Uli Hoeneß: Mehr Manager als Präsident

Von Thomas Gaber
Uli Hoeneß wechselte 2009 aus dem Management in den Aufsichtsrat des Bayern München
© Getty

Er hat Jupp Heynckes zurückgeholt und seine Lieblingsfeinde wie Christoph Daum attackiert. Bayerns Staatsmann Uli Hoeneß ist zurück auf der Kommandobrücke. Im Verein profitiert nicht jeder davon.

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Gerd Müller verharrte geduldig am Auspuff der schwarzen Limousine. Drei Minuten dauerte es, ehe der Mann hinterm Steuer sein Telefonat beendete und ausstieg. "Gerhard, guter Freund, komm' her, Weltmeister", sagte er in freudiger Erwartung einer herzlichen Umarmung.

Uli Hoeneß war bestens gelaunt, als er vergangenen Freitag am Vereinsgelände des FC Bayern München ankam. Seitdem er Präsident und nicht mehr Manager ist, nimmt Hoeneß selten die Fahrerei vom Tegernsee nach München-Harlaching in Kauf. Die Dinge, die er als Präsident zu regeln hat, lassen sich auch aus den eigenen vier Wänden steuern.

Doch Hoeneß' Auftritte im Machtzentrum des FC Bayern haben noch immer etwas Staatsmännisches. Fans posieren für ein schnelles iPod-Foto, Ordner, die die Zugangswege zu den Trainingsplätzen blockieren sollen, verlassen ihren Stützpunkt, um dem Präsidenten wenigstens für die paar Sekunden Fußweg vom Auto ins Büro nah zu sein.

Hohe Anziehungskraft

Hoeneß hat seine Anziehungskraft nicht verloren. Seine öffentlichen Auftritte sind rarer geworden, aber gerade deshalb hört man genau hin, wenn Hoeneß spricht. Über Jahrzehnte hat er sich in der Öffentlichkeit so positioniert, dass seine Worte ab und zu sogar in die Nähe göttlicher Offenbarung gesetzt werden.

Der 59-Jährige lässt die Welt nach wie vor gerne wissen, was ihm passt und was nicht und seit geraumer Zeit kann man sich dem Eindruck nicht erwehren, dass Hoeneß wieder präsenter sein will.

Erst warf er FIFA-Boss Sepp Blatter Korruption vor und zuletzt attackierte er in einem Rundumschlag Eintracht Frankfurt, Christoph Daum und den DFB. Allesamt Randthemen, die Hoeneß aber gerne benutzt, um alte Weggefährten, mit denen er als Manager Kämpfe austragen hat (Daum, Bierhoff), zu provozieren.

Hoeneß ist immer noch auf Betriebstemperatur und öfter wieder am Anschlag. Nur zu Hause bleibt er im Stand-by-Modus.

Löwen-Hilfe mit Kalkül

Dass er sich einmischt beim verzweifelten Versuch des Stadtrivalen 1860 München die drohende Insolvenz zu verhindern, ist auf seine wirtschaftliche Vernunft und seinen Geschäftssinn zurückzuführen. Schließlich würden dem FC Bayern jährlich 4,5 Millionen Euro Mieteinnahmen für die Allianz Arena entgehen. Bis 2025, so lange läuft der Mietvertrag mit den Löwen noch.

Öffentlich zugeben würde Hoeneß das niemals, er verweist eher auf seinen Hang zur Melancholie: "Es hat nicht nur Vorteile, wenn es nur einen Verein in München gibt. Ich bin Traditionalist."

Für seinen FC Bayern geht Hoeneß nach wie vor durchs Feuer. Die Attacke auf Louis van Gaal im Herbst 2010 sah er als ultimo ratio an, um den Verein wachzurütteln. Im Winter fädelte er den Gustavo-Transfer mit seinem Freund, Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp, ein, obwohl er als Präsident im operativen Geschäft nicht mehr tätig sein wollte.

Ran an die Kommandobrücke

Die schwierige Saison der Münchner hat Hoeneß aber dazu veranlasst, seine beratende Funktion gegen die aktiv mitbestimmende einzutauschen. Die Verpflichtung von Jupp Heynckes als Trainer für die kommenden zwei Jahre ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass Hoeneß wieder rangerückt ist an die Kommandobrücke.

Er sah sich zudem gezwungen, den FC Bayern von der Teilnahme an der Trainer-Hetzjagd freizusprechen. "Seriöser als dieser Wechsel über die Bühne ging, ging es gar nicht. Sein Vertrag in Leverkusen läuft aus. Wenn man die ganzen Vorgänge in der Bundesliga miteinander vergleicht, ist das die seriöseste Verpflichtung von allen", sagte Hoeneß.

Der Präsident setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass der FC Bayern nach dem gescheiterten Facelifting-Experiment mit Jürgen Klinsmann (Hoeneß: "Seine Verpflichtung war ein Riesenfehler") und dem plötzlichen Kurzschluss mit dem schroffen Prozesstrainer Louis van Gaal, verbunden mit dem fragwürdigen Dissens über die zukünftige Ausrichtung des Vereins, wieder auf Bewährtes zurückgreift: auf einen erfahrenen Trainer, der sich in der Bundesliga und beim FC Bayern bestens auskennt.

"Wir sind ein erfolgsorientierter Verein und wollen nächstes Jahr wieder Titel gewinnen. Wir werden gute Chancen haben", sagte Hoeneß bewährt optimistisch.

Der Präsident ist sich seiner Sache sicher, dass die Bayern mit Heynckes auch wieder mehr Siege einfahren. Mit der Verpflichtung seines Kumpels Heynckes will Hoeneß persönlich dafür sorgen, dass Borussia Dortmund in den nächsten Jahren nicht davonläuft.

Nerlingers schwierige Position

Die Bayern werden künftig wieder ein bisschen mehr nach Hoeneß aussehen. Bajuwarischer, barocker. Hoeneß lässt sein Baby nicht gerne lange allein. Deshalb war er in den letzten Wochen deutlich mehr Manager als Präsident; ein Umstand, der die Rolle von Hoeneß' Nachfolger hinterfragt.

Mit Christian Nerlinger beschäftigt der FC Bayern einen Sportdirektor, der Hoeneß' Aufgaben übernehmen sollte. Nerlinger nimmt - im Gegensatz zu Hoeneß - an allen Sitzungen des Vorstands teil, wenn es um sportliche Dinge geht.

Seine Stimme hat Gewicht, auch bei der Trainerfrage. Er hat die Vertragsverlängerung von Bastian Schweinsteiger vorangetrieben und Hoeneß damit einen sehnlichen Wunsch erfüllt.

Nerlinger hat sich ein Profil zurechtgelegt und versucht, peu-a-peu aus dem Schatten von Uli Hoeneß zu treten. Doch die Übermacht des Präsidenten hat ihn eingeholt.

Mit van Gaal verliert Nerlinger am Saisonende eine Bezugsperson. Jupp Heynckes ist ein Hoeneß-Mann, wodurch Nerlingers Einfluss in sportlichen Angelegenheiten schwinden könnte. Der Sportdirektor sucht noch seinen Platz, wenn sich die Bayern für die kommende Saison neu aufstellen.

Den hat Hoeneß schon gefunden. Er hat ihn sich quasi genommen. Als Präsident wird sich auf der nächsten Jahrehauptversammlung wiederwählen lassen. Seine Manager-Affinität wird dem FC Bayerm aber noch auf Dauer erhalten bleiben.

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