Gestatten: Weltfußballer und Nobelpreisträger

Von Max-Jacob Ost
Es tut uns leid für alle anderen Mannschaften, aber: Stuttgart wird auf Jahre hin unschlagbar sein
© Getty

Der VfB Stuttgart bleibt auch nach dem Sieg gegen Schalke 04 auf dem Teppich. Und das ist gut so. Denn dort liegen schon die zerplatzten Träume des FC Bayern, die Coolness vom FC Augsburg und selbstverständlich Fritz von Thurn und Taxis. Letzterer als Fußbodenheizung - aber das zu erklären ist nun wirklich zu kompliziert. Am besten die Alternative Liste einfach selbst lesen, wie wär's?

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1. Anpfiff: So, haben wir alles? Stift, Klopapier, Fips-Asmussen-Bibel? Dann kann's mit der ersten Alternativen Liste der neuen Saison ja losgehen. Eine gute Vorbereitung ist einfach alles. Weiß auch Clemens Walch von Lautern. Der nur deshalb in der 81. Minute gegen Werder nicht eingewechselt wurde, weil sein Trikot noch in der Kabine lag.

Und jetzt mal ehrlich: Sich beim Stand von 0:2 an einem Samstagnachmittag von Wesley umkurven lassen wie ein betrunkener Tanzbär von einem 12-Zylinder-Go-Kart? Da hätten wir auch keine Lust drauf gehabt. Also: Chapeau, Herr Walch. Nur die wahren Größen machen so früh in der Saison schon alles richtig. Fragt mal nach beim IM "Buerschenschaftler"...

2. Einmal norwegischer Stiernacken, bitte: Wo wir gerade bei wahren Größen sind: Da hat uns Felix Magath mal wieder sehr schön gezeigt, wo der Unterschied zwischen Meisterhügel und Sandkasten liegt. Neuzugang Träsch zum Kapitän gemacht um den entthronten Schäfer zu motivieren. Und was macht die Ex der Kapitänsbinde? Verwandelt mal eben lässig eine direkte Ecke zum vorentscheidenden 2:0.

Auf der anderen Seite bindet Stale "Hitman" Solbakken Geromel die Kapitänsbinde um und hofft auf einen ähnlichen Effekt beim Kölner Papst. Und der dankt es ihm mit der niedrigsten Laufleistung aller Spieler auf dem Feld. Ist klar, was jetzt passiert: Alle feiern Felix und stänkern gegen Stale.

Aber da die AL schon immer etwas anders war, machen wir es mal andersherum. Ein Hoch auf Stale Solbakken! Eine Bereicherung für die Liga. Zwar von der Ausstrahlung her der Zwieback unter den Bundesligatrainern, dafür aber nach "Münz-Parkuhr" Mirko Slomka und "Stirnfalten-Rollo" Holger Stanislawski endlich wieder ein Charakterkopf auf deutschen Bundesligabänken.

War gegen Wolfsburg wunderbar zu sehen: Wenn sich Stöle Sölbökkön (Töpperwiensche Lautschrift) ärgert, dann wird er schmallippig. Und das erstaunlicherweise am Hinterkopf. Was mal wieder zeigt: In Köln ist das normal, wofür man im Rest der Republik in Quarantäne kommt. Toll!

3. Niveau-Limbo SPOX vs. SKY: Machen wir uns nichts vor: Diese Saison zieht sich jetzt schon. Umso besser, wenn sich da bereits mancher Kommentator in beeindruckender Frühform zeigt. Wie kalauerte SKY so schön zum Tor von Schlaudraff gegen Hoffenheim? "Er trägt das 'schlau' schon im Namen." Ganz ehrlich, da muss auch die AL mal ihren Hut ziehen. Aber wenn jetzt schon die Kommentatoren mit Kalauer-Limbo anfangen, muss auch der Konter kommen. Deshalb antworten wir mit einem flockigen: Und wie trägt der Kommentator, der das gesagt hat, seine Haare? Vorne kurz - und hindelang. Und damit: Herzlich willkommen in unserer Liga, SKY. Nehmt eine Taschenlampe mit, ist dunkel hier unten.

