Halt's Maul! Hau ab!

Von Stefan Moser
Auch körpersprachlich ganz weit vorne: Schiri Peter Gagelmann
© Getty

Eigentlich wollten wir ja mit einem ganz üblen Wortspiel beginnen. Es beschreibt das hilflose Quergeschiebe der Bayern gegen Hannover in den ersten 20 Minuten: Pranjic zu Ottl, Ottl zu Badstuber, Badstuber zu Braafheid, Braafheid zu lahm. Aber das war dann selbst uns zu schäbig, deshalb mussten wir noch umdisponieren: Die Alternative Liste des 8. Spieltags.

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1. Software-Probleme: Mainz gegen Hamburg, die 26. Minute: Holtby steht plötzlich völlig frei, zieht ab - doch Frank Rost hält überragend! Für den HSV-Keeper ein guter Grund, gleich los zu stapfen und sich Gojko Kacar zu greifen, der gerade zufällig im Weg stand. Hypnotisch starrte Rost ihm in die Augen, sprach beschwörende Formeln und setzte ihm den Zeigefinger mitten auf die Stirn: Er wollte in Kacars Kopf! Nur: Was wollte er da drin?! Linux installieren? Pornos runterladen? Oder einfach nur Hallo sagen? Rost wusste es offenbar selbst nicht so genau. Bald ließ er von der Festplatte des Serben ab, schlich murmelnd in seinen Käfig zurück und erinnerte dabei an einen dieser Typen, die in Hausschuhen vorm Getränkemarkt rumlungern und Selbstgespräche führen. Ein sehr merkwürdiger Mann.

2. Das Schicksaldingens: Mit Gladiolen im Haar und Sonnen im Knopfloch saß Mario Gomez hell erleuchtet unterm Bodhibaum und berichtete dem Mob von seinen Heldentaten. Wie er eins, zwei, drei Mal gegen Hannover netzte, und wie er es schon vorher wusste: "Als ich gehört habe, dass ein Mario Gomez in Chile als Erster von 33 Bergleuten gerettet wurde, war für mich klar, dass das nächste Spiel für mich laufen wird." Der Bergmann Gomez wurde zwar als Neunter gerettet, nachdem zuvor auch schon Vidal ans Tageslicht geholt wurde, aber immerhin trägt Stürmer Gomez die Rückennummer 33: "Und das war kein Zufall, es war Schicksal." Die Vorstellung, der liebe Gott hätte in seiner unendlichen Güte und mit einem riesigen Bohrer die verschütteten Kumpels auch deshalb aus dem Stollen befreit, damit ein Bayern-Spieler wieder trifft, ist, wie jedes esoterische Geschwurbel, vielleicht ein ganz klein wenig egozentrisch. Eine schöne Geschichte gibt sie trotzdem her. Vor allem für Mario Gomez.

3. Wie bitte?! Das soll nun wieder zynisch gewesen sein? So ein Unsinn. Zynisch ist was ganz anderes! Wurst im eigenen Darm ist zynisch. Oder Braafheid und Ottl spielen zu lassen, nur um einen Südamerikaner zu vergraulen. Das ist zynisch!

4. Frage des Timings: Apropos zynisch und apropos sehr merkwürdige, alte Männer: Haben Sie das auch gelesen? Während die Bayern um Arjen Robben und Mark van Bommel trauern, hat die FIFA den niederländischen Verband mit dem "Medical Centre of Excellence Award" ausgezeichnet. Wie der Name sagt: Ein Preis für eine vorzügliche medizinische Abteilung.

Und weiter? Ja, nichts weiter! Keine weitere Stellungnahme. Keine Erklärung, kein Eintrag auf der offiziellen Homepage, kein Kommentar.

Aber hey, so ist sie halt, die FIFA. Lässt einfach einen fahren - und geht dann aus dem Zimmer.

5. Tatort Millerntor: Kennen Sie Markus Mendler? Kannten wir auch nicht, der Mann hat nämlich keinen Eintrag bei Wikipedia. Das sollte man nun aber nachholen, denn Nürnbergs Trainer Dieter Hecking wechselte den 17-Jährigen in der 86. Minute auf St. Pauli ein. Und Mendler brach auch prompt gen Strafraum auf, ließ sich dort hübsch fallen - und guckte erwartungsfroh zum Schiri. Doch der sagte nur lässig: "Nope. Eine Schwalbe macht noch keinen Möller", und zeigte dem jungen Mann die Gelbe.

