Uli Hoeneß als schlechtes Gewissen

Von Florian Bogner
Bastian Schweinsteiger spielt seit 2002 in der ersten Mannschaft des FC Bayern München
© Getty

Bastian Schweinsteiger blieb im ganzen Trubel um den FC Bayern München zuletzt nur eine Nebenrolle. Dabei steht der Nationalspieler vor einer wegweisenden Saison - er soll endlich den Durchbruch schaffen.

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Oliver Kahn gab ihm einst den Rat, mehr auf seine Körpersprache zu achten, den Kopf nicht immer zu tief, fast ehrfürchtig gesenkt, zu tragen. Bastian Schweinsteiger neigt nun mal dazu, allzu introvertiert in der Gegend rumzublicken. Kritiker sagen ihm ein zu großes Phlegma nach, um die Stufe zum Weltstar doch noch irgendwann zu erklimmen.

Uli Hoeneß hat seinen Warnschuss bereits vor Wochen abgegeben. "Man muss ihm die Frage ganz klar stellen, ob er weiterhin nur ein Mitläufer sein will", sagte er auf Schweinsteiger angesprochen, "ob das, was er im letzten Jahr gezeigt hat, so ist, wie er es sich bei uns vorgestellt hat." Oder eben so bleiben soll, wie Hoeneß es sich nicht vorstellt. Er erwartet endlich den großen Durchbruch des 25-Jährigen.

Die Sache mit dem Knie...

Dann kam auch noch die blöde Sache mit dem Knie dazu. Dass Schweinsteiger operiert werden musste, war klar - nur über den Zeitpunkt hatten Verein und Spieler unterschiedliche Ansichten. Der FCB hätte den Eingriff gerne direkt nach dem Saisonfinale platziert gesehen, Schweinsteiger wollte aber noch die fragwürdige Asien-Reise des DFB mitnehmen - als Führungsfigur und Ersatzkapitän.

Es ehrt ihn, die Verletzung verschleppt zu haben, um sich im Nationalteam noch mal zu profilieren. Löw gab ihm die Binde und ließ ihn hinter den Spitzen spielen. Beim FC Bayern ist er allerdings nach der langen Auszeit von beidem sehr weit entfernt.

"Schweinsteiger für die Zehn? Nein, er ist kein Kandidat", sagte Louis van Gaal in der vergangenen Woche und beendete damit Spekulationen um einen Einsatz auf dessen Lieblingsposition abrupt. "Er kann im Mittelfeld spielen, aber nicht als Zehn", so die unumstößliche Meinung des Trainers.

Wo soll er spielen?

Was die Frage aufwarf, wo für Schweinsteiger in van Gaals Überlegungen überhaupt Platz ist. Hinter den Spitzen darf er nicht, auf der Sechs gibt es genügend Alternativen. "Ein bisschen rechts oder ein bisschen links" von der Zentrale sieht van Gaal deshalb Schweinsteigers Position - was ihn in direkten Konkurrenzkampf mit rund einem halben Dutzend anderer Bayern-Spieler setzt.

Legt man die letzten Wochen zugrunde, ist Schweinsteiger bereit, ihn anzunehmen. Während Luca Toni und Franck Ribery der Musik nach mehreren Wehwehchen seit Beginn der Vorbereitung hinterherlaufen, hat der Nationalspieler die Lücke zu den anderen in kürzester Zeit fast geschlossen.

Beim Testspiel gegen Köln am letzten Wochenende spielte er die zweite Halbzeit und machte sogar ein Kopfballtor, gegen die Pocher-Elf wirkte er eine Halbzeit mit, beim Audi Cup unter der Woche spielte er 45 und 62 Minuten, Tor gegen Milan inklusive. Den Lohn gab es prompt: Startelfeinsatz im DFB-Pokalspiel gegen Neckarelz (3:1) am Sonntag.

"Dank" Braafheid Position gefunden

Und dabei könnte sich auch eine Position für Schweinsteiger gefunden haben: Gegen den Sechstligisten lief er links im Mittelfeld auf. Schlichtweg, weil wo anders derzeit kein Platz für ihn ist. Auf Schweinsteigers zweitliebster Position rechts im Mittelfeld ist Hamit Altintop gesetzt.

So war es für Schweinsteiger von Vorteil, dass Edson Braafheid als Linksverteidiger noch nicht die erhoffte Verstärkung ist und deshalb der fürs Mittelfeld vorgesehene Danijel Pranjic nach hinten wich und für Schweinsteiger Platz machte.

Den Kampf um einen Stammplatz hat er damit wohl erstmal gewonnen, was Uli Hoeneß mit einem wohlwollenden Nicken registriert haben wird. Im letzten Jahr hat der FC Bayern Schweinsteigers Vertrag schließlich mit fürstlichem Lohn bis 2012 verlängert, der Spieler ist nun in der Bringschuld.

"Was wollt ihr denn alle?"

In den letzten Jahren tanzte Schweinsteiger nämlich immer wieder einen schwungvollen Limbo unter der Latte des Prädikats "Weltklasse" hindurch. Und im nächsten Sommer steht die WM vor der Tür. Der Durchbruch muss her - jetzt oder nie.

Schweinsteiger selbst hört solche Forderungen nach mehr nicht sehr gerne - außer von Hoeneß. "Dass er mal böse wird, das gehört dazu", meinte Schweinsteiger bereits vor einigen Monaten. "Hoeneß will seine Spieler immer verbessern. Seine Meinung ist mir wichtig, das war immer schon so." Er wird sich die Worte des Managers zu Herzen nehmen.

Auch seinen Kritikern muss er beweisen, dass er nicht auf dem Weg zum ewigen Talent ist. Auf seine vermeintliche Genügsamkeit angesprochen, wirkte Schweinsteiger in der Vergangenheit oft verständnislos, antwortete meist nach dem Motto: Was wollt ihr denn alle? Immerhin habe ich mit 25 Jahren schon 67 Länderspiele auf dem Buckel.

Führen wie Zidane

Aus dem eigenen Haus empfindet Schweinsteiger Kritik oft als Kränkung. Ein Junge aus der eigenen Jugend werde eben anders gesehen als die ganzen Weltstars, entfuhr es ihm schon mal. Dass der Nationalspieler jedoch alle Fähigkeiten besitzt, den großen Sprung zu schaffen, daran zweifelt jedoch kaum einer.

"Schweinsteiger ist für den FC Bayern sehr wichtig", meinte van Gaal bereits während der Vorbereitung. Vielleicht hat der Nationalspieler ja nun den richtigen Übungsleiter gefunden. Denn van Gaal duldet keine Leistungsauszeiten, fordert immer den maximalen Einsatz.

Dass auch Schweinsteiger hohe Ziele hat, hat er stets angedeutet. Sein Vorbild ist kein geringerer als Zinedine Zidane - so wie der Franzose wolle auch er mal als Führungsspieler auftreten, sagte er einmal. "Mich reizt es, Verantwortung zu übernehmen", hörte man von ihm schon oft. Nun ist die Zeit reif, dieser Aussage Taten folgen zu lassen.

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