4. Flutschende Überleitung: Wo wir schon im Keller sind, kann Fritz von Thurn und Taxis nicht weit sein. Auch er hat seine Hausaufgaben gemacht und im Sommer fleißig das "Rrrrr" in Brrrreno, Rrrribery und Brrrradstuber geübt. Absolut vorbildlich, der Mann. Und auch bei spontanen Einblendungen war er wie eine Fußbodenheizung: immer auf der Höhe des Geschehens. Als plötzlich Bruno Labbadia eingeblendet wurde, half Fritz dem Zuschauer aus seiner Verwirrung: "Das ist Bruno Labbadia, der kommt am 3. Spieltag hierher mit dem HSV."

Was folgte, war die längste Pause seit dem NHL-Lockout 2004/2005, in der ihm vermutlich sämtliche Assistenten, Praktikanten und die Regie "S-T-U-T-T-G-A-R-T" entgegenbrüllten - bis er es leichthin und lachend auflöste: "Ach ja, der ist ja inzwischen in Stuttgart." Und zu seiner Entschuldigung fröhlich glucksend hinzufügte: "Das ging aber auch alles schnell letzte Saison..." Wo man ihm natürlich Recht geben muss. Denn da waren erst Veh und dann Oenning Trainer beim HSV.

Veh, der vorher mit dem VfB dreimal in Folge Meister wurde und Oenning, der sich gegen eine Karriere als Mittelscheitelmodel entschieden hatte und einst in der Wolfsburger Fußgängerzone von Ivan Ivanauskas entdeckt wurde. Ja genau, Ivanauskas. Sie erinnern sich: Das war dieser pummelige Brasilianer, der mal für Werder gespielt hat.

5. Realismus ist das neue Schwarz: An dieser Stelle ein kleiner Trost in Richtung Schalke: Auch wenn Eure Defensive derzeit die Aggressivität eines Hello-Kitty-Bademantels und die Stabilität eines Flamingos auf Rollschuhen hat - in Bezug auf die Alternative Liste ist das ein fast erschreckend grandioser Start. Wenn jetzt Papadopoulos diese Kombination aus permanenten Ellbogenchecks und unschuldigem Bambi-Blick noch perfektioniert, sagen wir Königsblau eine großartige Saison voraus. Wie übrigens auch Stuttgarts Martin Harnik, der beeindruckendes AL-Potenzial aufblitzen ließ. Nach dem 3:0 gegen Schalke schwadronierte er vor sich hin: "Wenn wir die Leistung bestätigen, die wir heute gezeigt haben, dann wird es schwierig sein, uns zu schlagen." Martin Harnik - der Mann mit der Bodenhaftung eines Heißluftballons.

6. Fernglas reloaded: Apropos heiße Luft - herzlichen Glückwunsch an die Scouting-Abteilung des FC Bayern! Die Liga zittert!

Vor Lachen.

7. Eierloses Augsburg: Kennt Ihr das? Ihr seid auf einer Party mit durchschnittlich hippen bis coolen Leuten und plötzlich seht Ihr da diesen Typen, den Ihr aus dem Park kennt, wo er im Wechsel Yu-Gi-Oh! mit Schülern spielt und Asthma-Mittel einatmet. Und Ihr fragt Euch: Wer hat den denn eingeladen? In diesem Sinne: Fröhliche Grüße in Richtung Augsburg. Ihr habt uns gerade noch gefehlt!

Woher dieser vollkommen überzogene Spott kommt? Aus purer Enttäuschung. Denn der FCA hatte wirklich das Potenzial cool zu sein. Doch die Augsburger haben diese Chance verpasst wie Erich Ribbeck die Einführung der Raumdeckung. Klar, es ist auch jetzt noch semi-originell nach jedem Tor "Eine Insel mit zwei Bergen..." zu spielen. Aber mal ehrlich: So richtig Eier gehabt hätte das nur, wenn man das auch bei den Spielen der Frauen-WM in Augsburg durchgezogen hätte.

8. Böses Foul, SPOX! Zugegeben: Das war wirklich ganz übler Chauvinismus gerade. Aber so ist das halt: Man will lässig eine Aussage hinkloppen, bekommt keinen Dreh hin, vergaloppiert sich furchtbar und am Ende kommt ein Gebrabbel raus, für das man selbst aus Waldis WM-Club geschmissen würde.

