Haste Hertha am Fuß...

Von Stefan Moser
Klinsmann raus, Klinsmann raus! Die Bayern nach der Nullnummer gegen Köln...
© Getty

Sollte Friedhelm Funkel sich nicht vollständig darüber im Klaren gewesen sein, was ihn erwartet, wenn er versucht, die alte Dame aus Berlin zu reanimieren - spätestens jetzt weiß er Bescheid. Bei der 1:3-Pleite der Hertha gegen Hamburg leistete das Schicksal nämlich ganze Arbeit und führte die Berliner gnadenlos am Nasenring durch die Manege.

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Die ärmste Sau war dabei der erst 19-jährige Ersatz-Torhüter Sascha Burchert, der sich kurz nach seiner Einwechslung gleich zwei derart groteske Hütten einfing, dass man das Schicksal ernsthaft fragen muss: Bist Du eigentlich Sadist?

Burchert zu Ehren und Berlin zum Trost widmen wir deshalb zum ersten Mal in der Geschichte eine ganze Alternative Liste einem einzigen Verein: Hertha BSC! Wenn das mal gut geht...

1. Präambel: Eins nur vorweg: Öffentlich bezeugtes Mitleid tut ja manchmal doppelt weh, denn es streut Salz in die Wunde und wirkt bisweilen hämisch oder sogar demütigend. Um nicht missverstanden zu werden, schicken wir deshalb gerne die folgende Bemerkung voraus: Ach, arme Hertha! Dir wird gerade wirklich übel mitgespielt, Du kannst einem echt Leid tun!

2. Überschätzt: "Wir sehen in Berlin nicht den Tabellenletzten", sagte HSV-Coach Bruno Labbadia übrigens am Sonntag vor dem Spiel bei Hertha BSC: "Wir sehen vielmehr die Mannschaft, die in der letzten Saison um den Titel mitgespielt hat." Ist ja echt urkomisch, Bruno: Genau den gleichen Fehler machen die Berliner nämlich schon seit acht Spieltagen.

3. Favres Heimtücke: Damit wir uns nicht falsch verstehen: Der Berliner Kader ist mit Sicherheit noch immer allererste Sahne. Nicu, Stein, Dardai, Wichniarek: Theoretisch sind das alles Spitzenkräfte - nur eben in der 2. Liga.

Genau das macht ja den geheimen Plan von Lucien Favre so extrem teuflisch: Der durchtriebene Schweizer hat die Mannschaft derart mysteriös zusammengestellt, dass nur er alleine in der Lage wäre, damit noch Platz 15 zu erreichen. Jeder andere aber steigt vermutlich gnadenlos ab...

4. Verspekuliert: Allerdings ist daran selbstverständlich niemand schuld, denn gute Spieler wachsen nicht auf Bäumen. Also woher nehmen, wenn nicht stehlen, die Hertha hat ja gar kein Geld.

Da muss man halt auch mal am richtigen Ende sparen - und so zahlt Berlin eben mittlerweile jede Menge Abfindungen. Neben den zwei Trainern Favre und Gämperle bekommen auch die im Sommer geschassten Herren Hoeneß (Manager), Sauer (Jurist) und Felder (Pressesprecher) reichlich Kohle. Macht summa summarum gut 3,5 Millionen Euros - oder umgerechnet: einen Zweijahresvertrag für Marko Pantelic.

5. Anschauungsunterricht: Wie man allerdings auch ohne Geld die Tore schießt, machte Schalkes Insolvenzverwalter Felix Magath schon am Freitag vor: Er holte nämlich ganz einfach die Fleisch gewordene Brechstange Gerald Asamoah aus dem Keller, streifte ihr ein königsblaues Trikot über und ließ sie gegen Frankfurt das 1:0 köpfen. Was Asamoah wiederum zur folgenden erbaulichen Erzählung trieb: "Gestern im Training habe ich noch die Bälle reihenweise versiebt. Da hat der Trainer schon gesagt: 'Wie kann der Typ mal gegen die Bayern ein Kopfballtor gemacht haben?'" Besagtes Tor stammt übrigens vom 16. Oktober 2004, als Schalke in München mit 1:0 gewann. Bayern-Trainer damals? Natürlich: Felix Magath.

