FC Bayern: Die Zukunft beginnt jetzt

Von Fatih Demireli
Feierten ihr Bundesliga-Debüt: Pierre-Emile Hojbjerg und Emre Can (r.)
© imago

Der FC Bayern nutzt den Rest der Saison nicht nur, um weitere Rekorde zu brechen. Jupp Heynckes verhilft mit Emre Can und Pierre-Emile Hojbjerg zwei Eigenprodukten gegen Nürnberg zum Bundesliga-Debüt. Ein wichtiger Schritt, der Klub-Philosophie gerecht zu werden.

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Dass Jupp Heynckes auf Rotation steht, ist spätestens seit dieser Saison hinlänglich bekannt. Fünf Wechsel waren in der Saison keine Seltenheit, auch sechs Umstellungen - wie gegen Werder Bremen - gehörten schon zur Tagesordnung.

Beim 4:0 gegen den 1. FC Nürnberg erreichte die Heynckes'sche Rotationsmanie ihren Höhepunkt: Neun Spieler tauschte der Trainer des FC Bayern München gegenüber dem letzten Pflichtspiel bei Juventus Turin aus. Nur Franck Ribery und Daniel van Buyten "überlebten".

Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger, der direkt nach Schlusspfiff bei den Bayern-Basketballern vorbeischaute, standen genauso wenig im Kader wie Thomas Müller. Dante, Mario Mandzukic und Manuel Neuer schafften es immerhin noch auf die Bank.

Bayerns Jüngster der Geschichte

Spieler im Wert von 113 Millionen Euro, so wird gerechnet, legten eine Betriebspause ein. Dafür schrieb einer, dessen Marktwert noch im Münzgeldbereich liegt, Geschichte: Pierre-Emile Hojbjerg.

17 Jahre und 251 Tage war Hojbjerg jung, als er in der 71. Minute für Xherdan Shaqiri eingewechselt wurde. Da David Alaba bei seinem ersten Bundesliga-Spiel im März 2010 17 Jahre und 255 Tage alt war, schnappte sich Hojbjerg am Samstag den prestigeträchtigen Titel "jüngster Bayern-Profi der Bundesliga-Geschichte".

Hojbjerg, der "Heuber" ausgesprochen wird, kam nach seinen ersten Bundesliga-Minuten gar nicht mehr aus dem Staunen. Ein "Hammer", ein "Traum" sei der erste Auftritt gewesen: "Als ich ganz klein war, habe ich davon geträumt." Er gab sich hinterher genauso, wie man ihn auf dem Platz empfunden hatte: frisch, frech, unbekümmert. "Ich habe mir in die Hose geschissen."

Pierre-Emile Hojbjerg im Porträt: Ein neuer Spielertyp für Heynckes

Debüt auch für Emre Can

Stammtorhüter Manuel Neuer gab Hojbjerg vor der Einwechslung noch ein paar Tipps mit auf den Weg. Welche das waren, wusste Hojbjerg dann schon gar nicht mehr. "Das habe ich vergessen", lächelte er wieder. Die Aufregung legte der Teenager nach guten Aktionen aber schnell ab.

Hojbjerg war einer von zwei Bayern-Spielern, die am 29. Spieltag ihr Bundesliga-Debüt gaben. Der andere war Emre Can, der gar in der Startelf stand und seit Sommer zum Profikader gehört. Nach Supercup und DFB-Pokal jetzt also auch Bundesliga-Minuten für den U-19-Nationalspieler.

Der FC Bayern hat mit der frühen Meisterschaftsentscheidung einen Haken hinter das wichtigste Saisonziel gesetzt. Die Devise heißt nicht nur Fithalten für die Champions League oder die Jagd auf weitere Rekorde.

"Sie werden Karriere machen"

Einen positiven Nebeneffekt hat die ungewohnt frühe Titelverkündung vor allem für die zweite Reihe des Rekordmeisters: Heynckes kann und wird jetzt noch mehr auf die vermeintlichen Ersatzspieler setzen, insbesondere auf die Youngster, die er zwar schon länger im Visier hat, ihnen aber kaum Möglichkeiten einräumen konnte.

"Pierre und Emre haben ihren Einsatz verdient", sagt Jupp Heynckes. "Beide werden Karriere machen, sie arbeiten sehr gut, sind motiviert." Karriere machen - der Prozess beginnt jetzt. Und genau zur richtigen Zeit.

