Mame Diouf: Im Schaufenster

Von David Kreisl
Mame Diouf nach seinem Torerfolg im Hinspiel gegen Borussia Dortmund
© getty

Bei Molde angefangen, in Manchester ausgebildet und in Hannover das Glück gefunden. Oder doch nicht? Mame Biram Diouf scheiterte bei United, begeistert aber seit seiner Ankunft vor gut einem Jahr bei Hannover 96 und schießt so viele Tore wie nie zuvor. Am kommenden Wochenende (Sa., 15.15 Uhr im LIVE-TICKER) muss Hannover zu dem Klub, der ihnen den Senegalesen streitig machen könnte: Borussia Dortmund.

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Eine bessere Bühne hätte sich Mame Diouf nicht aussuchen können. Menschen in fast 200 Ländern sahen zu, wie der Senegalese abhob. Es lief die 92. Minute beim Rückrundenauftakt der Bundesliga. Diouf setzte aus 18 Metern zum Fallrückzieher an und ließ Timo Hildebrand im Kasten von Schalke 04 keine Chance.

Dass der Treffer Marke "Tor des Jahres" fast nicht gefeiert wurde, lag daran, dass das Anschlusstor beim spektakulären 5:4 auf Schalke zu spät kam. Und trotzdem blieb, neben den neun Toren und zwei anarchischen Abwehrreihen, von jenem Abend vor allem das Traumtor des 25-Jährigen in Erinnerung, der bei den Hannoveranern endlich sein Glück gefunden zu haben scheint.

Dank Pape Pate zu Molde

Mit dem Fußball begann Mame Biram Diouf in seiner Heimat beim ASC Diaraf Dakar. Über Kontakte und die Vermittlung seiner beiden senegalesischen Landsmänner Pape Pate Diouf und Madiou Konate kam der damals 19-Jährige nach Norwegen, um probeweise bei Molde FK vorzuspielen. Diouf hinterließ einen bleibenden Eindruck und wechselte kurz darauf zum frisch abgestiegenen Verein. Dort sollte man die Verpflichtung des Mittelstürmers nicht bereuen, in seiner ersten Saison auf europäischem Boden war der Senegalese mit zehn Treffern Toptorschütze von Molde und sicherte seinem Klub nicht nur die Meisterschaft der 2. Liga, sondern auch den Wiederaufstieg in die höchste Spielklasse.

In der nächsten Saison traf Diouf in 29 Spielen 16 Mal und bereitete acht Tore vor. Am meisten dürfte ihm dabei wohl das 5:2 gegen Brann Bergen in Erinnerung geblieben sein, als er innerhalb der ersten 27 Minuten einen Viererpack schnürte. Längst hatte der Angreifer Begehrlichkeiten im Ausland geweckt, unter anderem sollen Arsenal und West Bromwich interessiert gewesen sein.

Der Traum vom Theatre of Dreams

Im Juni 2009 gaben schließlich die Red Devils aus Manchester den Transfer bekannt. Für Diouf erfüllte sich mit dem Schritt ins Theatre of Dreams sein Lebensziel: "Für Manchester zu spielen ist mein Traum, seit ich ein kleiner Junge war. Ich hoffe, dass ich im Januar auf Anhieb einschlage und ich bin zuversichtlich, dass ich gut spielen werden." United verlieh den Spieler zunächst ein halbes Jahr zurück an Molde. Wirklichen Bedarf hatte das Team von Alex Ferguson im Sturm sowieso nicht.

Die Verpflichtung Dioufs war der Tatsache geschuldet, dass er sonst womöglich zu einem anderen Klub gegangen wäre, hätte United nicht schnell zugegriffen. "Eigentlich wollten wir nach letzter Woche niemanden mehr verpflichten. Wir hatten das Gefühl, dass unser Kader komplett ist. Doch es gab diesen Punkt, an dem andere Vereine anfingen, Angebote abzugeben. Wir mussten uns entscheiden, ob wir handeln wollen. Wir entschlossen uns, ihn zu holen und er wird unsere letzte Neuverpflichtung sein", sagte damals Ferguson und gab zu, Diouf bereits seit zwei Jahren beobachtet zu haben.

Mit großen Erwartungen an sich selbst kam Diouf schließlich im Januar 2010 für eine Ablöse von 4,5 Millionen Euro zu United. Sein Premierentor bei seinem Heimdebüt gegen Burnley (3:0) sollte allerdings das einzige im Trikot der Red Devils bleiben. Im hochkarätig besetzten Sturm um Federico Macheda, Wayne Rooney, Dimitar Berbatov, Michael Owen und Danny Welbeck wurde der Angreifer nur selten beachtet. Die Fußstapfen, in die er mit dem Trikot mit der Nummer 32 von Carlos Tevez gestiegen war, waren dem damals 22-Jährigen zu groß.