6. Du bist nicht allein: So viel Frohsinn ist moralisch wertvoll, nun müsste es der Hertha also schon viel besser gehen. Oder? Nein?! Also dann: Vielleicht hilft ja geteiltes Leid. Für Wolfsburg läuft es derzeit nämlich auch nicht so besonders, im Gegenteil: Das Schicksal quält den deutschen Meister. Obafemi Martins' Schuss aus 14 Metern ist dafür nur ein Sinnbild: an den linken Innenpfosten, kurzer Smalltalk mit der Torlinie, an den rechten Innenpfosten, und wieder raus. Das war physikalisch eigentlich unmöglich, ist aber tatsächlich so passiert. Haste Hertha am Fuß, haste Hertha am Fuß!

7. Flanken sind total Banane: Und? Schon besser, Tante Hertha? Immer noch nicht! Wie wär's dann mit ein bisschen Schadenfreude, etwas Häme für den großen FC Bayern? Und das geht so: Aus vollem Lauf, aus dem Stand, mit ganz viel Zeit, mit ganz wenig Zeit, volley oder als Freistoß: Da war alles dabei! Die Bayern hauten gegen Köln wirklich jede einzelne Flanke hinters Tor.

Der Lell der Woche geht dabei eindeutig an Edson Braafheid, der selbst die Eckbälle noch ins Toraus bolzte. Und so kommt's, dass die Münchner 0:0 spielten, nach acht Spielen nun exakt die gleiche Bilanz vorzuweisen haben wie nach acht Spielen unter Klinsmann und insgesamt bereits seit 237 Minuten auf einen Treffer warten. Ergo: Daniel van Buyten muss dringend seine Torflaute beenden!

8. Apropos: Und außerdem! Die Bayern sind jetzt schon seit exakt 506 Tagen nicht mehr Tabellenführer. Und in dieser Zeit warst selbst Du, Hertha, schon an der Spitze. Ganze fünf Mal sogar!

9. Geteiltes Leid, reloaded: Und auch mit ihren Personalproblemen steht die Hertha nicht alleine da, auch den Bayern fehlt die halbe Mannschaft: Namentlich verletzt ist Arjen Robben. An der Schleimhautfalte nämlich. Das klingt, als müsste er damit zum Proktologen, ist in Wahrheit aber eine Kniegeschichte. Die kleine Sehne liegt im Innern des Gelenks und ist ironischer Weise total sinnlos. Sie ist völlig überflüssig, man braucht sie nicht, sie ist zu nichts nutze, sie erfüllt keinen Zweck - außer vielleicht diesen: Den FC Bayern daran zu erinnern, dass Arjen Robben wirklich verletzungsanfällig ist.

10. Kleiner Tipp: Falls es Dir, Hertha, nun immer noch nicht besser geht, hätten wir da auch noch einen guten Rat. Anstatt Dir spieltäglich das Selbstvertrauen zu zerstören, lass doch einfach mal ein Pflichtspiel weg! Such Dir lieber einen lustlosen Bezirksligisten, mach ein nettes kleines Trainingsspiel, studier' ungestört ein paar Spielzüge ein und gewinn am Ende im Vorbeigehen mit 2:0. Hat Werder Bremen ja am Sonntag auch gemacht...

11. Das war's: So, Hertha, mehr Trost haben wir nicht, Du hast restlos alles aufgebraucht! Sollte es Dir immer noch nicht besser gehen, hilft nur noch eins: an was anderes denken, sich ablenken, billig Spaß haben.Nach alter Väter Sitte eignen sich dafür vor allem drei Dinge ganz hervorragend: FDP-Wählern mal wieder mit der Hölle drohen, Kinder machen, oder wissenschaftliche Experimente aus Großbritannien nachstellen: Luat enier Sidtue an eienr elgnhcsien Uvrsnäiett ist es eagl, in wcheler Rhnfgeeloie die Bstuchbaen in eniem Wrot snid. Das eniizg Whictgie ist, dsas der etrse und der lztete Bstuchbae am rtigeichn Paltz snid. Der Rset knan tatol deiuranchnedr sien und man knan es imemr noch onhe Porbelme lseen. Das legit daarn, dsas wir nhcit jeedn Bstuchbaen aeilln lseen, srednon das Wrot als Gzanes. Ertsuanlcih, nciht?

Der 8. Spieltag im Überblick