Bayern braucht mehr Qualität - ohne Aktionismus

Von Thomas Gaber
Der FC Bayern München gewann in den letzten beiden Jahren keinen Titel
© Getty

Nach der Saison ist vor der Saison! Die Bundesligisten arbeiten längst mit Hochdruck auf die Spielzeit 2012/2013 hin. SPOX beleuchtet die Baustellen aller 18 Vereine - im Duett mit einem Mitglied der User-Redaktion. Diesmal: Der FC Bayern München.

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Von SPOX-Redakteur Thomas Gaber

Die nackten Fakten sind eigentlich fürchterlich. Zwei Jahre ohne Titel - das gab's beim FC Bayern zuletzt 1992 und 1993. Der Verein definiert sich wie kein anderer in Deutschland über Trophäen. Aus "Mia san Mia" wurde in der abgelaufenen Saison "Mia san Vize". Ein vor allem für die Bosse unerträglicher Zustand.

In seiner ersten tiefen Enttäuschung nach dem Final-Drama gegen Chelsea griff Präsident Uli Hoeneß Teile der Mannschaft an und unterstellte einigen Spielern, sich in den entscheidenden Momenten vor der Verantwortung zu drücken. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge kündigte an, einige Dinge in Zukunft ändern zu wollen.

Was der FC Bayern in der Sommerpause allerdings tunlichst vermeiden sollte, ist Aktionismus. Der Kern der Mannschaft (Neuer, Lahm, Schweinsteiger, Müller, Gomez) steht und kann so noch auf Jahre hinaus um Titel spielen. Spieler, die den Verein nicht weiter brachten (Breno, Pranjic, Usami) wurden aussortiert; mit Dante, Xherdan Shaqiri und wohl Claudio Pizarro wurde die Mannschaft in der Breite verstärkt.

Bayern braucht mehr Qualität im Kader

Allerdings fehlen den Bayern vor allem in der Offensive Spieler, die den Etablierten Druck machen und für echte Konkurrenzsituationen sorgen. Ribery, Robben und Gomez sind unantastbar - für eine Mannschaft, die in den nächsten Jahren noch einmal die Chance bekommen will, ein CL-Finale zu gewinnen, ein No-Go. Zumal die genannten Spieler den Beweis schuldig geblieben sind, dass sie in den entscheidenden Spielen unverzichtbar sind.

Ein Mann wie der Dortmunder Robert Lewandowski wäre der Richtige für den FC Bayern und ein erstes Angebot an den BVB soll es auch schon gegeben haben. Die Chancen, den Polen zu bekommen, sind aber vorerst sehr gering. Um die Quialität des Kaders zu erhöhen, muss der FC Bayern aber viel Geld ausgeben, da aus dem eigenen Nachwuchsbereich nicht mal im Ansatz etwas nachkommt.

Jupp Heynckes will und auch in der nächsten Saison Bayern-Trainer sein. Unabhängig davon, wie der Bayern-Kader 2012/13 letztlich aussehen wird, muss der Trainer am Spielsystem feilen. Das Bayern-Spiel müssen flexibler werden. Zwei der besten Flügelspieler im Kader zu haben, reicht nicht aus, wenn der Gegner Mittel findet, Ribery und Robben kaltzustellen.

Auch als Psychologe werden Heynckes und sein Trainerteam in der Vorbereitung auf die neue Saison gefragt sein. Acht Spieler jagen bei der EM mit Deutschland nach dem Titel, Ribery mit Frankreich, Robben mit Holland, Tymoschtschuk mit der Ukraine. Nicht alle werden mit positiven Erlebnissen von der EM zurückkommen - wenn es überhaupt welche gibt.

Das Trauma vom Finale dahoam überlagert aber alles. Es dürfte die schwierigste Vorbereitung des FC Bayern auf eine Saison seit langer Zeit werden.

mySPOX-User Voegi

Der FC Bayern hat eine gute Saison 2011/2012 gespielt - trotz des traurigen und ernüchternden Abschlusses. Bei der Vizemeisterschaft und zwei Finalteilnahmen kann jedoch nicht alles richtig gewesen sein. Die fehlenden Alternativen auf der Bank, die leichte Ausrechenbarkeit auf dem Platz sowie der jüngste Eklat zwischen Ribéry und Robben stimmen gleichwohl nachdenklich. Die Hausaufgaben für die Sommerpause liegen somit auf der Hand:

Kader: Der erste Anzug der Bayern sitzt. Gleichwertiger Ersatz ist jedoch nur auf den wenigsten Positionen vorhanden. Dies gilt insbesondere für den Defensivbereich, in dem mit Tymoschtschuk und Luiz Gustavo zuletzt zwei gelernte Mittelfeldspieler aushelfen mussten. Der Transfer von Dante ist die richtige Weichenstellung. Auch im Offensivbereich mangelt es an gleichwertigen Alternativen, die unter der Saison eine Rotation ermöglichen würden. Die Verpflichtung des Schweizers Shaqiri, durch die im rechten Mittelfeld endlich wieder eine echte Konkurrenzsituation geschaffen wird, kann da nur ein erster Schritt sein. In der Sturmspitze bedarf es eines echten Backups für Mario Gomez. Dass Claudio Pizarro hierfür die ideale Wahl ist, bezweifle ich allerdings.

Taktik: Große taktische Raffinessen konnte man bei den Bayern zuletzt kaum ausmachen. Das Spiel der Heynckes-Elf ist leicht ausrechenbar. Teams wie der BVB haben sich darauf eingestellt und den FCB mit laufintensivem Pressing ausgeschaltet. Die Bayern müssen daher dringend einen Plan B entwickeln, z.B. eine defensivere Grundausrichtung mit schnellem Umschaltspiel.

Harmonie: Um den Teamgeist muss man sich keine größeren Sorgen machen. Der Konflikt zwischen Ribéry und Robben sollte gleichwohl nicht unterschätzt werden. Beide reklamieren für sich die Protagonistenrolle und akzeptieren den anderen dabei nur bedingt. Bedenkt man aber, dass Ribéry und Robben nach wie vor die herausragenden Figuren des Bayern-Spiels sind, sollte alles getan werden, um weiteren Eskalationen vorzubeugen. Hier ist der Psychologe Heynckes gefordert.

Fazit: Wenn man diese drei Hausaufgaben ordentlich bewältigt und vor allem die bittere Pleite im Finale dahoam aus dem Kopf kriegt, bin ich zuversichtlich, dass die Bayern in der kommenden Saison auch national wieder die Dominanz zeigen, die sie selbst von sich erwarten. Der Meistertitel muss unser primäres Ziel, das wir - da glaube ich fest daran - auch erreichen werden. Bezüglich eines großen Triumphs auf internationalem Parkett bin ich dagegen eher skeptisch.

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