Marco Kurz: "Der Ilicevic-Transfer war richtig"

Von Interview: Philipp Dornhegge
Marco Kurz ist seit 2009 Trainer des 1. FC Kaiserslautern
© Getty

Nach schwachem Saisonstart und dem Verkauf des besten Spielers würden bei vielen Vereinen die Alarmglocken schrillen. Nicht beim 1. FC Kaiserslautern. Trainer Marco Kurz ist vor dem Auftritt bei Borussia Mönchengladbach weiter von der Stärke seiner Mannschaft überzeugt.

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Im SPOX-Interview spricht der 42-Jährige über die kurz- und langfristigen Ziele des FCK, die Folgen des Ilicevic-Transfers sowie die Israelis Itay Shechter und Gil Vermouth. Außerdem gibt Kurz Einblicke in seine Philosophie und Arbeit als Trainer.

SPOX: Herr Kurz, der FCK hat kurz vor dem Schließen des Transferfensters Ivo Ilicevic verkauft. Was waren die Beweggründe, ihn jetzt gehen zu lassen?

Marco Kurz: Nachdem Ivo im Winter der Wechsel verweigert wurde, hat er nun seinen Wunsch ausdrücklich erneuert: Er wollte nur weg aus Kaiserslautern! Wir haben dies intensiv besprochen und sind zu dem Schluss gekommen, dass es die richtige Entscheidung für den Verein ist und wir seinen Verlust sportlich kompensieren können.

SPOX: Über Ilicevic' Ausraster gegen die Bayern sagte Stefan Kuntz: "Im Vergleich zu 2009 ist der Entwicklungsschritt bei null!" Inwiefern spielte der Frust über diese Situation und die daraus folgende Sperre eine Rolle?

Kurz: Natürlich muss sich der Spieler in dieser Situation besser im Griff haben. Wenn Sie die Motivation für das Foul meinen, müssen Sie den Spieler selbst fragen. Für unsere Entscheidung bezüglich des Wechsels war die Rote Karte völlig egal.

SPOX: Von außen betrachtet haben Sie Ihren besten Spieler verloren, einen, der den Unterschied ausmachen kann.

Kurz: Wir haben sicher eine Qualität verloren, sind aber von unserem Kader und dessen Potential absolut überzeugt. Wir können und werden das kompensieren! Die gesamte Mannschaft ist gefordert, den Weggang aufzufangen.

SPOX: Immerhin spülte der Transfer vier Millionen Euro in die Kassen, was dem Verein sicherlich enorm weiterhelfen sollte.

Kurz: Dazu kann ich nichts sagen. Ich bin als Trainer für die sportlichen Belange zuständig, nicht für die finanziellen. Richtig ist, dass wir daran arbeiten, irgendwann mal solchen Begehrlichkeiten etwas entgegenwirken zu können. Das geht aktuell nicht nur bei uns, sondern bei vielen Vereinen nicht.

SPOX: Nach dem Abgang von Srdjan Lakic war die Systemfrage ein heiß diskutiertes Thema. Der Ilicevic-Transfer könnte es erneut aufkommen lassen. Wohin tendieren Sie: Zum 4-2-3-1, 4-1-4-1 oder doch eher zum 4-4-2?

Kurz: Ein System muss flexibel sein und sich den Spielsituationen abpassen. Zudem ist es eine Frage des Gegners und dessen sowie der eigenen taktischen Ausrichtung.

SPOX: Wie würden Sie denn ganz allgemein Ihre Philosophie von Fußball beschreiben?

Kurz: Ganz allgemein gesprochen möchte ich leidenschaftlichen und kämpferischen Fußball spielen lassen, der das spielerische Moment in den Vordergrund stellt. Wir wollen Situationen spielerisch lösen, wollen immer mit vollem Einsatz bei der Sache sein und unseren Fans etwas bieten. Dabei bekommt jeder Spieler für seine Position bestimmte Handlungsanweisungen und auch die Gruppe wird angeleitet, wie sie sich in bestimmten Situationen zu verhalten hat.

SPOX: Sind Sie dabei ein Trainer, der konkrete Ideen mitbringt und die Mannschaft in diese Richtung arbeiten lässt? Oder richten Sie Ihren taktischen Plan vor allem nach dem Kader, den Sie zur Verfügung haben?

Kurz: Ich beschäftige mich ständig mit Fußball. Ich lese viel, schaue Spiele und versuche dabei, etwas für meine Arbeit mitzunehmen. Die eigenen Ideen müssen dabei immer zum vorhandenen Kader und den verschiedenen Qualitäten passen. Insgesamt betrachtet bekommt die Mannschaft klare Richtlinien vorgegeben.

