"Hoeneß-Gebühr" sorgt für Wirbel

SID
Soli-Zuschlag für die Bundesliga: Hoeneß' Vorschlag sorgt für mächtig Aufsehen
© Getty

Der Ruf von Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß nach öffentlicher Hilfe auch für den deutschen Profi-Fußball hat in der Branche ein verhaltenes Echo ausgelöst.

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Die Pläne des "Liga-Vordenkers", dass die Klubs durch einen "Buli-Soli" von zwei Euro pro TV-Haushalt im Monat für Fußball exklusiv im Free-TV über die öffentlich-rechtlichen Sender ARD/ZDF rund 900 Millionen Euro im Jahr kassieren könnten, werten viele Vereine als wichtigen Beitrag zu den Bemühungen um weitere Einnahmequellen im TV-Sektor außerhalb des Pay-TV.

Hoeneß rechtfertigte seinen Vorstoß zur Beseitigung finanzieller Nachteile bei den TV-Einnahmen im Interview nochmals als Win-Win-Situation: Für zwei Euro im Monat "könnten alle Spiele live bei ARD und ZDF übertragen werden. Jeder, ich wiederhole, jeder könnte dann alle Spiele live plus zeitversetzt plus ebentuell kostenfrei auf Abruf sehen."

Hoeneß spricht von "drei Euro im Monat"

Er sei davon überzeugt, dass die aus seiner Sicht zwei Drittel Fußball-Interessierten der 37 Millionen TV-Haushalte "sogar bereit wären, drei Euro im Monat zu investieren."

Der frühere Liga-Präsident Wolfgang Holzhäuser plädierte als Sprecher der Geschäftsführung von Bundesligist Bayer Leverkusen grundsätzlich für Sachlichkeit: "Man muss abwarten, ob sich die Einnahmen aus dem Pay-TV-Bereich noch steigern lassen. Deswegen ist es aber auch richtig, über Maßnahmen nachzudenken, dass der deutsche Fußball international wettbewerbsfähig bleibt. Ob dabei jeder Vorschlag geeignet ist, muss aber geprüft werden."

100 Millionen mehr ...

Ab kommender Saison kassiert die Liga durch den neuen TV-Vertrag insgesamt 412 Millionen Euro pro Jahr. Davon kommen allein von der ARD für die Sportschau-Berichterstattung rund 100 Millionen Euro und vom Bezahlsender Premiere, der alle Begegnungen live übertragen darf, 225 Millionen Euro.

Sollte die Hoeneß-Vision Wirklichkeit werden, würde das Plus für die Vereine durch die GEZ-Kunden aufgrund des Wegfalls der Premiere-Gelder sowie der anderen TV-Einnahmen allerdings nur 476 Millionen Euro betragen.

Hoeneß hatte am Wochenende der Wirtschaftswoche gesagt, dass "am besten die öffentlich-rechtlichen Sender alle Fußballrechte kaufen und dem Bürger Fußball quasi gratis nach Hause senden".

Vom Verteilungsschlüssel für die exakt 888 Millionen Euro der Gebührenzahler hatte der Bayern-Macher in seinen Plänen offenbar auch schon recht konkrete Vorstellungen: "Hätten wir 100 Millionen Euro mehr zur Verfügung, würde ich unseren Fans glatt den Champions-League-Sieg in Aussicht stellen."

Martin Kind gibt Plänen keine Chance

Bei aller prinzipiellen Unterstützung gibt Vorstandschef Martin Kind von Hannover 96 dem Plan indes praktisch keine Chance. "Ich glaube, dass es schwierig darstellbar ist, dass öffentliche Sender den Fußball mitfinanzieren", sagte der Unternehmer der "Bild".

Wie Kind und Holzhäuser sehen jedoch auch weitere Klub-Bosse angesichts des offenbar fast schon gesättigten Pay-TV-Marktes in der Suche nach höheren Einnahmen aus anderen TV-Bereichen den effektivsten Ansatzpunkt zum Ausgleich des Rückstands gegenüber dem Ausland.

ZDF-Sportchef: "Muss man nicht kommentieren"

"Es ist gut, dass Uli Hoeneß den Finger in die Wunde legt, denn wir haben eindeutig ein Fernsehgeld-Problem", meinte Borussia Dortmunds Chef Hans-Joachim Watzke. Uneingeschränkt Applaus dagegen spendete beim VfL Bochum Finanzchef Ansgar Schwenken: "Es ist gerechtfertigt, für Fußball im Free-TV einen Preis zu zahlen."

Bei den TV-Sendern löste der Hoeneß-Plan weitgehend Unverständnis aus. Bei Premiere wollte Unternehmenssprecher Torsten Fricke keinen Kommentar abgeben.

Fußball-Liveübertragungen sind allerdings fraglos das Zugpferd des Bezahlsenders.

Deutlichere Töne kamen von ARD und ZDF. "Ich glaube nicht, dass die öffentlich-rechtlichen Sender dafür da sind, Fußball zu finanzieren", sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky.

Ohne viel Worte ließ auch ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz an seiner Einschätzung keinen Zweifel: "So etwas muss man nicht kommentieren."

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