Kaum Zweifel beseitigt

Von Daniel Börlein
Ausgelassener Jubel sieht anders aus: Die Schalker nach dem 1:0 gegen Hertha BSC
© Getty

Der Sieg gegen Hertha BSC Berlin lässt Schalke 04 die Krise vergessen. Der Manager darf nun sogar wieder am Kader basteln. Doch sind Müller und Rutten tatsächlich die Richtigen?

Anzeige
Cookie-Einstellungen
Es war also eine Saisonpremiere für den FC Schalke 04. Wirklich interessiert hat das allerdings wohl kaum jemanden.

Denn dass die Knappen mit der Hertha erstmals in dieser Saison ein Team aus der oberen Tabellenhälfte geschlagen hatten, war Zuschauern wie Beteiligten völlig egal. Wichtig war nur, dass Schalke überhaupt gewonnen hatte. "Mir ist ein großer Stein vom Herzen gefallen", sagte Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies stellvertretend für alle.

Und wichtig war, wie Schalke Berlin geschlagen hatte. Manager Andreas Müller: "Die Mannschaft hat sich reingekniet." Und damit das erfüllt, was Fans wie Verantwortliche eigentlich immer von dieser Mannschaft erwarten, was zuletzt aber keine Selbstverständlichkeit mehr zu sein schien.

Pfiffe zur Pause

Gegen Berlin nun rackerte die Elf von Trainer Fred Rutten vom Anpfiff weg, suchte die Zweikämpfe und rannte unermüdlich gegen das Berliner Abwehrbollwerk an. Häufig unkonzentriert, meist uninspiriert, bisweilen gar unansehnlich. Deshalb gab es zur Pause auch Pfiffe von den Rängen.

Doch Schalke rannte auch nach dem Seitenwechsel an. Noch immer nicht besonders einfallsreich oder gekonnt, immerhin aber entschlossen und unentweg. Und so wurden die Königsblauen denn auch belohnt. Ausgerechnet Gerald Asamoah, der Prototyp des immer engagierten und kämpfenden Schalkers, erzielte den Siegtreffer.

"Die Mannschaft hat das Glück durch den absoluten Schalker Asamoah erzwungen", sagte Müller. Und für Willen und Leidenschaft wurden die Schalker denn auch von ihren Fans bejubelt.

Rutten und Müller wieder die Richtigen?

Dass fünf der letzten sechs Pflichtspiele verloren wurden und die Mannschaft dabei ihr zweifelsohne vorhandenes Potenzial nur äußerst selten ausschöpfte, war in diesem Moment vergessen.

Doch kann dieser eine Sieg tatsächlich die Trendwende bringen? Sind durch diesen einen Dreier die zuletzt auch intern nicht unumstrittenen Rutten und Müller plötzlich doch wieder die Richtigen?

Zweifel müssen zumindest erlaubt sein, trotz des Auftritts gegen die Hertha - oder gerade deswegen. Denn bei aller Leidenschaft und Willensstärke, für die natürlich auch der Trainer verantwortlich ist, muss sich Rutten auch kritische Fragen gefallen lassen.

Zu langsamer Spielaufbau

So hat es der Niederländer noch immer nicht geschafft, seiner Mannschaft einen klaren Plan vom Spiel mitzugeben. Im Aufbau braucht Schalke viel zu lange, bis der Ball aus der Abwehrreihe in die Sturmspitze nach vorne getragen wird.

So hat der jeweilige Gegner viel Zeit, mit möglichst vielen Spielern hinter den Ball zu kommen und dadurch die Räume eng zu machen.

Keine Entwicklung bei Kuranyi

Ernorme Defizite offenbart auch Schalkes Sturmreihe. Die drei Angreifer, gegen Hertha: Asamoah, Kevin Kuranyi und Jefferson Farfan, wirken ohne Abstimmung und agieren meist völlig unabhängig voneinander. Dementsprechend häufig stehen sich die drei auf den Füßen.

Schwer nachvollziehbar, warum sich daran nach 16 Spieltagen noch nicht viel geändert hat und auch, warum Rutten beharrlich am 4-3-3 festhält, obwohl Farfan und Halil Altintop schon mehrfach betont haben, lieber als zweite zentrale Spitze auflaufen zu wollen.

Der Türke durfte gegen die Hertha nach der Pause als Mittelstürmer ran, anstelle von Kuranyi. Der 26-Jährige hatte zuvor einmal mehr enttäuscht. Auch er hat sich unter Rutten nicht weiterentwickelt.

Tönnies stärkt Rutten und Müller

Zweifelsohne hat der Niederländer auf Schalke auch schon einiges bewegt, für seine Versäumnisse allerdings muss Rutten gerade stehen und mit ihm Manager Müller, der den Coach aus Enschede holte.

Nach einer Aussprache mit Boss Tönnies scheinen beide allerdings nun wieder fest im Sattel zu sitzen. "Er hat uns in einem Gespräch ganz glaubhaft versichert, dass wir die Situation gemeinsam durchstehen. Er hat uns ganz klar Rückendeckung gegeben", sagte Müller.

Neue Leute im Winter

Statt um seinen Job zu bangen, darf Schalkes Manager nun in Winterpause gar noch mal am Kader basteln, dabei unerwünschte Spieler aussortieren und den ein oder anderen Neuen dazuholen. "Es ist klar, dass wir über das gesamte Personal im Winter nachdenken", sagt Müller.

Mindestens fünf Millionen hat Tönnies seinem Manager für Nachbesserungen in Aussicht gestellt.

Schalkes Boss glaubt also weiterhin an Müller. "Ich bin fest davon überzeugt, dass Andi auf Schalke noch eine gute Zukunft hat", so Tönnies, der allerdings anfügt: "Erst wenn die totale Erfolglosigkeit Einzug hält, was ich garantiert nicht glaube, müssen wir handeln." Fragt sich nur, wo "totale Erfolglosigkeit" auf Schalke beginnt.

Schalkes Sieg in der SPOX-Analyse