Gladbacher Urgestein Bonhof wird 60

SID
Herzlichen Glückwunsch, Rainer Bonhof!
© Getty

Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: "Ich werde von Jürgen Grabowski angespielt, schieße von rechts mit Vollspann nach innen, ich sehe ein weißes Trikot im Strafraum, es könnte der Dicke sein. Gerd Müller dreht sich und haut das Ding rein. Bingo, Tor."

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Emotional, als wäre es gestern gewesen, schildert Rainer Bonhof die entscheidende Szene zum 2:1 (2:1)-Triumph von Deutschland im WM-Endspiel gegen die Niederlande am 7. Juli 1974 im Münchner Olympiastadion. "Bonnie", mit 22 Jahren der Youngster im Team von Bundestrainer Helmut Schön, ist der Schlusspfiff und die Erfüllung eines Traumes noch in bester Erinnerung: "In meinem Oberstübchen hämmerte es immer nur. Wir sind Weltmeister, wir sind Weltmeister."

Am 29. März wird Bonhof bei bester Gesundheit 60 Jahre alt, eine große Feier sei nicht geplant. "Wahrscheinlich gehe ich mit meiner Frau 'Mücke' schön essen", sagt der 53-malige Nationalspieler. Sein Klub indes wird seinen Weltmeister zwei Tage später im VIP-Raum des Borussia-Parks dagegen in größerer Form ehren, unter anderem soll ein Kurzfilm an seine glanzvolle Karriere erinnern.

Heute bekleidet Bonhof bei seiner in dieser Saison erstaunlich erfolgreichen Borussia den Posten des Vizepräsidenten. "Er macht den Job ohne Drang ins Rampenlicht, aber mit großer Fußball-Kompetenz. Er tut dem Verein gut. Er ist ein außergewöhnlicher Mensch", charakterisiert ihn sein früherer Teamkollege und aktueller Bayern-Trainer Jupp Heynckes.

Sechs Titel mit Gladbach

Und er war ein außergewöhnlicher Spieler. Mit Bonhofs Namen verbinden sich viele Erinnerungen an die glorreiche Zeit der Gladbacher "Fohlen". Viermal Deutscher Meister (1971, 1975, 1976, 1977), DFB-Pokalsieger 1973 in einem der denkwürdigsten Endspiele der deutschen Pokal-Geschichte durch ein 2:1 nach Verlängerung gegen den 1. FC Köln und der Gewinn des Uefa-Pokals 1975 gegen den FC Twente bilden die Höhepunkte in seiner Laufbahn am Bökelberg.

"Beim 5:1 im Rückspiel in Enschede spielte vielleicht die beste Borussia, die es je gab", schwärmt Bonhof heute noch von einer Sternstunde gegen seine Landsleute, denn Bonhof ist gebürtiger Niederländer. Erst im Juniorenalter wurde der in Emmerich geborene Mittelfeldspieler Deutscher. Von 1970 bis 1978 trug er in 231 Bundesligaspielen (42 Tore) den Dress des Erfolgsklubs.

Bonhof hat aber auch schlimme Enttäuschungen erlebt. So im Europacup der Landesmeister 1976 gegen Real Madrid. Nach einem 2:2 in Düsseldorf schied Gladbach durch ein 1:1 im Estadio Bernabeu gegen die Königlichen aus. Das Wort Betrug machte die Runde. Es galt dem holländischen Schiedsrichter Leonardus van der Kroft.

"Wir verloren die Beherrschung, als zwei einwandfreie Tore von Henning Jensen und Hans-Jürgen Wittkamp nicht gegeben wurden. In der Kabine warf ich vor Wut meine Schuhe an die Wand, einige von uns weinten wie die Schlosshunde. Van der Kroft muss wohl den festen Vorsatz gehabt haben, uns zu verschaukeln", echauffiert sich Bonhof noch heute. Bitter war für ihn auch der sogenannte Büchsenwurf gegen Roberto Boninsegna bei der Gladbacher 7:1-Gala am 20. Oktober 1971 gegen Inter Mailand. Das Ergebnis wurde am grünen Tisch annulliert, am Ende schied Gladbach aus.

Für 1,7 Millionen Euro zum FC Valencia

Nach seiner Gladbacher Zeit entschloss sich der Lockenkopf zu einem Tapetenwechsel. Bonhof wurde für die damals astronomische Ablösesumme von 1,7 Millionen Mark zum FC Valencia transferiert, mit dem er den Pokal und den Europacup der Pokalsieger gewann.

Danach folgte von 1980 bis 1983 der Wechsel zum 1. FC Köln (74 Spiele, 14 Tore) und ein kurzes Engagement von nur sechs Spielen bei Hertha BSC, ehe er im August 1983 mit 31 Jahren Antrag auf Sportinvalidität stellen und seine Karriere beenden musste.

Seine Menschlichkeit hat er immer bewahrt. Beispielsweise kaufte der gelernte Kfz-Mechaniker nach seinem ersten Vertrag in Gladbach (1200 Mark Grundgehalt, 25.000 Mark Handgeld und ein Volkswagen) seinen Eltern aus Dankbarkeit eine Wohnungseinrichtung.

Nach seiner aktiven Karriere wurde Bonhof Trainer. Von 1990 bis 1998 assistierte er Bundestrainer Berti Vogts. Höhepunkt der Zusammenarbeit war der EM-Titel 1996 in England. 1998 war Bonhof für die deutsche U21-Auswahl verantwortlich, 1999 stieg er mit seiner Borussia in die zweite Liga ab - eine Tragik für das Idol vom Bökelberg.

Rainer Bonhof im Steckbrief

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