Bodenhaftung und ein bisschen Mut

Von SPOX
Der 1. FC Nürnberg schaffte in dieser Saison souverän den Klassenerhalt
© Getty

Nach der Saison ist vor der Saison! Die Bundesligisten arbeiten längst mit Hochdruck auf die Spielzeit 2012/2013 hin. SPOX beleuchtet die Baustellen aller 18 Vereine - im Duett mit einem Mitglied der User-Redaktion. Diesmal: Der 1. FC Nürnberg.

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Von SPOX-Redakteur Daniel Börlein

Die durchschnittliche Verweildauer auf der Trainer-Bank des 1. FC Nürnberg hat Dieter Hecking längst gepackt. Im Schnitt 300 Tage war ein Trainer beim Club nur im Amt. Hecking hingegen bringt es inzwischen schon auf eine Amtszeit von mehr als zweieinhalb Jahren und hat damit sogar schon Hans Meyer überholt.

Einen Titelgewinn hat Hecking zwar noch nicht vorzuweisen, doch in den letzten beiden Spielzeiten schnitt der Club in der Liga unter ihm ähnlich erfolgreich ab, wie zu besten Meyer-Zeiten. Auf Platz zehn landete man in der vergangenen Saison, im Jahr zuvor wurde man gar Sechster. Dabei hatte man beide Male "nur" den Klassenerhalt als Ziel ausgegeben.

Verstärkung für die Abwehr

Daran sollte der Club auch in der kommenden Saison nichts ändern, schließlich ist man damit zuletzt gut gefahren. Damit, neue Ziele auszurufen, setzt man sich nur unnötig unter Druck und steigert die Erwartungen von außen. Denn: Auch in der abgelaufenen Spielzeit hatte der FCN schlechte Phasen, die man einem Abstiegskandidaten zugesteht, einem Verein, der sich selbst weiter oben sieht, dagegen wohl eher weniger.

Dafür dass es mit dem Klassenerhalt erneut klappt, müssen es die Franken zunächst schaffen, die abgewanderten Leistungsträger, allen voran Daniel Didavi und Philipp Wollscheid, zu ersetzen. Gerade in der Innenverteidigung braucht der Club hochwertige Verstärkung.

Weil Dominic Maroh den Verein ebenfalls verlässt, gibt es mit Per Nilsson und Timm Klose nur noch zwei Innenverteidiger im Kader. Beide erfüllten die Ansprüche in Nürnberg bislang nicht. Auch vorne muss der Club noch nachlegen und eine Alternative zu Tomas Pekhart verpflichten.

Für die in dieser Saison häufig fehlende Kreativität soll in der neuen Spielzeit vor allem Neuzugang Hiroshi Kiyotake sorgen. Der 22-jährige Japaner ist für die Position hinter der einzigen Spitze eingeplant und soll den zuletzt überragenden Didavi ersetzen.

Weiter auf Talente setzen

Eine Alternative könnte dort auch Youngster Philipp Klement sein. Der 19-Jährige gilt als großes Talent und ließ seine Klasse in zahlreichen Trainingseinheiten bereits aufblitzen. Die Chancen, unter Hecking zum Zug zu kommen, stehen gar nicht schlecht.

Nürnbergs Coach gilt als Talentförderer und zeigte in den vergangenen beiden Jahren immer wieder den Mut, auf Talente zu setzen. Dadurch ist der Club mittlerweile eine richtig gute Adresse für junge Spieler. Damit das auch künftig so bleibt, muss man den eingeschlagenen Weg auch in der kommenden Saison so weitergehen. Material gibt es mit Youngstern wie Klement, Wießmeier oder Mendler genügend.

Abgänge kompensieren und Offensivspiel verbessern

Von mySPOX-User zielpublikum

Klassenziel: "Versetzung des 1. FC Nürnberg in die nächste Saison" - vorzeitig erreicht. Nur die Mini-Chance Europa League hielt die Spannung bis zuletzt. Danach ging es aber in Fankreisen los: Erkenntnisse? Änderungsbedarf? Zugänge/Abgänge?

Bestandsaufnahme: Mit Wollscheid geht die feste Größe in der Innenverteidigung. Weitere Abgänge sind aber eher Verluste in der Breite des Kaders und sportlich kompensierbar. Ausgenommen vielleicht Didavi, der aber auch nur einen kleinen Teil der Saison erfolgreich mitgestaltet hat und dessen Verbleib zudem nicht in der Hand des FCN liegt. Und so scheiden sich nur bei Maroh die Geister, ob man sich da unnötig von einer stabilen Größe trennt.

Erfolgsrezept: Die stabile Defensive machte den Club zum unbequemen Gegner. Es entwickelten sich meist intensive Spiele mit hohem Laufaufwand und vielen Zweikämpfen, wenn der Gegner nicht frühzeitig Mittel und Wege fand. Spitzenwerte bei Laufarbeit und verdichtetes Mittelfeld zwangen den Gegner in die Breite und zu Flanken von außen, die dann vor Wollscheid & Co. entschärft wurden. Im "Umschaltspiel" fehlte dann dem Club allerdings bisweilen Qualität: Eroberte Bälle wurden zu schnell verloren und Kreativität im Offensivspiel blieb mangelhaft. Stand ein Gegner selbst tief, entwickelten sich zähe Spiele, die erst nach Zufällen oder Standards Dynamik entwickelten. Erst mit Didavi kam im letzten Saisondrittel der lang vermisste Schuss "Genialität" ins Spiel - dann aber verabschiedete man sich auch schnell aus der erweiterten Abstiegszone.

Baustellen: Innenverteidigung und kreatives Mittelfeld. Wünschenswert: Alternativen im Sturmzentrum und auf der rechten Außenbahn. Entsprechende Transfergerüchte gibt es. Für das kreative Mittelfeld steht der junge Japaner Kiyotake fest, dazu kommt Gebhart, der auch die Außenbahn bespielen kann. Auf den ersten Blick eher unnötig erscheinen dagegen Diskussionen über die Torwart-Position. Stärken und Schwächen des Goalies sind lange bekannt, seine wichtige Rolle in Struktur und Hierarchie der Mannschaft allerdings auch.

Was gern unterschlagen wird: Man hatte großes Verletzungspech. Bereits in der Hinrunde fehlten reihenweise Leistungsträger und auch in der Schlussphase musste man auf Hlousek und Esswein verzichten. Ob ohne diese "Seuche" Europa wirklich möglich gewesen wäre, ist Spekulation. Dass es saisonübergreifend einem flüssigen Spielaufbau und damit Offensivspiel nicht zuträglich war, liegt allerdings auf der Hand.

Fazit: Am Abschlussergebnis müsste sich nix ändern. Den erneuten Platz im Mittelfeld (inkl. Chance auf Europa) würde man sofort unterschreiben. Und wenn die Abgänge kompensiert werden können - im Rahmen der drei legitimem Optionen "interne Lösung" (Entwicklung, Nachwuchs), "Kauf" und "Leihe" - und sich das Offensivspiel weiter verbessert, ist das auch keine Utopie. Die Möglichkeiten dazu hat der Club sich wirtschaftlich und strukturell erarbeitet. Und das Vertrauen haben sich Trainerteam und Verantwortliche verdient.

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