Kommen wir deshalb zu etwas komplett Anderem. Das sagte Klaus Wowereit nach dem ersten Spiel der Hertha in dieser Saison gegenüber "Liga-total": "Jeder weiß, dass es eine grandiose Leistung war, nahtlos den Wiederaufstieg zu schaffen. Das war auch ganz wichtig! Aber die Erwartungshaltung sollte auch nicht zu hoch geschraubt werden. Trotzdem: Mittelfeld sollte schon sein, nicht so grade mal 14. - oder was weiß ich was! Sondern es darf schon zehnter, neunter Platz sein, damit da ein sicherer Abstand ist. Hertha muss gut mitspielen - das ist die Erwartungshaltung!"

9. Mal unter uns: In diesem kleinen Rahmen darf man es ja sagen: Hertha, es ist schon mittelokay bis erträglich, dass du wieder in der Liga bist. Und für die Alternative Liste ist es auch wirklich prima, wenn du weiter mit dem Elan eines nassen Waschlappens spielst. Aber bitte, bitte, bitte: Zeig ein bisschen Klasse! Und mach es uns nicht so einfach!

10. Verpasste Chancen: Preisfrage: Wo wurden am Wochenende die meisten Großchancen versemmelt? München? Köln? - Falsch! Die richtige Antwort lautet: Mainz. Zwar nicht im Stadion, aber immerhin auf dem Lerchenberg. Vorab: Wir finden es ja toll, dass auch die Macher vom "Aktuellen Sportstudio" den Text von User Voegi gelesen haben. Aber musste man die Kritik darin ignorieren und daraus gleich ein Sendekonzept machen?

Am Samstag zu Gast im Studio: Christian Fuchs. Klasse. Da könnte man ja mal einiges erfragen. Zu seiner Entscheidung, nach über 150 Spielen von Österreich nach Deutschland zu wechseln, seiner einzigartigen Schusstechnik, seiner Rolle für die Schalker Offensive, warum Österreich zwar so viele Talente aber eine so mittelmäßige Nationalmannschaft hat, oder - ganz verrückt - zum 0:3-Auftakt gegen Stuttgart.

Doch offenbar traut man den Zuschauern des Sportstudios so themenbezogenes Interesse nicht zu. Lieber beschäftigt man sich minutenlang mit der Leidenschaft des Österreichers für Schlangen und den Undertaker. Unterbrochen von investigativen Schulbuchfragen wie: "Kann man den Schlangen was beibringen?" "Was ist ein größeres Thema auf Schalke: Dass Sie Schlangenfan sind oder Österreicher?" "Sie spielen mit Österreich gegen Deutschland auf Schalke - da können Sie ja zuhause schlafen!"

Der Fremdschämfaktor bei solchem Lifestyle-Phrasendreschen liegt in Bereichen, die nicht einmal die NASA berechnen kann. Als wäre Nina Ruge neue ZDF-Sportchefin. Das Ganze kann wirklich nur einige wenige erfreuen: die Köln- und Schalkefans. Denn wenigstens ein Verein ist noch schlechter in die Saison gestartet als ihrer...

11. Was bleibt: Der erste Spieltag ist vorbei und im Grunde ist alles geklärt. Christian Lell spielt in seiner Freizeit tatsächlich Fußball, der Schalker Masterplan von Dr. No Tönnies geht tatsächlich auf und Argentinien kennt unseren Capitano bestimmt immer noch nicht. Der spielt ja nie. Könnte man eigentlich vorspulen zum 13. Spieltag. Denn dann treffen bajuwarische Gemütlichkeitsquerpässe auf Dortmunder Offensiv-Thrash-Metal. Und wenn Großkreutz bis dahin seine Frisur wieder hinbekommt, wird das auch optisch ein Genuss. Ein schwarz-gelber Splatterfilm mit Scherenunfall Mario Gomez und Truckerfahrer Kevin in den Hauptrollen. Und sollte bis dahin der FC Augsburg Tabellenführer sein - das wird trotzdem prima. Ihr seht: Alles wird gut. Eure Nina Ruge.

 

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