6. Die Poldi-Sache: Auch wenn der Effzeh-Fan es vielleicht vermissen wird: Auf Lukas Podolskis gescheiterter Agenda 3.0 und dem Vergeltungsschlag durch Nuri Sahin braucht man eigentlich nicht weiter rumzuhacken. Immerhin hat Poldi was fürs Leben gelernt: Dortmund ist nicht Kasachstan; und kleine Sünden bestraft Allah sofort.

7. Steinigt ihn: Laut BGB ist Selbstjustiz in Deutschland strafbar, das ist uns aber egal. Und da Sahin sein Schicksal eh schon in die eigenen Füße nahm, zitieren wir nun auch einen Aufruf seines Trainers Jürgen Klopp in voller Länge: "Irgendein Schwachkopf hat vor dem Spiel im Wald einen Stein auf unseren Bus geworfen, ist abgehauen und hat sich feiern lassen. Das war eine feige und lächerliche Aktion. Wer auch immer heute Abend in der Kneipe von einem erzählt bekommt, dass er den Stein geworfen hat: Schmiert ihm eine!"

8. Nochmal Tatort Millerntor: Fast unbemerkt vom öffentlichen Interesse trug sich dort am Samstag nämlich noch eine ungeheuerliche Schiedsrichterbeleidigung zu. In einem kurzen Disput zwischen Nürnbergs Torhüter Raphael Schäfer und Schiri Peter Gagelmann sollen laut Aussage des Anklägers tatsächlich die Worte gefallen sein: "Halt Dein Maul und hau ab!". Warum es dafür nicht sofort Glattrot gab? Weil Schäfer nun mal keine Karten einstecken hatte. Es war nämlich Herr Gagelmann, der sich im Ton vergriffen hatte.

9. Und gleich wieder Millerntor: Weil Pauli gegen Nürnberg ja nur hässlich werden konnte, ließ Ober-Zecke Holger Stanislawski am Tag vor dem Spiel noch fleißig Eckbälle trainieren. Und siehe da: Ecke Pauli, Tor Asamoah, 1:0! Viertelstunde später: Ecke Pauli, Kopfball Asamoah, Tor Ebbers, 2:1! Wahnsinn, oder? Der Stani ist ein Trainerfuchs! Dachten alle. Nur wir nicht.

Wir sprachen nach dem Spiel nämlich mit Asamoah - und der verriet: "Ebbers und ich waren beim Standardtraining gar nicht dabei. Wir beide haben an der Kollaustraße trainiert und die Standardtruppe war im Stadion. Deswegen wusste ich gar nicht, was ich bei der Ecke machen sollte und habe mich einfach irgendwo hingestellt - und dann kam der Ball..."

10. Was geht ab? Frap!pier!end! Was da unter der Woche in Stuttgart abging, das kommt einem doch unheimlich bekannt vor. Die Parallelen sind frappierend: Eine Mannschaft, die sich in der Vorsaison noch ins internationale Geschäft gemogelt hat, gibt Schlüsselspieler ab und hat angeblich kein Geld für neue. Sie schlägt sich in Europa achtbar, stürzt aber in der Bundesliga mit nur einem Sieg und sechs Niederlagen auf Platz 18 ab. Nach Kompetenzgerangel mit dem Vorstand wird nach dem 7. Spieltag also der Trainer entlassen, ein Schweizer, der als einziger im Verein noch einen Plan hat. Das ist doch alles genau so schon mal dagewesen! Und das Ende vom Lied? "Hey, was geht ab? Die Hertha spielt Montagnacht, Viertel nach Acht, das geht ab..."

11. Und apropos Stuttgart: Der Schwabe hat's nicht leicht. Vor allem dann nicht, wenn er wirklich Großes sagen will. Da saß VfB-Boss Erwin Staudt also auf der Pressekonferenz und wurde gefragt, ob das denn wirklich eine gute Idee sei, ausgerechnet das Glamour-Duo Jens Keller und Jürgen Kramny aus dem zweiten Glied ins erste zu befördern. Da blies der Chef aber die Backen auf! Immens wichtig saß er da, der Staudt, und tat, als könne er die Lepra heilen - und fing dann langsam an zu sprechen: "Desch koi broblem. Desch bloß'n Abrgäid." Auf Hochdeutsch: Alles easy, nur ein Upgrade. Wow!! Und dafür beantragen wir jetzt bei der FIFA die Einführung des nächsten Ehrenpreises: Den "Self-Parody of Manager-Gebrabbel of Excellence Award".  Blatter, übernehmen Sie!

Der 8. Spieltag im Überblick

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