Die Zeit der Schattenmänner

Von Daniel Börlein
Mohamed Zidan und Robert Lewandowski (v.l.) sollen beim BVB Lucas Barrios ersetzen
© Imago

Noch bis Mitte September muss Borussia Dortmund auf Lucas Barrios verzichten. Ersatzmann Robert Lewandowski spielte zum Saisonstart stark auf. Coach Jürgen Klopp vertraut dem Polen. Der 22-Jährige muss allerdings auch überzeugen, sonst hat der BVB ein Problem.

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Seit sich Lucas Barrios dafür entschieden hat, für die Nationalmannschaft Paraguays zu spielen, ist der gebürtige Argentinier in seinem Heimatland eigentlich kein großes Thema mehr. Vor ein paar Wochen schaffte es Barrios allerdings auf die Titelseite von "Diario Popular", eine der größten Tageszeitungen Argentiniens.

Umrahmt von einem roten Herz war der 26-Jährige mit einer leicht bekleideten Dame abgebildet. Die hübsche Dunkelhaarige war Leryn Franco, südamerikanisches Top-Model und Leichtathletin. Sie soll Barrios' neue Freundin sein.

Ein paar Tage lang hielt das Blatt die Geschichte am Köcheln, dann war Lucas Barrios wieder aus den Schlagzeilen verschwunden. Sein Muskelfaserriss im Finale der Copa America war nur noch eine kleine Randnotiz. In Deutschland hingegen horchte man auf ob dieser Nachricht, schließlich hatte sich mit Barrios der treffsicherste Angreifer des deutschen Meisters verletzt.

BVB: Keine Neuzugänge

Während zunächst von einer zwei- bis dreiwöchigen Pause die Rede war, ist seit letzter Woche klar: Der BVB muss auf alle Fälle bis Mitte September auf Barrios verzichten. Der Auftakt in der Champions League findet damit wohl ohne ihn statt. Ein harter Schlag für die Borussia.

In den letzten beiden Spielzeiten hatte Barrios 35 Treffer für den BVB erzielt und dazu noch elf Tore vorbereitet. In Dortmund stand deshalb fest: Wenn Barrios fit ist, spielt er auch von Beginn an. Zumindest in den nächsten sechs Wochen gilt das nun nicht mehr. Andere müssen für die Tore sorgen.

Die Verpflichtung eines neuen Stürmers ist für die Borussen allerdings kein Thema. "Ich habe mit Jürgen Klopp darüber diskutiert. Wir sind aber beide der Meinung, dass es nicht notwendig ist", sagte Sportdirektor Michael Zorc der "Bild".

Wenig Alternativen im Sturm

Der BVB setzt auf das vorhandene Personal - das allerdings für den Angriff durchaus überschaubar ist. Den Platz als Barrios-Ersatz sicher hat Robert Lewandowski. Dahinter stehen als Alternativen nur noch Mohamed Zidan und im Notfall Damien Le Tallec zur Verfügung.

"Zidan trainiert derzeit unfassbar stark", sagte Coach Jürgen Klopp nach dem Bundesliga-Auftakt gegen den HSV (3:1). Der Ägypter wurde wie Le Tallec beim BVB in der Vergangenheit jedoch meist im Mittelfeld eingesetzt und ist ein ganz anderer Spielertyp als Barrios.

Zudem fehlt dem 29-Jährigen die Spielpraxis. Die Hinrunde der letzten Saison verpasste er wegen eines Kreuzbandrisses, in der Rückrunde machte ihm eine Muskelverletzung zu schaffen. So brachte er es insgesamt auf nur acht Einsätze und stand dabei nie länger als 25 Minuten auf dem Platz.

Auch wenn Zidan, dessen Vertrag ausläuft, in der Vorbereitung überzeugte, bleibt ein Fragezeichen hinter seiner aktuellen Leistungsstärke. Da die Dortmunder im Sommer mit Daniel Ginczek (20) und Marco Stiepermann (20) zwei Nachwuchsstürmer nach Bochum bzw. Aachen ausliehen, ruhen die Hoffnungen nun vor allem auf Lewandowski.

Lewandowski: Am liebsten im Sturm

Der Pole, vor der letzten Saison für 4,5 Millionen Euro von Lech Posen gekommen, war im vergangenen Jahr mit acht Treffern bester Joker der Liga. Beim BVB war er allerdings im Sturm nur die Nummer zwei hinter Barrios und wurde von Klopp deshalb auch häufig im offensiven Mittelfeld eingesetzt.

Dort fühle er sich zwar auch wohl, betont Lewandowski stets, am liebsten spiele er aber im Sturm, dort wo er für Ex-Klub Lech Posen in zwei Jahren 32 Liga-Tore erzielt. In Barrios Abwesenheit darf sich der 22-Jährige nun erstmals beim BVB über einen längeren Zeitraum ganz vorne beweisen.

Starker Saison-Einstand

Und bislang gelingt ihm das recht eindrucksvoll. In der ersten Pokalrunde erzielte er beim 3:0-Erfolg über Drittligist Sandhausen zwei Treffer. Gegen den HSV glänzte er zum Bundesliga-Auftakt mit einer feinen Hackentrick-Vorlage auf Mario Götze als Vorbereiter und überzeugte als lauf- und spielfreudiger Aktivposten in der Dortmunder Offensive.

"Wegen seiner Qualität sind wir nach der Verletzung von Lucas Barrios auch nicht in Panik verfallen", sagte Klopp. Der BVB-Coach ist überzeugt von Lewandowski, der verstanden zu haben scheint, was Klopp von seinen Stürmern erwartet.

Probleme in der Anfangszeit

Dass Lewandowski das Potenzial mitbringt, seine Vorgaben umzusetzen, daran hatte Klopp ohnehin nie Zweifel. "Er ist der spannendste Spieler der letzten 10, 15 Jahre. Er war immer torgefährlich, er hat sich immer durchgesetzt und durchgebissen", sagte Dortmunds Trainer nach Lewandowskis Verpflichtung im Sommer 2010.

Zunächst tat sich der polnische Nationalspieler allerdings schwer beim BVB. Mit dem laufintensiven Spiel der Borussia hatte er so seine Probleme. In Polen war er es gewohnt, im Sturmzentrum auf Vorlagen zu warten und sich auf den Abschluss konzentrieren zu können. In Dortmund forderte man dagegen ein kräfteraubendes Spiel gegen den Ball und andauernde Bereitschaft zur Defensivarbeit.

Barrios hatte das alles bereits verinnerlicht und erhielt in der letzten Saison deshalb stets den Vorzug vor Lewandowski, der über seine Rolle als Joker dennoch nie öffentlich aufbegehrte.

Zurückhaltend und bescheiden

Lewandowski ist kein Mann der lauten Töne. In der Öffentlichkeit gibt er sich zurückhaltend, bescheiden, ja fast ein wenig schüchtern. Obwohl er inzwischen recht passabel deutsch spricht, gibt er vor Kameras noch ungern Interviews auf Deutsch. Das, so sagt er, sei ihm noch ein wenig unangenehm.

Bislang stürzten sich die Medien beim BVB ohnehin meist auf andere. Bislang stand Lewandowski allerdings auch im Schatten von Barrios. Nun bekommt er die Zeit, das zu ändern.

Robert Lewandowski im Steckbrief

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