Klopp reißt Berlin aus Titelträumen

SID
Fuhren mit Dortmund den zweiten Sieg in Serie ein: Alex Frei (li.) und Nelson Valdez
© Getty

Zuerst drückte er jeden seiner Spieler an die Brust, dann winkte er den 8000 mitgereisten BVB-Fans mit breitem Lächeln zu: Jürgen Klopp durfte sich nach dem 3:1 (1:0)-Sieg gegen Hertha BSC als wahrer Triumphater fühlen.

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Seine Elf hatte Berlin nach zehn Heimsiegen in Folge die erste Niederlage beigebracht. Borussia Dortmund stürzte die Alte Dame vom Liga-Thron und beendete vorerst die Fußball-Partys in der Hauptstadt.

"Vor dem Spiel war zu lesen, dass das Berliner Stadion mittlerweile auch bei mittelmäßigen Gegner ausverkauft sein würde. Da halte ich es mit Forrest Gump. Mittelmäßig ist nur, wer sich mittelmäßig präsentiert. Das haben wir heute nicht getan", sagte Klopp.

Sein Kapitän Sebastian Kehl bestätigte: "Eine Berliner Zeitung hat geschrieben, dass die Hertha schon die Meisterfeier plant. So etwas motiviert natürlich."

Dortmund Offensivgeist und Mut

Doch ungeachtet aller Sticheleien trat der BVB im mit 74.220 Zuschauern tatsächlich ausverkauften Olympiastadion dank einer klugen Taktik bärenstark auf und darf nach den Toren von Alexander Frei (25.), Kehl (63) und Nelson Valdez (82.) wieder vom internationalen Geschäft träumen.

"Erst waren wir die Unentschieden-Könige, jetzt sollen wir nach zwei Siegen wieder ins internationale Geschäft kommen. Mal abwarten, es sind noch fünf Punkte bis Platz fünf", meinte Klopp.

Dennoch war Stolz angebracht. Was zuvor zehn Mannschaften im Olympiastadion nicht gelang, die effiziente und undurchsichtige Spielweise der Hertha erfolgreich zu bekämpfen, schaffte das Klopp-Team mit frischem Offensivgeist und großem Mut.

Weidenfeller hält Führung fest

"Wir haben gut in den Räumen gestanden und vorne sehr breit gespielt, damit Josip Simunic und Arne Friedrich längere Wege gehen mussten", analysierte Klopp. "Wir waren bissiger", ergänzte der starke Tamas Hanjal.

Der kleine Ungar glänzte mit präzisen Pässen wie vor dem 1:0, obwohl sein Mitwirken wegen einer Erkältung lange fraglich war. Anders als viele Gästeteams zuvor, konnten die Westfalen auch nach eigener Führung den Berliner Ansturm abwehren.

In den 15 Minuten vor der Halbzeit besaßen die Gastgeber Chancen im Minutentakt, doch der BVB konnte sich auf einen guten Keeper verlassen. "Da habe ich viel zu halten bekommen. Doch alles hat gepasst", meinte Roman Weidenfeller und lobte seine Vorderleute.

Anfangsphase "vollkommen verpennt"

"In kämpferischer Hinsicht haben wir heute unser bestes Saisonspiel geboten." Die enttäuschten Berliner Profis verzichteten nach dem Spiel auf sämtliche Feier-Rituale der vergangenen Wochen wie Jubelkreis mit tanzendem Manager oder ausgedehnter Singspiele vor der Ostkurve.

Nach der zweiten Niederlage in Folge und dem Verlust der Tabellenführung seit vier Spieltagen waren Frust und Enttäuschung groß. "Wir haben die Anfangsphase vollkommen verpennt", klagte Mittelfeldspieler Pal Dardai.

"Man muss immer 110 Prozent geben. Man hat gesehen, dass wir alles versucht haben, doch Dortmund hatte den Sieg verdient", meinte Kapitän Arne Friedrich. Höhepunkt der Berliner Angriffsbemühungen war das sehenswerte 1:1 (54.) durch Raffael, der erst drei Dortmunder Abwehrspieler austanzte und dann an Weidenfeller vorbei einschoss.

Woronin geht leer aus

Doch statt nachzulegen wie in den Spielen zuvor, fehlte den Berlinern die Durchschlagskraft. Dortmund blieb offensiv und kam zum 2:1. "Das Tor hätte nie fallen dürfen. Wir haben heute nicht mit hundertprozentiger Konzentration verteidgt", bemängelte Trainer Lucien Favre.

Auch Torjäger Andrej Woronin, der trotz Nasenbruchs spielte, ging dieses Mal leer aus. "Die Mannschaft hat nicht enttäuscht und wird die Niederlage wegstecken. Der Trainer weiß, wo er ansetzen muss", sagte Manager Dieter Hoeneß mit dem Versuch, dem tristen Nachmittag doch noch etwas Gutes abzugewinnen.

Daten und Fakten: Hertha - Dortmund