"Ich wollte werden wie Romario"

Von Interview: Florian Regelmann
Serdar Tasci erzielte zuletzt das Siegtor für den VfB Stuttgart in Bochum
© Imago

Exklusiv Serdar Tasci hat einen großen Anteil am Lauf des VfB Stuttgart und ist mittlerweile auch ein Fixpunkt bei Joachim Löw in der Nationalmannschaft. Aber was ist der 21-Jährige eigentlich für ein Typ? Bei SPOX spricht Tasci vor dem Spiel in Köln (Sa., 15.15 Uhr im LIVE-TICKER und bei Premiere) über seine verhinderte Stürmer-Karriere, seinen Multi-Kulti-Hintergrund und seine Zukunft in Stuttgart.

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SPOX: Herr Tasci, was sagt Ihnen die interessante Auswahl von Stirb langsam 4.0, Rocky und Saw II?

Serdar Tasci: Das sind drei meiner absoluten Lieblingsfilme. Alle Rocky-Folgen haben ihren Reiz, die Stirb-langsam-Filme langweilen mich einfach nie und ab und zu bin ich auch gerne für etwas Horror zu haben. Wobei mein aktueller Lieblingsfilm Slumdog Millionaire ist. Der ist klasse.

SPOX: Gut, das hätten wir geklärt. Sie stehen auf Action und Horror. Noch was?

Tasci: Na ja, ich spiele schon sehr gerne auf der Playstation. Vor allem Tennis. Mit Mario Gomez oder Roberto Hilbert gibt es da schon mal heiße Matches.

SPOX: Mehr der Federer-Typ oder eher Nadal?

Tasci (lacht): Weder noch. Ich bin eher ein kompletter Spieler, deshalb ist es auch für die anderen Jungs nicht so einfach, mich zu schlagen.

SPOX: Kompletter Spieler ist ein gutes Stichwort. Joachim Löw sagt über Sie, dass Sie sehr nahe an sein Idealbild eines Innenverteidigers herankommen.

Tasci: Diese Aussage freut mich natürlich und es ist eine große Ehre für mich, wenn er so etwas sagt. Das gibt mir große Motivation, hart an mir weiterzuarbeiten. Ich kann mich noch überall verbessern und daran arbeite ich täglich.

SPOX: Dabei haben Sie gar nicht als Verteidiger angefangen.

Tasci: Das stimmt. Ich habe bei meinem Heimatverein in Altbach zuerst Stürmer gespielt. Ich weiß auch nicht, warum. Man hat mich damals in den Sturm gestellt und das hat auch gut geklappt. Ich erinnere mich an ein Spiel in der E-Jugend, da haben wir 25:0 gewonnen und ich habe 13 oder 14 Buden gemacht. Ich glaube, diese Marke übertreffe ich nie mehr.

SPOX: Da würde ich spontan zustimmen. Warum sind Sie eigentlich nicht Stürmer geblieben? Macht doch mehr Spaß, Tore zu schießen, als sie zu verhindern.

Tasci: Das ist eine gute Frage. Als Kind wollte ich auch immer so werden wie Romario. Ich habe ihn sehr bewundert. Aber irgendwie muss dann was schief gelaufen sein und ich bin immer weiter zurückversetzt worden, erst ins Mittelfeld und dann schließlich in die Abwehr.

SPOX: Wie sieht denn für Sie der perfekte Abwehrspieler von heute aus?

Tasci: Erstmal muss er zweikampfstark und kopfballstark sein, ein gutes Stellungsspiel haben und schnell sein. Das musste er aber früher auch schon. Der Unterschied ist, dass der moderne Abwehrspieler von heute wie ein Mittelfeldspieler sein muss. Er muss das Spiel öffnen, sich nach vorne einschalten und am besten ab und zu auch noch treffen.

SPOX: Woher kommt es, dass Sie so eine moderne Auffassung vom Abwehrspiel haben, Sie sind doch türkischer Abstammung...

Tasci (lacht): Was soll das denn bitte heißen? Nein, ich weiß schon. Viele türkische Abwehrspieler sind eher kantiger. Ich weiß auch nicht genau, woher das bei mir genau kommt. Es hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass ich beim VfB seit der D-Jugend Viererkette spiele und es einfach früh mitbekommen habe, so zu spielen, und dass ich mich dann immer weiterentwickelt habe.

SPOX: War es eigentlich eine schwere Entscheidung, für Deutschland zu spielen und eben nicht für die Türkei?

