"Heute bin ich um Welten lockerer"

Von Interview: Haruka Gruber / Max Ost
Sarpei besuchte die SPOX-Redaktion - und als Huldigung gab's acht Sarpeis und einen Chuck Norris
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SPOX: Gibt es Reaktionen im Ausland auf den Sarpei-Kult? Vielleicht in Ihrem Geburtsland Ghana?

Sarpei: Im deutschsprachigen Ausland fängt es langsam an. In der Schweiz geht es ein bisschen los, in Österreich schreibe ich für ein Sportportal sogar eine eigene Kolumne. Aber weiter geht der Kult nicht, weil ich nun mal in Deutsch kommuniziere und nicht in Englisch. Ich bekam schon Anfragen, warum ich es nicht in Englisch versuchen würde, allerdings macht das keinen Sinn. Alleine schon wegen den ganzen Anspielungen auf die Chuck-Norris-Witze, die übersetzt keiner verstehen würde.

SPOX: Versteht ein Weltstar wie Ihr ehemaliger Mitspieler Raul die Aufregung um Hans Sarpei?

Sarpei: Raul ist ein ganz Ruhiger und Zurückgezogener, er hat mit so etwas wie Twitter nichts am Hut. Nur über seine Kinder bekam er davon mit und fragte mich, was dahintersteckt. Offenbar erzählt man sich auf dem Schulhof Sarpei-Witze.

SPOX: Sie sind ein Internet-Phänomen, Ihr Job ist jedoch der des Fußball-Profis. Werden Sie mittlerweile anders wahrgenommen?

Sarpei: Die Aufmerksamkeit auf mich wurde größer und es gibt Vereine, die sich mit dem Namen schmücken möchten wie bei der Geschichte mit Viktoria Köln. Plötzlich hieß es, ich stünde kurz vor einem Wechsel, dabei war nichts dran. Davon abgesehen gibt es keinen Unterschied zu früher: Nur wegen Social Media bietet kein Klub einen Vertrag.

SPOX: Sie werden Ende Juni 35 Jahre alt und sind, nachdem die Zusammenarbeit mit Schalke ausgelaufen ist, jetzt vereinslos. Wie geht es weiter?

Sarpei: Derzeit ist alles offen. Nur eins ist klar: Ich trete nicht zurück.

SPOX: Fortuna Köln, wie Viktoria ein ehemaliger Verein von Ihnen, versuchte sich als erster demokratisch geführter Verein Deutschlands. Jedes zahlende Mitglied sollte über das Internet die Klubpolitik mitentscheiden dürfen. Wie haben Sie das misslungene Experiment verfolgt?

Sarpei: Ich fand, dass es eine ganz witzige Aktion ist. Wobei mir von vornherein klar war, dass es langfristig nur schwer umzusetzen sein wird. Vielleicht funktioniert solch ein Konzept bei einem kleinen Verein. Je ambitionierter man ist, desto schwieriger ist es, einer großen Anzahl von Menschen Verantwortung zu übergeben und erfolgreich zu arbeiten.

SPOX: Wenn schon eine Zukunft bei Viktoria oder Fortuna nicht denkbar ist: Ein SPOX-User aus Köln-Chorweiler lässt fragen, ob Sie nach dem Karriereende in Ihr Heimatviertel zurückziehen?

Sarpei: Nein, ich habe zu lange in Chorweiler gelebt und möchte nicht mehr zurückziehen - auch wenn meine Eltern noch dort wohnen und ich eine wunderschöne Zeit hatte. Es war nicht immer einfach, dennoch will ich nichts missen: Wir ausländischen Kinder aus allen möglichen Nationen bildeten eine bunte Gruppe und spielten jeden Tag zusammen im Freien. Herrlich!

SPOX: Ihre Karriere ist nicht nur wegen des Internets ungewöhnlich: Sie wurden erst mit 22 Jahren Fußball-Profi, Ihr erstes Bundesliga-Spiel bestritten Sie erst mit 25. Wie kam das?

Sarpei: Ich tickte schon immer etwas anders, weil ich die Schule nicht vernachlässigen und das Abitur machen wollte. Daher konnte ich mich nicht ausschließlich auf den Fußball konzentrieren und fiel durch das Raster. Ich wechselte häufiger von Verein zu Verein und irgendwann landete ich bei Fortuna Köln, wo ich es mit 22 zum Zweitliga-Spieler geschafft habe. Und dann ging es plötzlich ziemlich schnell und drei Jahre später fand ich mich in Wolfsburg in der Bundesliga wieder.

SPOX: Was wäre mit der richtigen Förderung möglich gewesen?

Sarpei: Klar stelle ich mir die gleiche Frage. Doch solche Gedanken verfliegen sehr schnell, wenn ich daran denke, wie glücklich sich alles gefügt hat. Zwar ziemlich spät, aber immerhin: zwei Weltmeisterschaften, Champions League, Europa League - ich kann nicht klagen. Und: Für meine Persönlichkeitsentwicklung war es vielleicht nicht schlecht, dass ich so viele Stationen und so viele Leute kennenlernen durfte. Sonst wäre ich nie so geworden, wie ich jetzt bin.

SPOX: Wie geht es weiter im Leben des Web-2.0-Stars Hans Sarpei? Schon im September 2011 sagte Blogger Jan-Nicolai Kolorz von web04.de, der den Kult um Sie mitinitiiert hatte: "Man muss davon ausgehen, dass die Sache um Hans nicht länger als ein, zwei Wochen dauern wird. Gerade der Internet-Hype ist ja so vergänglich. Jens Jeremies hat dem Hans schon ein bisschen den Rang abgelaufen."

Sarpei: Dieses Zitat zeigt exakt, wie es im Internet zugeht: Offenbar fragt sich jeder, wann der Hype beendet ist und was danach kommt. Ich hingegen habe mir nie Gedanken darüber gemacht, wie lange es anhält oder nicht, ob der Hype in sechs Monaten vorbei ist. Ich bin nur auf den Zug aufgesprungen und sagte mir: "Hier ist etwas Lustiges, ich bin dabei, ich mache mit euch Späßchen und bringe euch zum Lachen." Ich war immer im Jetzt. Das war's.

Der Chuck Norris der Bundesliga: Hans Sarpei im Steckbrief

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