Paradoxe Hilfestellung

Von Florian Bogner
Uli Hoeneß will sich am 27. November zum Präsidenten des FC Bayern München wählen lassen
© Getty

Uli Hoeneß und Franz Beckenbauer gefallen sich in einem "Bild"-Interview als mahnend belehrende Vereinsoberhäupter und bieten Louis van Gaal nach mehreren kritischen Worten ihre Hilfe an. Nur ist das Signal nicht ein völlig falsches?

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Das Doppel-Interview mit Uli Hoeneß und Franz Beckenbauer am Donnerstag in der "Bild" ließ kaum eine Frage offen. Philipp Lahms Kritik, Louis van Gaal, die sportliche Krise - die beiden Bayern-Granden ließen kein Thema aus und plauderten dazu noch launig aus dem Nähkästchen. Ein Fest für jeden Stammtisch.

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Allein die Frage bleibt: Was um Himmelswillen wollten Hoeneß und Beckenbauer damit bezwecken? Sollte ihr Auftrag gewesen sein, den Trainer bloßzustellen, ist ihnen das vortrefflich gelungen.

Auf die Frage, wer von beiden im nächsten Sommer noch da ist, Luca Toni oder van Gaal, mit: "Schwierig zu sagen. Im Moment gibt es eine gewisse Problematik zwischen Trainer und Spieler", zu antworten, ist wahrscheinlich grundehrlich, in Bezug auf den Trainer aber ein verdammt vernichtendes Zeugnis.

Fachmann oder Novize?

Man kann sich alles so schön ausmalen, wie das wohl abgelaufen ist. Wie Hoeneß im Gespräch mit den "Bild"-Reportern mit ausladender Gestik schwadroniert. Wie Beckenbauer, milde lächelnd, von der WM 1986 erzählt, als er als Trainer-Novize noch für jede Rolle fehlendes Klopapier selbst zur Rezeption rannte. Und van Gaal dann den Rat gibt, noch lernen zu müssen, "Vertrauen und Verantwortung zu delegieren". Nur ist van Gaal selbst kein Novize.

Der FC Bayern hat im Sommer Louis van Gaal als "absoluten Fußballfachmann" engagiert. Ein Prädikat, das Hoeneß immer gerne benutzte, um van Gaal von seinem Vorgänger abzuheben.

Van Gaal damit auch die Hoheit über die fußball-fach-spezifischen Dinge des Profigeschäfts zu übergeben, könnte man als selbstverständlich ansehen. Ist es aber mitnichten. Nicht beim FC Bayern. Wer das bisher noch nicht begriffen hat, weiß es spätestens seit diesem Interview.

Hoeneß gibt 4-4-2 vor

Beispiel gefällig? Landein, landaus war man sich bis dato einig, der Holländer bevorzugt bei Bayern nach dem gescheiterten Experiment, Franck Ribery als Spielmacher eines 4-4-2 zu integrieren, ein 4-3-3-System. Die Verpflichtung Arjen Robbens wirkte wie das letzte Puzzleteil dieser taktischen Marschroute.

Und dann liest man dieses Interview. "Wir haben mit van Gaal vor dem Robben-Transfer klar besprochen, dass man mit diesen Spielern auch 4-4-2 spielen kann. Wir wollen 4-4-2 spielen! Mit zwei Außen, einem etwas defensiveren Mittelfeld und zwei Stürmern. Bayern kann doch in einem Heimspiel mit zwei Angreifern spielen. In 80 Prozent der Spiele kann die Marschroute 4-4-2 sein", sagt Hoeneß. Das nachgeschobene "Das sieht auch van Gaal so", mag man ihm trotzdem nicht glauben.

Nun lässt sich trefflich drüber spekulieren, ob diese Aussage nun lediglich eine öffentliche Antwort auf Lahms Kritik (Stichwort: fehlende Spielphilosophie), simple Rechtfertigung des Gomez-Transfers, oder am Ende tatsächlich so zwischen Vorstand und Trainer besprochen worden ist. Die Grundaussage aber bleibt: Ich, Uli Hoeneß, spreche überall mit. Und dem Trainer überall rein, wenn es sein muss.

Wie weit darf van Gaal selbst entscheiden?

Fast höhnisch wird es, als Hoeneß zu erklären versucht, warum van Gaal Schwierigkeiten hat, Verantwortung zu delegieren. Er habe ja bislang in keinem seiner Klubs "so eine geballte Kompetenz" im Vorstand gehabt, vielleicht tue er sich da im Moment noch "ein bisserl schwer".

Von Vorstandsseite aus wolle man ihm ja stets nur helfen und ihm einen Teil der großen Verantwortung hin und wieder abnehmen. Und wieder ist der Nachsatz nur schwer zu glauben. "Am Ende muss er das, was auf dem Platz passiert, selbst entscheiden", sagt Hoeneß.

Doch kann das ein Trainer beim FC Bayern wirklich? Hoeneß muss es eigentlich besser wissen. Und doch sagt er unschuldig: "Ich zermartere mir den Kopf, warum das bei uns so schwierig ist mit den Trainern. Ich bin noch zu keinem endgültigen Urteil gekommen."

Bewertung ist eindeutig

In der Bewertung des Interviews waren sich die Medien abseits der "Bild" übrigens einig. Stellvertretend für ein Dutzend Online-Portale war bei der "tz-online" am Mittag zu lesen: "Bayern-Führung kritisiert van Gaal scharf."

Zum Thema öffentlicher Kritik sei hier noch mal angeführt, was in der Bayern-Erklärung zu den Geldstrafen von Philipp Lahm und Luca Toni stand: "Es ist ein absolutes Tabu, in der Öffentlichkeit Kritik gegen den Klub, den Trainer und Mitspieler zu äußern." Nur gilt das offensichtlich nicht für den Vorstand.

Hoeneß verabschiedet van-Gaal-System