"Bundesliga ist für uns ein Privileg"

Von Interview: Andreas Lehner
Heiko Butscher kam 2007 ablösefrei vom VfL Bochum zum SC Freiburg
© Getty

Seit zwei Jahren spielt Heiko Butscher jetzt beim SC Freiburg. Im Breisgau gehört der bekennende Rock-Musik-Fan zu den absoluten Leistungsträgern. Kein Wunder also, dass er der verlängerte Arm von Robin Dutt auf dem Platz ist. Mit SPOX sprach Butscher über seine Liebe zur Musik, die bisherige Punkte-Ausbeute und den Verletzten Ömer Toprak.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Herr Butscher, Sie sind ein sehr musikalischer Typ und setzen sich zum Abreagieren gerne mal ans Schlagzeug. Wie oft haben zuletzt im Hause Butscher die Wände gewackelt?

Butscher: Eigentlich nie. Das liegt aber nur daran, dass mein Schlagzeug nicht in Freiburg steht, sondern bei meinen Eltern zu Hause.

SPOX: Sonst hätten Sie es nach den letzten Niederlagen öfter krachen lassen.

Butscher: Ganz bestimmt. Das habe ich schon in der Schule immer so gemacht, wenn ich schlechte Noten bekommen habe. Das kam dann fast wöchentlich vor.

SPOX: So schlecht können Ihre schulischen Leistungen nicht gewesen sein. Immerhin studieren Sie jetzt Wirtschaftswissenschaften an der Fern-Uni Hagen.

Butscher: Ja. Und es macht mir richtig viel Spaß, neben dem Fußball was für den Kopf zu machen. Momentan geht es zwar etwas schleppend, aber ich habe auch keinen Zeitdruck. Zum Ende meiner Karriere will ich natürlich fertig sein.

SPOX: Müssen Sie den Stoff dann immer alleine pauken, oder gibt's Lerngruppen mit anderen Spielern?

Butscher: Noch bin ich alleine. Aber Stefan Reisinger habe ich gerade animiert. Er interessiert sich sehr dafür. Als ich noch in Bochum gespielt habe, hat mich Michael Meichelbeck erst dazu gebracht. Der hat Psychologie studiert und ist jetzt gerade fertig geworden.

SPOX: Und wer hat Sie zum Schlagzeug gebracht?

Butscher: Meine Familie. Ich komme aus einem kleinen Ort und da sind fast alle im Musikverein. Irgendwann wurde dann mal ein Schlagzeuger gesucht und das hat mich interessiert. Ich habe neun Jahre Unterricht genommen, aber irgendwann ließ es sich zeitlich nicht mehr mit dem Fußball vereinen. Jetzt spiele ich nur noch, wenn ich bei meinen Eltern bin.

SPOX: Also gibt's auch keine Band im Moment?

Butscher: Nein, leider nicht. Ich hätte wahnsinnig Bock drauf, aber das geht zeitlich einfach nicht. Vielleicht klappt's nach der Profi-Karriere.

SPOX: Welche Musik würde man von Butscher und Band hören?

Butscher: Irgendwas in der Rock-Punk-Schiene. Chad Smith von den Red Hot Chili Peppers und Lars Ulrich von Metallica sind meine Vorbilder. Deshalb haben mir Spiele gegen St. Pauli auch immer sehr viel Spaß gemacht. Da läuft beim Aufwärmen schon AC/DC und Manowar. Einfach überragend!

SPOX: Trotzdem wollen Sie im nächsten Jahr wahrscheinlich nicht wieder gegen St. Pauli in der 2. Liga spielen.

Butscher: Natürlich nicht.

SPOX: Nach fünf Spielen stehen sie aber nur mit vier Punkten da. Ihr Trainer sagt, das sei zu wenig.

Butscher: Da hat er auch Recht. Aber die Art und Weise, wie wir Fußball spielen, macht mir Hoffnung. Wir haben gezeigt, dass wir in der Liga mithalten können und guten Fußball spielen. Die Mannschaft hat die Rückschläge bisher gut verdaut und arbeitet im Training sehr engagiert. Das stimmt mich zuversichtlich, dass das mit dem Klassenerhalt klappt.

SPOX: Sie waren in vielen Spielen mindestens gleichwertig, zum Teil sogar besser. Was fehlt, um diese Spiele zu gewinnen?

