Babbel in Hoffenheim: Fast nur offene Baustellen

Von Udo Hutflötz
Markus Babbel steht vor dem Scherbenhaufen seiner zehnmonatigen Amtszeit
© Getty

1899 Hoffenheim und vor allem Markus Babbel haben vor der Saison offensiv das Ziel "Internationale Plätze" ausgerufen. Die Realität aber heißt: Abstiegskampf. Trotzdem wurde die Trainerdiskussion bislang zum Tabuthema erklärt. Doch eins ist klar: Babbel braucht dringend Erfolge.

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Franz Beckenbauer ist mit Dietmar Hopp befreundet. Das hat per se noch nichts Negatives zu bedeuten für Markus Babbel. Doch was der Kaiser am Sonntag bei "sky" von sich gab, wird dem Trainer von 1899 Hoffenheim nur bedingt ruhiger schlafen lassen.

"Dietmar ist jetzt einige Wochen in Florida, um sich zu erholen. So lange er dort ist, wird keine Entscheidung getroffen. Danach könnte es für Markus gefährlich werden", sagte Beckenbauer. Bis zur Winterpause habe Babbel demnach nichts zu befürchten, ein zeitlich verzögerter Rauswurf würde aber auch niemandem helfen.

"Die Tabelle lügt nicht"

Sicher ist, dass Babbel unter enormem Erfolgsdruck steht. Die "Bild" hatte zuletzt berichtet, dass Babbel seinen Posten aufgeben müsse, sollte Hoffenheim nach dem 15. Spieltag auf einem Abstiegsplatz stehen.

Babbel ist sich dem Ernst der Lage bewusst: "Die Tabelle lügt nicht, wir haben zu wenige Punkte. In der englischen Woche können wir viel erreichen, aber auch ganz viel kaputt machen." Dieser Satz datiert vor dem Spiel gegen Leverkusen, das bekanntlich 1:2 verloren ging.

Babbel gab hinterher zu Protokoll, keineswegs eine tote Mannschaft erkannt zu haben, sondern eine, die beißt und den Erfolg erzwingen will. Gleichzeitig kritisierte er aber seine Spieler, immer wieder die gleichen Fehler zu machen.

Ernüchternde Zwischenbilanz

Babbel und Hoffenheim - das passt irgendwie nicht zusammen. Unter Babbels Regie fuhr der Verein saisonübergreifend in 26 Spielen nur sieben Siege ein. Diesen stehen acht Unentschieden und elf Niederlagen gegenüber - eine ernüchternde Zwischenbilanz.

Dabei war der ehemalige Hertha- und Stuttgart-Trainer mit großen Zielen angetreten. Er wollte mit Hoffenheim schnellstmöglich international spielen, mindestens Europa League.

Die Voraussetzungen dafür wurden früh in Angriff genommen. Der Kader ist größtenteils schon seit Beginn der Vorbereitung zusammen. Lediglich Joselu und Patrick Ochs wurden nachträglich von Real Madrid beziehungsweise vom VfL Wolfsburg verpflichtet. Zeit, um Automatismen einzustudieren war also reichlich vorhanden.

Farce um Wiese

Allerdings macht Babbel regelmäßig neue Baustellen innerhalb des Teams auf, aktuell auf der Torhüterposition.

Obwohl Tim Wiese, vor der Saison absoluter Wunschspieler von Babbel, gegen Leverkusen ohnehin verletzt ausfiel, ließ sich der Coach nach dem Spiel zu folgender Aussage hinreißen: "Ich habe mir unter der Woche Gedanken gemacht, einen Torwartwechsel vorzunehmen. Leider hat sich Tim verletzt, dadurch ist mir die Entscheidung ein Stück weit abgenommen worden. Ich hätte mich aber höchstwahrscheinlich für Koen Casteels entschieden."

