"Die Situation mit Jürgen war harmlos"

SID
Matthias Sammer, Sky 90
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...die Final-Niederlage dahoam: Es war sehr wichtig, Spiel und Persönlichkeit zu analysieren. Jupp und Karl-Heinz versuchten, das Geschehen akribisch aufzuarbeiten. Wir filterten drei Schwerpunkte heraus: Einerseits sollten Führungsspieler - Manuel Neuer, Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Dante, der sich dazu entwickelt hat - gestärkt werden. Trotz Dominanz und Persönlichkeit, die diesen Klub prägen, ist auf dem Spielfeld eigene Handlung gefordert. Wir wollten das hervorheben.

Der zweite Punkt: Unser Spiel. Dieses war gegen den Ball nicht diszipliniert, nicht konsequent und nicht schnell genug. Wir legten Begrifflichkeiten in der Theorie fest, trainierten daran mit der Mannschaft. Selbst Spieler wie Arjen Robben und Franck Ribery, die als Freigeister ihren Blick nach vorne richten, haben sich den Schwerpunkten und dem System inhaltlich und von der Führung eingegliedert. Und der Dritte war: Von diesem statischen Positionsspiel wegzugehen und höhere Flexibilität sowie Kreativität zu erlangen.

...die Angst das Finale zu verlieren: Wir sind deutscher Meister, haben zwei Endspiele vor der Brust. Wir müssen ganz klar herausstellen, warum wir so stark sind. Nämlich wegen dieser drei Punkte. Diese gilt es jetzt in aller Konsequenz fortzuführen. In einem Finale gibt es natürlich einige Eventualitäten. Nur: 2010 fehlten Spieler, 2012 ebenfalls. Plus die Fehler, die gemacht wurden. Genau diese werden wir nicht mehr machen. Wir werden stark sein und respektieren Dortmund, aber werden dieses Finale gewinnen.

...die Personalie Robert Lewandowski: Ich glaube, wir tun gut daran, ein paar Angelegenheiten sachlich zu betrachten. Wir sollten das Positive beider Mannschaften hervorstellen, nicht über Spekulationen diskutieren. Ich werde mich zur Personalie Lewandowski nicht äußern. Aus unserer Sicht ist es nicht notwendig.

...seine Aufgaben bei Bayern: Wir haben mit Jupp Heynckes einen Trainer, der mich vom ersten Tag an, bis auf eine kleine Thematik, aufgenommen hat. Er ist der Cheftrainer, die Autorität gegenüber den Spielern. Er gab mir die Möglichkeit, mich einzubringen und mich auch sein zu lassen. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Darüber hinaus, wenn es um die Mannschaft ging, wollten wir diese Spieler mitnehmen, die nicht so im Mittelpunkt stehen. Wir arbeiteten sehr stark daran, damit dieser Geist entsteht. Die wichtigste Konstellation ist, dass jeder spürt: Der Trainer führt diese Mannschaft, die Mannschaft übernimmt für ihn Verantwortung. Wenn es eine Problematik gibt, nehme ich eine helfende Funktion ein, um dieses Gefüge zu wahren. Ein Spieler darf sich mal Luft verschaffen, danach gilt es die Strategie wieder zu verfolgen.

...Jupp Heynckes: Er musste sich am Anfang zeigen. Es konnte nicht sein, dass ein neuer Sportvorstand kommt und plötzlich Euphorie reagiert. Ich habe das erkannt. Die Spieler und der Trainer müssen im Mittelpunkt stehen. Mein Aufgabenbereich ist, Hilfestellungen zu geben und in Gesprächen dazu beitragen. Jupp ist immer akribisch vorbereitet, seine Ansprache trifft den richtigen Punkt. Im Zusammenspiel mit Hermann Gerland. Auch wenn dieser in der Öffentlichkeit oftmals kauzig rüber kommt und unterschätzt wird. Er ist die absolute Seele, sitzt im Bus mit den Spielern beisamen. Ihm vertrauen sie.

...die angebliche Rücksichtslosigkeit Heynckes': Eine große Stärken von Jupp ist die Menschlichkeit und Glaubwürdigkeit. Ich würde sagen, er ist konsequent. Was danach passiert, ist ihm keineswegs egal. Es geht ihm um den Erfolg des FC Bayern. Im Transport seiner Entscheidungen ist er sehr, sehr menschlich.

...den Zeitpunkt der Meisterfeier: Wir dürfen feiern, nur das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren. Die Spieler sind alt genug, erhalten von uns keine Vorgaben. Ich empfinde es als eine Zwei-Finals-Vorbereitungs-Zusammen-Sein-Feier.

Matthias Sammer im Steckbrief