Butscher: Das ist eine gute Frage. Wir machen im Moment noch Fehler, die andere Mannschaften nicht machen. Aber wir sind eine junge Truppe, die viel Potenzial hat. Unsere jungen Spieler müssen sich noch weiterentwickeln. Und ab und zu wünscht man sich auch ein bisschen mehr Glück wie gegen Frankfurt beim Lattenfreistoß von Banovic.

SPOX: Zwölf Gegentore sind aber nicht allein auf fehlendes Glück zurückzuführen.

Butscher: Auf keinen Fall. In der Bundesliga werden die Fehler einfach viel härter bestraft als in der 2. Liga. Das werden und müssen wir abstellen. Spiele wie gegen Leverkusen, wo man fünf Stück kriegt, kommen nicht so oft vor. Das ist einfach beschissen gelaufen. Daraus werden wir lernen und die richtigen Schlüsse ziehen.

SPOX: An ihrer offensiven Spielweise werden Sie deshalb nichts ändern?

Butscher: Wir werden weiterhin so spielen. Das ist unser Ding, da liegen unsere Stärken. Dass es klappen kann, haben wir vergangene Saison und auch in dieser Spielzeit schon phasenweise gezeigt.

SPOX: Wie reagiert Ihr Trainer Robin Dutt auf die Situation?

Butscher: Ganz ruhig. Er arbeitet ganz normal weiter, wie wir auch. Er stellt uns hervorragend auf die Gegner ein und kann uns auch top motivieren.

SPOX: Dutt fordert von seinen Spielern sehr viel Eigenverantwortung. Wie kann man sich das vorstellen?

Butscher: Robin Dutt legt sehr viel Wert auf Disziplin. Dem Trainer ist auch die Eigenverantwortung innerhalb des Spiels sehr, sehr wichtig. Er will, dass man die Initiative ergreift und nicht passiv ist. Dinge wie den Strafenkatalog erstellt aber die Mannschaft und nicht der Trainer. Für die Einhaltung der Regeln sind dann der Kapitän und der Mannschaftsrat verantwortlich.

SPOX: Eine Überwachung a la van Gaal gibt's in Freiburg also nicht.

Butscher: Nein. Robin Dutt bläut uns zwar immer wieder ein, was Profitum überhaupt heißt und dass wir hier das Privileg haben, in der Bundesliga zu spielen. Aber wir können uns frei bewegen und sind selbst für uns verantwortlich.

SPOX: Welche Aufgaben haben Sie dabei als Kapitän?

Butscher: Ich bin das Bindeglied zwischen Trainer und Mannschaft, falls es irgendwelche Probleme gibt. Natürlich muss ich mit gutem Beispiel voran gehen und motivierend auf die Spieler einwirken. Das hat auch viel mit Ordnung und Disziplin außerhalb des Platzes zu tun.

SPOX: Wie ist die Abstimmung mit Dutt im sportlichen Bereich?

Butscher: Wir sprechen im Mannschaftsrat oft mit ihm über die taktische Ausrichtung. Dutt will mündige Spieler. Wenn er etwas wissen will, spricht er uns ganz klar an und holt unsere Meinung ein. Letztendlich aber entscheiden er und das komplette Trainerteam.

SPOX: Sie haben einmal gesagt, dass Sie noch nie in einer Mannschaft mit so großem Zusammenhalt gespielt hätten. Liegt das an den Freiheiten, die ihnen Dutt gewährt?

Butscher: Zum einen daran und zum anderen an der Zusammenstellung des Kaders. Die Charaktere passen optimal zueinander. Der Aufstieg letzte Saison hat uns noch mal zusammengeschweißt, weil wir nicht als der Topfavorit in die Saison gingen. Jeder Spieler hat gesehen, wie wichtig es ist, sich einzubringen, Gas zu geben und von hinten Druck zu machen. Wir wissen, dass es nur über den Teamgeist geht. Das ist eine unserer Stärken und da können wir ein paar Prozent gegenüber den anderen Mannschaften rausholen.

SPOX: Vor der Saison hat der Ausfall von Ömer Toprak den Verein und die Mannschaft schwer getroffen. Wie geht's ihm jetzt?

Butscher: Ömer ist ganz nah an der Mannschaft dran. Er macht seine Reha in der Uni-Klinik und besucht uns so oft es geht. Wir haben ihn während seiner schweren Zeit im Krankenhaus auch ständig besucht. Er macht große Fortschritte, aber man darf nicht zu viel von ihm erwarten. Er wird sicher nicht in den nächsten zwei, drei Monaten fit werden. Jetzt ist es erstmal schön, ihn wieder ganz normal laufen zu sehen.

Hier geht's zum Steckbrief von Heiko Butscher