Eine öffentliche Demontage Wieses, die aufgrund der Verletzung des Kapitäns völlig unnötig war. Wiese wird wegen eines Bänder-Teilabrisses drei Wochen fehlen.

Die Personalie Roger Wittmann

Obwohl Wieses Vertrag noch bis 2016 läuft, ist derzeit sogar ein Abschied im Winter denkbar. Die Personalie Tim Wiese birgt eine besondere Brisanz, da der Keeper einer der Hauptklienten von Roger Wittmann ist. Der Spielerberater ist sehr gut mit Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp befreundet. Deren Verbindung hat großen Anteil daran, dass die Verpflichtung Wieses im Sommer überhaupt realisiert werden konnte.

Doch der Keeper ist nicht der einzige Hoffenheimer, den Wittmann unter seinen Fittichen hat. Mit Roberto Firmino, Chris, Tobias Weis, Filip Malbasic und Sejad Salihovic berät Wittmann knapp ein Fünftel des Kaders. Hoffenheims neuer Manager Andreas Müller nahm zu Schalker Zeiten in gleicher Funktion zahlreiche Spieler Wittmanns unter Vetrag.

In mehreren Medien war vor Müllers Amtsantritt spekuliert worden, dass Wittmann durch seinen guten Kontakt zu Hopp Müller den Job in Hoffenheim besorgt habe, um noch mehr seiner Spieler im Verein unterzubringen.

Zweifel am Führungsstil

Nicht zuletzt Babbels Verhalten im Fall Wiese lassen Zweifel an seinem Führungsstil aufkommen. Disziplinarstrafen stehen beim ihm n der Tagesordnung. Zuletzt traf es Tobias Weis, der angeblich wegen eines Streits mit Co-Trainer Rainer Widmayer aus dem Kader des Bundesligateams geworfen wurde.

Zuvor ging es bereits um den langjährigen Kapitän Andreas Beck, der Anfang September vor dem Frankfurt-Spiel kommentarlos von Babbel aus der Mannschaft genommen wurde. Auch damals kritisierte Babbel öffentlich: "Andi macht zu viele spielentscheidende Fehler."

Auf dem Platz fällt auf, dass Babbel noch keine klare eigene Linie gefunden hat. Gegen Leverkusen ließ er es wie zuvor bei der 1:3-Niederlage gegen Wolfsburg im 4-2-3-1 spielen.

Was gegen die Wölfe schon nicht funktioniert hatte, klappte auch gegen Bayer nicht. Beim Stand von 0:2 zur Halbzeit beendete Babbel das gescheiterte Experiment und kehrte zum favorisierten 4-4-2 zurück, in dem sich die Mannschaft sichtbar wohler fühlte.

Müller: "Nicht der Trainer braucht Punkte"

Noch genießt Babbel Rückendeckung im Verein. "Nicht der Trainer braucht Punkte, die TSG Hoffenheim braucht Punkte. Wir werden gemeinsam mit dem Trainer immer an Lösungen arbeiten, um der Mannschaft das zu geben, was wir alle hier brauchen", sagt Manager Müller bei "Sky".

Und Hopp teilte via "Rhein-Neckar-Zeitung" mit: "Ich kenne keinen TSG-Verantwortlichen, der kein Vertrauen in Markus Babbel hat, unabhängig vom Tabellenstand."

Babbel selbst sieht die Diskussion um seine Person realistisch. "Es ist im Geschäft normal, dass sofort über einen diskutiert wird. Man macht sich Gedanken: Man ist ein guter Trainer, man ist ein schlechter Trainer. Im Moment bin ich ein schlechter Trainer, weil die Resultate nicht stimmen. Es wird sehr schnell über einen geurteilt, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Ich kenne das Geschäft, da bin ich schon lange genug dabei", sagte er.

Fragt sich nur, wie lange noch. Babbel muss gegen Nürnberg und Bremen punkten, auch wenn Müller öffentlich anderer Meinung ist.

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