Tasci: Es war auf jeden Fall eine sehr schwere Entscheidung. Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen, aber meine Familie kommt aus der Türkei. Ich habe lange überlegt und mich dann für Deutschland entschieden. Auch deswegen, weil sich Joachim Löw sehr um mich bemüht hat. Das hat mir sehr imponiert.

SPOX: Was empfinden Sie, wenn die Türkei spielt?

Tasci: Dann bin ich Türkei-Fan, ganz klar. Ich versuche schon, alle Spiele der türkischen Mannschaft zu sehen und fiebere auch mit ihnen mit.

SPOX: Sie sind in Deutschland groß geworden. Haben Sie mehr deutsche oder türkische Freunde?

Tasci: Das ist ungefähr gleich. Das ist ein schöner Multi-Kulti-Mischmasch bei mir. Das finde ich auch gut.

SPOX: Sie sind also quasi der perfekte Mischmasch aus beiden Kulturen?

Tasci: Es wäre schön, wenn ich es schaffen könnte, eine Art Bindeglied zu werden zwischen den Kulturen. Das ist mir sehr wichtig. Ich kann auch jedem nur empfehlen, mal nach Istanbul zu reisen, um die Türkei kennenzulernen. Istanbul ist eine unglaublich pulsierende Stadt. Wie die asiatische mit der europäischen Kultur verschmilzt - das fasziniert mich. 

SPOX: Kommen wir zum VfB: Haben Sie eigentlich ein Meister-Gen in sich drin?

Tasci (lacht): Das weiß ich nicht. Doch ich war in der B-Jugend Deutscher Meister, dann A-Jugend-Meister und dann gleich mit dem VfB Deutscher Meister in der Bundesliga. An Meisterschaften kann ich mich gewöhnen.

SPOX: Hand aufs Herz: Was ist in dieser Saison noch möglich?

Tasci: Man muss sagen, dass wir von weit hinten kommen und froh sind, dass wir auf Rang fünf stehen und den Abstand zu Platz sechs vergrößert haben. Wenn wir Platz fünf festigen und bis zum Schluss halten können, ist alles in Ordnung. Dafür müssen wir weiter gewinnen und wenn die Vereine vor uns patzen sollten, sind wir natürlich da und könnten noch nach oben rücken. Wie weit, das wird man dann sehen. 

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SPOX: Woran kann man es festmachen, dass es beim VfB so verdammt gut läuft in letzter Zeit?

Tasci: Das ist schwer zu erklären. Doch derzeit passt einfach alles sehr gut zusammen. Unter Teamchef Markus Babbel haben wir zuletzt fast nicht mehr verloren. Wenn man dann einmal in einem Lauf drin ist, geht vieles von alleine. Das Selbstvertrauen ist da und dann gewinnt man gerade die engen Spiele in der Schlussphase wie wir zuletzt.

SPOX: Mit Ihren Leistungen wecken Sie natürlich auch das Interesse ausländischer Top-Klubs. Der VfB hat in dieser Woche mitgeteilt, dass Sie auf keinen Fall die Freigabe für einen Wechsel erhalten. Haben Sie ein Problem damit?

Tasci: Überhaupt nicht. Es freut mich, dass der VfB mit meinen Leistungen zufrieden ist. Ich fühle mich sehr wohl in Stuttgart, denn hier bin ich geboren und aufgewachsen.  

SPOX: Wie sehr ist Ihre Zukunft in Stuttgart mit der von Mario Gomez verbunden?

Tasci: Klar hat es etwas damit zu tun. Jeder Fußballer will Titel gewinnen. Ich auch. Beim VfB ist das möglich, aber dafür müssen natürlich die Leistungsträger gehalten werden. Wenn die bleiben, dann können wir eine starke Mannschaft aufbauen, mit der man viel erreichen kann.

SPOX: Aber grundsätzlich reizt es Sie schon, irgendwann mal ins Ausland zu gehen?

Tasci: Ja, es ist auf jeden Fall ein Ziel von mir, in meiner Karriere ins Ausland zu gehen. Ich will mich weiterentwickeln, als Spieler und auch persönlich, und da gehört es dazu, dass man auch den Schritt ins Ausland macht. Ob das dann England, Spanien oder Italien ist, kann ich jetzt noch nicht sagen.

SPOX: Was Sie im nächsten Jahr ziemlich sicher sehen werden, ist Südafrika. Stichwort Nationalmannschaft. Wie sehen Sie Ihre Position im DFB-Team?

Tasci: Ich fühle mich in der Nationalmannschaft sehr wohl. Mein Ziel ist es, nach wie vor Gas zu geben und mich weiter zu steigern. Alles andere entscheidet der Bundestrainer.

Serdar Tasci im Steckbrief