz Gustavo zu Unrecht Gelb zeigte, blieb angesichts dieser Fehleranzahl nur die SPOX-Note 5,0. Es war die schlechteste Saisonleistung Gagelmanns, der mit der Durchschnittsnote 3,0 den Mittelfeld-Platz 10 in der Schiedsrichter-Tabelle belegt.

Aufsteiger der Saison: Die größte Schiedsrichter-Überraschung der Spielzeit 2012/13 heißt Tobias Welz. Der 35-jährige Schiedsrichter aus Wiesbaden lieferte eine starke Saison ab und liegt mit einer Durchschnittsnote von 2,8 auf dem fünften Platz unserer Schiedsrichter-Tabelle.

Für Welz spricht neben seiner geringen Fehleranfälligkeit vor allem die Abgeklärtheit, mit der er auch knifflige Situationen zu meistern weiß. Beispielhaft dafür steht die Platzverweis-Entscheidung gegen Maximilian Beister in der Partie des HSV gegen den FC Augsburg am 26. Spieltag. Der Tritt des Hamburgers war in der normalen Spielgeschwindigkeit nur schwer auszumachen. Welz erkannte ihn gleichwohl und zückte korrekterweise die Rote Karte, um in der Folge sämtlichen Protesten des HSV-Spielers mit unmissverständlicher Gestik eine Absage zu erteilen.

Auch am letzten Spieltag der Saison leitete Welz eine Partie mit Augsburger Beteiligung. Im abstiegsrelevanten Heimspiel des FCA gegen Greuther Fürth machte er seine Sache - abgesehen von der falschen Elfmeterentscheidung - ordentlich (SPOX-Note 3,5).

Einen sehr starken Eindruck hinterließ zeitgleich Schiedsrichter Dr. Jochen Drees in der Partie des BVB gegen Hoffenheim. Nicht nur, dass beide Elfmeterentscheidungen absolut korrekt waren, hatte Drees auch die Courage, den 2:2-Ausgleichstreffer wegen Lewandowskis Abseitsstellung nach Rücksprache mit seinem Assistenten abzuerkennen. Drees, der allenfalls bei der Bewertung von Luftzweikämpfen Schwächen offenbarte, rundete mit dieser Leistung (SPOX-Note 1,5) eine sehr gelungene Bundesliga-Saison ab (Platz 2, Durchschnittsnote 2,6).

Während Welz und Drees die Überraschungen der Saison darstellen, blieb Florian Meyer diesmal hinter den eigenen Möglichkeiten zurück. Zwar rangiert er mit einer Durchschnittsnote von 3,1 auf Mittelfeldplatz 11, gemessen an seinem eigentlichen Leistungsniveau verlief die Spielzeit 2012/2013 für den Burgdorfer aber eher enttäuschend.

Oftmals trübte Meyer seine an sich souveräne Spielleitung durch schwerwiegende Patzer. So auch am 28. Spieltag, als er im Heimspiel der Frankfurter Eintracht gegen den FC Bayern gleich zweimal von der an sich zwingend gebotenen Elfmeterentscheidung absah. Sowohl nach Oczipkas Foul gegen Gomez als auch nach Dantes Handspiel hätte Meyer auf den Punkt zeigen müssen. Seine Pfeife blieb in beiden Fällen gleichwohl stumm. Die Leistung des niedersächsischen Referees, der Frankfurts Aigner zudem früher hätte Gelb zeigen müssen, wurde letztlich mit der SPOX-Note 5,0 bewertet.

Gräfes großer Auftritt: Mit Manuel Gräfe hat der DFB für die Leitung des Pokalfinales zwischen dem FC Bayern und dem VfB Stuttgart einen echten Dauerbrenner eingeteilt. Zwar kam der Berliner Unparteiische in der zurückliegenden Saison mit 15 Bundesliga-Spielen auf eine eher durchschnittliche Zahl an Einsätzen. Die Zahl ist aber umso beachtlicher, bedenkt man, dass Gräfe an den ersten neun Spieltagen verletzungsbedingt nicht zur Verfügung stand.

Für das Endspiel in seiner Heimatstadt scheint der 39-jährige Schiedsrichter indes gut gerüstet: So wurden alle seine Erstliga-Einsätze in den vergangenen drei Monaten mindestens mit der SPOX-Note 3,0 bewertet. Besonders stark präsentierte sich Gräfe dabei am 30. Spieltag im Frankenderby. Zwar war er zuweilen etwas schnell bei der Vergabe von Gelben Karten, bekam das mitunter hitzige Derby am Ende mit dieser harten Linie aber sehr gut in den Griff (Note 1,5).

Für Gräfe sprechen insbesondere die Ruhe und Abgeklärtheit, die von ihm - auch dank seiner physischen Erscheinung - ausgehen. Gute Voraussetzungen, um auch das Pokalfinale sicher über die Bühne zu kriegen.

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