SPOX: Im SPOX-Interview vor einigen Wochen hatte sich Gil Vermouth auf das Zusammenspielen mit Ilicevic gefreut. Jetzt ist er selbst wohl spielerisch die Nummer eins im Team. Wird er die Erwartungen, die Außenstehende an seine Fähigkeiten haben, erfüllen können?

Kurz: Er kommt nach seiner Verletzung und Operation langsam wieder ins Laufen. Er muss sich aber noch an die Belastung und das Tempo in der Bundesliga gewöhnen. In Israel war er von defensiven Aufgaben weitgehend befreit, das ist bei uns anders. Er ist in einem Anpassungsprozess, den jeder Spieler gehen muss.

SPOX: Schauen wir auf die andere Seite des Feldes: Die starke Defensive war in der vergangenen Saison der vielleicht entscheidende Vorteil gegenüber den Konkurrenten im Abstiegskampf. Was fehlt im Moment, um wieder genau diese Stärke auszustrahlen?

Kurz: Unser gesamtes Abwehrverhalten ist noch nicht kompakt genug. Wir wissen, wo wir ansetzen müssen und werden weiter konzentriert und in Ruhe arbeiten. Wir haben von Anfang an gesagt, dass es in diesem Jahr erneut nur um den Klassenerhalt gehen kann. Insofern sind wir jetzt nicht sonderlich überrascht und sehen keinen Grund für panische Reaktionen. Klar ist, dass wir in allen Bereichen unser Leistungsniveau noch nicht erreicht haben, es aber erreichen werden.

SPOX: Ein absoluter Lichtblick ist bisher - neben Keeper Kevin Trapp - Itay Shechter. Beschreiben Sie doch bitte, wo Sie seine Qualitäten sehen und wie Sie am besten einzusetzen sind.

Kurz: Ich stelle ungern einzelne Spieler besonders heraus. Itay Shechter hat sicherlich das Format, um eine wichtige Position in unserem Spiel einzunehmen, aber auch er ist noch in einem Umstellungsprozess. Er hat klare Stärken in Eins-gegen-Eins-Situationen, hat enormes Tempo und eine gute Torgefahr. Zudem verfügt er über internationale Erfahrung.

SPOX: Man merkt Ihnen an, dass Sie mit Leib und Seele Ihrer Aufgabe beim FCK nachgehen. Das war sicher auch bei Ihrem ersten Engagement als Profitrainer der Fall. Allerdings war bei 1860 München der Erfolg weitgehend ausgeblieben. Wie würden Sie diese beiden Stationen miteinander vergleichen?

Kurz: Ich vergleiche beides überhaupt nicht. München war für mich nach einer langen Zeit als Spieler und Nachwuchstrainer dort emotional etwas Besonderes. In Kaiserslautern hat Fußball einen außergewöhnlichen Stellenwert und ich habe das Glück, mit Stefan Kuntz jemanden an meiner Seite zu wissen, mit dem ich vertrauensvoll zusammenarbeiten kann und der mir etwa in der vergangenen Saison auch in schwierigen Situationen den Rücken gestärkt hat. Beim Amtsantritt wusste ich um die Voraussetzungen im Verein und wir arbeiten daran, diesen Verein in der Liga zu festigen.

SPOX: Bei der Vertragsverlängerung im letzten Sommer bis 2012 lobte Kuntz, "wie deckungsgleich unsere Vorstellungen über die sportliche Entwicklung des FCK sind." Erklären Sie mir: Wie sehen diese Vorstellungen konkret aus?

Kurz: Wir wollen den Verein nachhaltig in der Bundesliga etablieren und sind uns über die hierfür wichtigen sportlichen Schritte einig. Das umfasst Nachwuchsspieler und unabdingbare Investitionen im Nachwuchsbereich ebenso wie unsere Spielweise, die Kaderstruktur oder das enge und wichtige Verhältnis zu unseren Fans und vieles mehr.

SPOX: Da haben Sie sich aber viel vorgenommen.

Kurz: Wir wissen um die Größe der Aufgabe und dass dies nicht in einem Jahr zu stemmen ist.

SPOX: Haben Sie da überhaupt noch Zeit, abzuschalten und einfach mal das Leben zu genießen?

Kurz: Um Kraft zu tanken und abzuschalten, verbringe ich die wenige freie Zeit mit meinen Kindern. Ich bin ein echter Fan meiner Töchter!

Der 1. FC Kaiserslautern im Steckbrief

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