Tziolis: Der griechische Borowski

Von Benny Semmler
Der Grieche ist seit heute Bremer. In Belek/Türkei trainiert er zum ersten Mall im Werder-Dress
© Getty

Bremens Sportdirektor Klaus Allofs holt Griechen-Star Alexandros Tziolis. Doch wer ist dieser Mann, den sich Werder da geangelt hat? SPOX hörte sich im Umfeld des 23-Jährigen um und befragte den Griechenland-Experten Ewald Lienen.

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Schwarze Lederjacke, Kapuzenpullover, zwei Umhängetaschen. Ziemlich lässig landete Alexandros Tziolis Mittwochabend in Bremen. Ein paar Stunden zuvor machte Werder den Deal (kommt für 250.000 Euro auf Leihbasis) mit dem 23-Jährigen perfekt. Und gleich bei der Ankunft am Bremer Flughafen überrascht Tziolis die Journalisten.

Denn: Kommunikations-Probleme wird es beim Griechen nicht geben. Locker, aber leise erledigt er die ersten Fragen - ohne Übersetzer. Man würde ihm in Deutsch die Note gut attestieren.

In Deutschland aufgewachsen

Der Neu-Bremer ist in Deutschland aufgewachsen und zog erst mit neun Jahren nach Griechenland. Der Wechsel nach Bremen ist für ihn fast wie eine Rückkehr, die quasi über Nacht abgewickelt wurde. Werders Vereins-TV sagt er: "Das ist ein Blitztransfer, es ging alles sehr schnell."

Und weiter: "Für mich geht ein Traum in Erfüllung. Die Bundesliga hat viele große Mannschaften, starke Spieler, tolle Stadien und ich spiele in einem der besten Teams. Jetzt will ich mit Werder die Tabelle hochrennen und Erfolge einfahren."

1,89 Meter groß, 84 Kilogramm schwer. Tziolis ist kaum zu übersehen. Doch auch sein Champions-League-Auftritt gegen Werder war Werbung in eigener Sache. Damals gingen die Grün-Weißen im Weserstadion mit 0:3 gegen Panathinaikos unter. Tziolis empfahl sich mit der Vorlage zur Führung und dem Treffer zum Endstand.

Lienen lobt Transfer

Nun ist er wieder in Bremen gelandet - wenn auch vorerst nur bis zum Sommer. Für überschaubare 1,7 Millionen Euro könnte ihn Klaus Allofs im Juli kaufen.

"Ein geschickter Transfer. Gerade das Ausleih-Modell bis zum Saisonende ist für Werder ideal", urteilt Griechenland-Experte Ewald Lienen (55) bei SPOX, der bis vor Kurzem noch den griechischen Erstligisten Panionios Athen trainierte. Er kennt Tziolis bestens, stand ihm zwei Mal in direkten Duellen gegenüber.

"Werder kann sich auf einen robusten, dynamischen Spieler freuen, der einen super Schuss hat. Er sucht immer wieder Abschlüsse aus der Distanz. Dazu kommt, dass Tziolis ein echter Allrounder ist. Er kann im defensiven Mittelfeld und auf den Halb-Position spielen, hat also auch Offensiv-Qualitäten. Eine sehr gute Verpflichtung."

"Technisch nicht der Begabteste"

Ex-1860-Trainer Reiner Maurer kennt den griechischen Fußball ebenfalls. Zwei Jahre leitete er den Erstligisten Ofi Kreta. "Tziolis haut dazwischen, der wird in der Bundesliga keine Probleme bekommen. Allerdings ist er technisch nicht der Begabteste. Er lebt mehr von seinem Körper und extremen Einsatz. Mit ihm bekommen die Bremer einen, der in der Zentrale aufräumt", so der 48-Jährige zu SPOX.

Seine kraftvolle Spielweise kann ihm in der Bremer Raute die zentrale Rolle einbringen. Vor allem in Zukunft. Schließlich ist der 33-jährige Frank Baumann auf der Sechserposition eher auf dem absteigenden Ast.

Torsten Frings ist auch schon 32. Von den beiden soll Tziolis nun lernen. Denn Werders Neuer steht trotz internationaler Erfahrung erst am Anfang seiner Karriere.

Ähnlich wie Borowski

Lienen sieht Tziolis noch als lernfähig, die Stufe des Talents hat er seiner Meinung nach aber längst überschritten. "Der hilft den Bremern. Und zwar sofort. Denn Tziolis ist trotz seines jungen Alters ein inzwischen gestandener Spieler. Ähnlich wie Tim Borowski ist er überall auf dem Platz präsent und hat großen Drang zum Tor."

Für die Werder-Anhänger ist die Sache jetzt schon klar: Das bullige Kraftpaket soll sofort ran. Im Internetforum der Klubseite hoffen sie mit Tziolis auf mehr Stabilität in der Abwehr. Kandidaten wie Jurica Vranjes und Baumann, dessen Karriere im Juni endet, sollen dagegen weichen.

Die Lust auf frischen Wind an der Weser - sie ist deutlich spürbar.

Diszipliniert, ehrgeizig, bescheiden

Was Tziolis beim Antritt des neuen Jobs noch helfen könnte: seine deutschen Tugenden. Er gilt als Musterprofi. Diszipliniert, ehrgeizig, bescheiden. Ein ruhiger Typ ohne Schnick-Schnack. Vielleicht liegt es an seiner schwäbischen Herkunft. Tziolis ist in der Nähe von Stuttgart aufgewachsen, hat noch viele Verwandte dort.

Doch seine Fußballkarriere startete er in Griechenland bei Apollonas Litoxorou. Der Amateurverein war bis 2002 seine Fußballheimat. Von dort wechselte er zum Traditionsverein Panionios Athen, ehe er 2005 vom griechischen Spitzenklub Panathinaikos verpflichtet wurde. Früh zählte Tziolis fortan zu den größten Talenten Griechenlands.

Als Kapitän der U 21 beförderte ihn der ehemalige Werder-Trainer Otto Rehhagel im Januar 2006 zum A-Nationalspieler.

Streit mit ten Cate

Ein Streit mit Panathinaikos-Trainer Henk ten Cate bescherte ihm nun die ersten Negativschlagzeilen. Grund für den Disput waren die andauernden Wechselwünsche des Griechen. Tzolis äußerte intern bereits im Sommer seine Bremen-Gedanken.

Die endgültige Trennung zwischen ihm und Panathinaikos ging nun am letzten Wochenende über die Bühne. Ten Cate warf ihn aus dem Kader - drei Tage später trat Tziolis zum medizinischen Check in Bremen an.

Freitagmorgen flog er gemeinsam mit Klaus Allofs ins Trainingslager nach Belek/Türkei. Tziolis: "Ich wollte unbedingt nach Deutschland und zu Werder. Ich freue mich riesig." Bremen freut sich auch.

Alexandros Tziolis im Steckbrief