Keine Zukunft bei United

Die logische Konsequenz nach einem halben Jahr Manchester war ein Leihgeschäft, um wieder ein wenig Spielpraxis zu bekommen. Blackburn sicherte sich für eine Saison die Dienste Dioufs, der für die Rovers 29 Mal auf dem Platz stand und sechs Mal traf.

Nach der Leihe kehrte Diouf nach Manchester zurück, seine spärlichen Spielwiesen blieben aber unwichtige Pokalspiele und Uniteds Reserve. Im Wintertransferfenster 2012 war zuerst eine weitere Leihe, diesmal zu Wigan Athletic, im Gespräch. Doch der Stürmer folgte dem Ruf aus der Bundesliga von Hannover 96 und verließ nach neun Spielen mit nur einem Tor für United die Insel.

Bereut hat er die Zeit bei den Red Devils jedoch nicht. "Wenn du mit Spielern wie Wayne Rooney zusammen spielst, kannst du nur profitieren. Sie sagen dir immer, was du zu tun hast", sagte Diouf kürzlich in einem Interview. Auch wenn es zwischen ihm und Sir Alex Ferguson leichte Verständigungsprobleme gab: "Er ist ein toller Trainer, eine Legende im Fußball. Aber es war hart für mich, ihn zu verstehen. Er hat so einen starken schottischen Akzent. Manchmal wusste ich nicht, was er gesagt hat."

Perfekter Start in Niedersachsen

Bei Hannover empfing man den Zukauf mit offenen Armen und Diouf selbst fand schnell wieder Freude am Fußball. "Spaß und Humor gehören zu meinem Leben. Das ist ganz wichtig, denn dann bringt man auch bessere Leistung", erklärte Diouf. In seiner ersten Halbserie für Hannover schlug er sofort ein, erzielte in zehn Spielen sechs Tore und lieferte drei Assists. In der Europa League standen nach dem bitteren Viertelfinal-Aus gegen den späteren Gewinner Atletico Madrid vier Tore bei fünf Einsätzen auf seinem Konto.

Auch in der aktuellen Spielzeit zeigt Diouf seine vielseitigen und gefährlichen Offensiv-Qualitäten. Seine Beidfüßigkeit, das gute Kopfballspiel und der eingebaute Torriecher brachten ihm in aktuell 27 Spielen in Bundesliga, Europa League und DFB-Pokal 15 Treffer und fünf Vorlagen ein. Coach Mirko Slomka schätzt auch die unermüdliche Laufarbeit des Senegalesen, der alles für den Erfolg des Teams gibt. Niederlagen hasst Diouf, danach "schlafe ich nicht, esse nichts und rede auch nicht mit meiner Frau."

Klar, dass bei solchen Leistungen längst wieder Wechselgerüchte um den 25-Jährigen aufkommen. Eine Rückkehr nach England schloss neben Diouf selbst auch sein Berater Jim Solbakken aus: "Mame hat sich absolut angefreundet mit Deutschland und der Bundesliga. Ein Wechsel ist für uns überhaupt kein Thema." In der Bundesliga gilt Borussia Dortmund als ernsthaft interessiert, falls deren Torjäger Robert Lewandowski den Verein am Ende der Saison verlassen sollte.

Slomka: "Müssen uns alle Mühe geben, ihn zu halten"

Mame Diouf hält sich in Bezug auf einen möglichen Wechsel noch zurück: "Wir werden sehen. Ich liebe das Team, ich genieße es hier. Aber ich will mich jetzt auf die Spiele konzentrieren." Die Position des Vereins ist da unmissverständlich klarer. 96-Präsident Martin Kind denkt gar nicht daran, seinen beste Stürmer abzugeben.

"Wir planen mit Mame Diouf, wollen mit ihm verlängern. Er ist unverkäuflich", betonte der 68-Jährige und schlug damit in die gleiche Kerbe wie Trainer Slomka, der sich einen Verbleib des Stürmers, der noch bis 2014 einen Vertrag bei den Niedersachsen hat, wünscht: "Wir müssen uns alle Mühe geben, ihn zu halten. Natürlich werden andere Vereine aufmerksam. Das heißt aber nicht, dass er den Verein wechseln muss. Wir können den Vertrag verlängern, das wäre mein Wunsch."

Am kommenden Samstag gastieren die Niedersachsen beim amtierenden Double-Sieger Dortmund. Das Team, gegen das der 14-malige Nationalspieler des Senegal in der aktuellen Saison sein erstes Tor gemacht hat. Und das Team, für das er vielleicht ab Sommer aufläuft.

Laut Sportdirektor Jörg Schmadtke liegt aber noch kein konkretes Angebot des BVB vor. "Im Fußball kann man gar nichts ausschließen. Bei mir hat sich aber keiner gemeldet", sagt Schmadtke. Diouf selbst äußerte sich auf Nachfrage zurückhaltend: "Dortmund? Da habe ich noch nix von gehört. Aber man wird sehen, was passiert..."

Mame Diouf im Steckbrief