Krisen-Training beim Hamburger SV

SID
Der Abstiegskampf geht auch an Thorsten Fink nicht spurlos vorbei
© Getty

Bei strahlendem Sonnenschein gibt es doch nichts Schöneres, als mit Papi zum Morgentraining des Hamburger SV zu fahren. Abstiegssorgen interessieren die drei Kleinen vor der Kabinentür noch nicht: Als sich Marcell Jansen und Paolo Guerrero zum gemeinsamen Foto bereit hinstellen, sind sie die glücklichsten Menschen auf der HSV-Anlage. Glücklicher jedenfalls als der dauer-formkriselnde Ex-Nationalspieler Jansen und der langzeit-gesperrte Guerrero.

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Die älteren Anhänger sind da kritischer. "Das ist einfach deprimierend", sagt Manfred Weishoff, seit Jahrzehnten Dauerkartenbesitzer. "Spieler wie Petric verdienen hier Millionen und treffen das Tor nicht. Und sogenannte Führungsspieler wie Westermann und Aogo machen große Sprüche und spielen dann Fehlpässe."

Ob nun 1. oder 2. Liga - in der nächsten Saison geht er nicht mehr ins Stadion. "Für mich ist Fink der Schuldige", kommentiert ein anderer. "Wir verlieren und verlieren und der erzählt trotzdem, welche tollen Qualitäten seine Mannschaft hat."

Am Schlafittchen aus der Kabine

Um 10 Uhr betreten die Spieler den Trainingsplatz. Eine Runde laufen, Dehnübungen und Passspiel. Thorsten Fink schaut sich das Treiben aus der Ferne an: Haltung bewahren, Gelassenheit zeigen.

Fink weiß, was sich unter den Fans - etwa 70 im Laufe der Zeit - längst herumgesprochen hat: Am Samstag, beim Training nach der jüngsten Pleite in Wolfsburg, soll er Nachwuchs-Verteidiger Muhamed Besic wegen lascher Einstellung am Schlafittchen gepackt und aus der Kabine geworfen haben. Eine wohl durchaus populäre Maßnahme, sicher auch ein Signal an die anderen.

Paolo Guerrero trainiert zunächst alleine. Gelegentlich wandert Finks Blick zu ihm herüber. Wie gerne würde er Guerrero einsetzen, Samstag im Abstiegs-Schlüsselspiel in Kaiserslautern. Doch der einzige Stürmer, dessen Formkurve zuletzt nach oben zeigte, ist noch fünf Spiele gesperrt.

Petric trifft auch im Training nicht

Stattdessen stürmen Mladen Petric und Marcus Berg in der A-Auswahl. Die gleichen wie beim Auswärtsspiel gegen Wolfsburg. Und genauso spielen sie: Mladen Petric vergibt 100-prozentige Torchancen, Berg trifft immerhin mal, nach einigen Fehlversuchen. Fink, der sich nun einmischt, immer wieder Anweisungen gibt, verbreitet positive Stimmung.

"Gut gelaufen, gut gespielt", ruft er. Auch Gojko Kacar, der in Kaiserslautern neben David Jarolim spielen soll, wird von Fink genau beobachtet. Nur ein Stammspieler fehlt: Torwart Jaroslav Drobny. Droht ein Ausfall? "Alles in Ordnung, er wird nur behandelt. Sein Einsatz ist nicht in Gefahr", beruhigt HSV-Pressesprecher Jörn Wolf.

"Die Stimmung in der Mannschaft ist gut"

Nach 80 Minuten ist die Trainingseinheit beendet. Fans holen Autogramme und machen Fotos mit ihren Stars, da schimpft man lieber nicht mit ihnen. Und an den fragenden Journalisten gehen die Spieler meist vorbei. In Krisenzeiten werden Fragen gern umlaufen.

Nur Ivo Ilicevic gibt Auskunft, der zwei Jahre in Kaiserslautern gespielt hat. "Die Stimmung in der Mannschaft ist gut. Wir sind heiß", sagt der Mittelfeldspieler. Vor dem Spiel in der Pfalz ist ein Mannschaftsabend geplant. "Wir brauchen ein Erfolgserlebnis, brauchen Punkte, dann kommen wir da unten raus", erklärt er.

Vielleicht kommt ihnen die noch ernstere Lage in Kaiserslautern sogar zugute. "Es ist für jede Mannschaft schwer, dort zu spielen. Aber wenn wir früh ein Tor schießen und die Stimmung im Stadion kippt, wird es für uns einfacher." Irgendwo wird die Stimmung kippen, das ist wohl sicher.

Die Tabellensituation des HSV

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