Babbels zehn Probleme

Von Stefan Rommel
Unter Druck: Stuttgarts Trainer Markus Babbel und Sportvorstand Horst Heldt
© Getty

Der VfB Stuttgart steckt schon früh in der Saison in seiner ersten veritablen Krise. Das 0:2 gegen den bis dahin sieglosen 1. FC Köln ist der bisherige Tiefpunkt und macht aus einem durchwachsenen Auftakt einen ausgewachsenen Fehlstart.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Für Kölns Trainer Zvonimir Soldo ist und bleibt Stuttgart ein tolles Pflaster. Zehn Jahre wirkte der Kroate als Führungsspieler beim VfB. Jetzt zog er mit seinem ersten Sieg als Bundesligatrainer beim 2:0 in Stuttgart seinen Kopf aus der Schlinge.

Nicht wenige hatten Soldo bei einer neuerlichen Niederlage nur noch wenige Wochen auf der Kölner Bank gegeben. Jetzt aber hat der FC dank einer konzentrierten Vorstellung einen ersten Schritt aus dem Schlamassel getan - und einen konsternierten VfB Stuttgart in eben jenem hinterlassen.

Die Gründe für den völlig verpatzten Saisonstart der Schwaben - den schlechtesten seit 32 Jahren - sind vielfältiger Natur. Eine Bestandsaufnahme.

Die neue Situation: Markus Babbel hat die Mannschaft übernommen, als sie am Boden lag. Eine relativ dankbare Aufgabe, weil der Novize nicht viel verlieren, aber fast alles gewinnen konnte.

Jetzt versucht er, die Mannschaft wieder in eine Form zu pressen, die für die Rückrunde der letzten Saison gepasst hat. Nur sind die Voraussetzungen und die Situation aber ganz andere. Die Erwartungshaltung ist gestiegen, der VfB ist fast immer der Gejagte, die Gegner spielen meist noch destruktiver als zuvor. Nur: Dafür findet Babbel bisher noch kein modifiziertes Rezept.

Gegen die Rangers entglitt der Mannschaft in der zweiten Halbzeit das Spiel von Minute zu Minute mehr - mit Ausnahme des angeschlagenen Hleb wechselte Babbel aber bis zur 88. Minute nicht aus. Manchmal kommen Impulse auch von der Bank, gerade wenn es ein verfahrenes Spiel ist gegen einen defensiv dicht gestaffelten Gegner. "Wir waren ideenlos, haben grobe Fehler gemacht und kein Konzept gefunden gegen einen defensiv eingestellten Gegner", gab Sportvorstand Horst Heldt zu.

Trainer Babbel bläst erstmals ein ziemlich kalter Wind ins Gesicht: "Es ist mit Sicherheit meine schwierigste Situation als Trainer. Da habe ich noch nicht so viel Erfahrung. Ich habe aber das große Glück, das als Spieler schon miterlebt zu haben. Insofern ist das keine neue Situation für mich, sondern nur von einen anderen Sichtweise aus."

Der Reinfall mit der Rotation: Bereits am 2. Spieltag setzte Babbel auf die große Rotation a la Hitzfeld. Der Kader war dafür aber nicht gefestigt genug, was der Trainer jetzt auch eingesehen hat. Mit der Kreativzentrale im Mittelfeld und dem Stoßstürmer sind zwei Schlüsselpositionen neu besetzt, die Automatismen greifen nicht.

Rotation ist angesichts der Dreifachbelastung eine tolle Sache, zu Beginn der Saison für eine Mannschaft mit einer neuen Struktur aber nicht empfehlenswert.

Jetzt muss er mit der Konsequenz leben, und die heißt: Die Mannschaft muss sich im Wettkampf finden. "Die Mannschaft hat damit Probleme gehabt. Jetzt müssen wir versuchen, eine Mannschaft zu finden, die möglichst schnell ein Erfolgserlebnis vorzuweisen hat", sagt Babbel. Dass da der eingeforderte Ertrag in Form der nötigen Punkte auf der Strecke bleibt, ist nicht zu verhindern.

Das Verhältnis von Trainer und Kapitän: Thomas Hitzlsperger hatte keinen guten Start in die Saison, überzeugte weder im Verein noch in der Nationalmannschaft. Gegen die Rangers war Hitzlsperger eine Halbzeit lang wieder der Alte, um dann in den zweiten 45 Minuten das Heft aber völlig aus der Hand zu geben. Also stand Hitz gegen Köln gar nicht im Kader. "Wir haben Thomas heute einfach mal eine Pause gegeben", sagte Heldt. Eine Kreativpause, eine schöpferische Pause. Für den Kapitän der Mannschaft. Nach sechs Spieltagen.

"Das haben wir in der Saison ja auch schon mit anderen Spielern gemacht, die dann nicht gespielt haben", sagte Heldt im "DSF". "Aber die derzeitige Leistung ist kein Thema, das man an einzelnen Spielern festmachen kann. Natürlich haben wir ein Kopf-Problem. Das gilt es zu lösen und das haben derzeit viele Spieler."

Das Verhältnis der Mannschaft zur sportlichen Leitung: "Wir müssen Lösungen finden. Wir haben das auch im Vorfeld versucht: Da ist das ein oder andere Wort schon gefallen", sagte Heldt nach dem Spiel. Aber ganz offenbar sind die Worte der sportlichen Leitung bei der Mannschaft nicht auf offene Ohren gestoßen.

Als es zum letzten Mal verbal so richtig krachte, hatte der VfB gerade 0:4 in Bremen verloren und Heldt unmittelbar nach dem Spiel so richtig einen rausgehauen und der Mannschaft für ihre Nicht-Leistung gehörig den Kopf gewaschen. Danach holte der VfB im Endspurt 25 von 30 möglichen Punkten. Von solch einer Reaktion ist Stuttgart im Moment Lichtjahre entfernt.

Die vielen Konzentrationsschwächen: Fast jeder Führungsspieler hat nach nur sechs Saisonspielen schon mindestens einmal böse gepatzt.

Lehmann (gegen Köln), Tasci (gegen Wolfsburg), Hitzlsperger (gegen Hamburg), auch der zuletzt einzige Lichtblick Träsch ließ sich anstecken.

Der VfB bekommt keine Partie über 90 Minuten konzentriert und fokussiert zu Ende gespielt. "Die Gegentore waren viel zu einfach. Solche Fehler darf man sich in dieser Liga nicht erlauben", sagte Babbel.