Overath: Erst Zweifel, jetzt Euphorie

SID
Wolfgang Overath ist seit fünf Jahren Präsident des 1. FC Köln
© Getty

Beim leidenschaftslos geführten Spiel seiner Mannschaft gegen Hannover litt Wolfgang Overath wie ein Hund und wollte alles hinwerfen, 16 Tage später verbreitete er als wiedergewählter Präsident Euphorie und Aufbruchstimmung beim 1. FC Köln.

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Mit einer emotionalen 25-Minuten-Rede riss der Weltmeister von 1974 am Montag auf der Jahreshauptversammlung die Mitglieder des Fußball-Bundesligisten mit und fand auch nach seiner Wiederwahl mit 98 Prozent der Stimmen markante Worte.

"Der FC ist einfach mein Verein, und das wird sich nie ändern", sagte das Fan-Idol der 70er-Jahre: "Selbst wenn Köln in die Kreisklasse absteigen und Leverkusen in der Champions League spielen würde - ich würde immer noch zum FC gehen."

Langfristige Versprechungen wollte der inzwischen 66-Jährige nicht machen, doch die kurzfristige Chance auf einen Titel will er ergreifen. "Im DFB-Pokal müssen wir unsere Chance mit allem, was wir haben, nutzen. Auf so eine Chance haben wir jahrelang gewartet", sagte Overath und ergänzte mit Blick auf das Viertelfinale beim Zweitligisten FC Augsburg: "Ihr müsst alle nach Augsburg fahren. Und wenn wir im Halbfinale ein Heimspiel haben, muss das Stadion brennen."

Overath: "Das tat richtig weh"

Die rund 1700 Mitglieder, die immer noch den guten alten Zeiten mit drei Meisterschaften und vier Pokalsiegen zwischen 1964 und 1983 nachtrauern, hatte der einstige Spielmacher so auf seiner Seite. Doch wie die Fans ist er mit den aktuellen Leistungen des Tabellen-13. nicht zufrieden.

Vor allem der sportliche Offenbarungseid beim 0:1 gegen Hannover 96 am 31. Oktober traf den seit Juli 2004 amtierenden Präsidenten bis ins Mark. "Da gehts du kaputt auf der Tribüne. Ich habe gedacht, das hältst du nicht durch. So ein extremes Spiel habe ich noch nie gesehen. Das war unvorstellbar, das tat richtig weh, da kannst du dich nur noch schütteln", schilderte er seine Gefühle.

Overath gab zu, zu diesem Zeitpunkt den Verzicht auf die erneute Kandidatur erwogen zu haben: "Ich mache das nun fünf Jahre, und ich werde nicht jünger. Außerdem habe ich privat mit meinen Immobilien viel um die Ohren. Da kommt schon die Frage auf, ob man noch weitermacht. Vor allem nach so einem Spiel."

Das Signal kam in Berlin

Mitentscheidend, sich für weitere vier Jahre zur Wahl zu stellen, sei das 1:0 bei Hertha BSC Berlin gewesen: "Nachdem ich mit den Jungs geredet habe, haben sie in Berlin nicht gut gespielt, aber gefightet bis zum Schluss. Das war das Signal." Die harmonisch verlaufene Sitzung am Montag, "eine, wie ich sie noch nie erlebt habe" (Overath), soll nun ein weiteres sein.

"Was wir hier erlebt haben, müssen die Spieler mitnehmen", meinte der Klub-Chef, der zur Feier des Tages entgegen seiner Gewohnheit eine Krawatte getragen hatte: "Wir haben die Leute zehn Jahre lang enttäuscht. Aber wenn ich sehe, wie die Menschen am FC hängen, geht mir das Herz auf."

Mit einer solch positiven Reaktion habe man nicht rechnen können, "schließlich sind wir 13. Wenn wir unter den ersten Vier oder Fünf stehen würden, würden die Leute wahrscheinlich den Saal abreißen."

Overath fordert weitere Identifikationsfigur

Doch Overath kennt die kölsche Fan-Seele, die stets nach der Teilnahme am Europapokal giert. "Auch ich habe mir das hier leichter vorgestellt", sagte er und appellierte: "Wir brauchen Zeit, Geduld und Glück." Zudem wolle man den Anhängern auf absehbare Zeit eine weitere Identifikationsfigur neben dem Prinzen Lukas Podolski geben.

Deshalb riet der Präsident Trainer Zvonimir Soldo "unsere 17- bis 18-Jährigen spielen zu lassen, sobald wir die Abstiegszone verlassen haben". Denn, so ergänzte das kölsche Idol mit einer weiteren bejubelten Spitze auf den ungeliebten Rivalen aus Leverkusen: 'Wir müssen eigene Spieler rausbringen. Wir sind nicht Bayern München und haben auch kein Werk im Rücken wie ein Verein hier aus der Nachbarschaft."

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