Das Thema ist den Bayern wichtig. "Zwei Jahre ist nichts hochgekommen", sagt Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. David Alaba ist der letzte Jugendspieler, der den Sprung zu den Profis geschafft hat - seitdem ist Ruhepause.

Auftrag: Nachwuchsförderung verbessern

"Wir haben Emre, wir haben Pierre und noch den einen oder anderen in der zweiten Mannschaft. Ich glaube, da kommt jetzt wieder etwas hoch", so Rummenigge hoffnungsvoll.

Der Klub hat es sich auf die Fahnen geschrieben, junge Spieler zu entwickeln und idealerweise in die Profi-Mannschaft zu integrieren. Matthias Sammer, der schon beim Deutschen Fußball-Bund extrem gute Jugendarbeit praktizierte, hat den klaren Auftrag der Vereinsoberen, die Nachwuchsförderung wieder auf ein hohes Niveau zu hieven.

"Matthias soll die Nachwuchsabteilung total reformieren. Wir werden Gas geben, wie es in diesem Verein noch nie der Fall war", kündigte Uli Hoeneß im Sommer bei SPOX an.

Guardiola setzt auf Jugend

Passend dazu auch Sammers Credo aus seiner sommerlichen Regierungserklärung: "Wir müssen eine eigene Identität schaffen." Mit wem, wenn nicht mit eigens entwickelten Spielern, soll das Langzeit-Vorhaben gelingen?

Schweinsteiger, Lahm, Alaba, Müller, Badstuber, Contento, Kroos und Co.: Die aktuelle Mannschaft ist gespickt mit Spielern aus der eigenen Jugend. Hojbjerg und Can sind die nächsten, die den Sprung schaffen sollen und sich nun in der verbleibenden Bundesliga-Saison zeigen können.

Chancen, langfristig Eckpfeiler des FC Bayern zu werden, haben sie allemal. Dass Bayerns künftiger Trainer Josep Guardiola wie kein anderer auf junge Spieler setzt, ist kein Geheimnis. Der Spanier sei, so hieß es zuletzt, von Juniorenspieler Patrick Weihrauch angetan. Genauso wie von beiden Bundesliga-Debütanten des Wochenendes.

Wo soll Can spielen?

Bei Can bleibt noch abzuwarten, auf welcher Position er seinen Weg gehen soll. Er ist ursprünglich defensiver Mittelfeldspieler. Zu Saisonbeginn setzte ihn Jupp Heynckes als Linksverteidiger ein, legte ihm aber in der laufenden Saison eine andere Position ans Herz, als er sagte: "Emre ist Innenverteidiger, das weiß er nur noch nicht."

Gemäß Cans Anlagen klingt Heynckes' Vorstellung nicht abwegig. Der Deutsch-Türke hat ein gutes Stellungsspiel, eine gute Übersicht und ist robust im Zweikampf.

Dass er seine spielerischen Fähigkeiten weiterentwickelt, ist nur eine Frage der Zeit. Absagen an interessierte Klub wie Bayer Leverkusen beweisen, dass die Bayern an den den gebürtigen Frankfurter glauben.

Der Besuch im Dezember 2011

Viele Angebote hatte auch Pierre-Emile Hojbjerg. "Ich kann mich daran erinnern, wie er vor einem Jahr mit seinem Vater zu uns gekommen ist. Er hatte viele Angebote aus ganz Europa", erinnert sich Bayern-Boss Rummenigge.

Den Rest erzählt Hojbjerg selbst im "Merkur": "Im Dezember 2011, ich weiß es wie heute, war ich das erste Mal an der Säbener Straße. Erst im Büro von Christian Nerlinger, dann im Büro von Herrn Rummenigge, dann war ich in der Allianz Arena beim Spiel gegen Köln. Ich flog nach Hause und sagte zu meinem Vater: Papa - das will ich. Ich war nie im Leben so überzeugt, etwas machen zu wollen."

Dass er nun erstmals Bundesliga-Luft schnuppern durfte, beweist: Es war die richtige Entscheidung. "Alles wunderbar", sagt er. Und geht wieder mit einem Lächeln von dannen.

Der Kader des FC Bayern

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