"Manchester City hat ein Problem"

Von Interview: Jochen Tittmar
Allofs, Werder, Bremen
© Getty

Es ist angerichtet: Heute startet Werder Bremen gegen Anorthosis Famagusta in die fünfte Champions-League-Saison in Folge (Di., 20.30 Uhr im SPOX-TICKER und im Internet TV).

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Neben dem sportlichen Aspekt ist die erneute Teilnahme auch in finanzieller Hinsicht ein Leckerbissen für den Klub von der Weser.

Bei SPOX spricht Manager Klaus Allofs (51) über den Gegner aus Zypern, die Bremer Transferpolitik und Investoren in der Bundesliga.

 

SPOX: Herr Allofs, in den vergangenen beiden Jahren war für Bremen in der Vorrunde der Champions League Schluss. Jetzt hat man eine bessere Gruppe erwischt, oder?

Klaus Allofs: Natürlich ist das machbar. Wenn man eine Rangliste aufstellen würde, käme sicher zuerst Inter, dann wir und dann Panathinaikos und Famagusta. Aber das ist nur die Papierform. Dass es keine Garantien fürs Weiterkommen gibt, haben wir im letzten Jahr gesehen. Wir dürfen uns nicht solche schwachen Spiele wie in der letzten Saison gegen Piräus erlauben. Und Famagusta hat jetzt immerhin Piräus ausgeschaltet.

SPOX: Was wissen Sie über den ersten Gegner?

Allofs: Famagusta ist eine sehr spielstarke Mannschaft, die es jedem Gegner schwer machen kann. Die haben nicht umsonst zuhause drei Tore gegen Olympiakos Piräus geschossen und auswärts in deren Hexenkessel nur 0:1 verloren. Man neigt also allgemein dazu, Famagusta zu Unrecht zu unterschätzen. Wenn auf Famagusta nicht das Etikett 'Zypern' sondern 'Griechenland' kleben würde, würde man diese Mannschaft ganz anders einschätzen. Wir sind gewarnt und werden diese Aufgabe entsprechend konzentriert angehen.

SPOX: Werder Bremen steht in der Bundesliga  seit einigen Jahren für die meisten Tore und attraktiven Fußball. Aber auch für keinen Titel seit 2004. Stagniert Werder?

Allofs: Nein. Es gibt nun mal nicht viele Titel, die man erreichen kann. Für uns ist die Tatsache, dass wir uns fünf Jahre in Folge für die Champions League qualifiziert haben, diese Kontinuität, fast noch wichtiger als ein Titel. Auch wenn es nichts ist, was man in den Händen halten kann. Wenn ich die Wahl hätte zwischen dem Erreichten, oder: Meister, zwei Jahre gar nichts, dann wieder Meister, dann würde ich nicht tauschen wollen.

SPOX: Im Vergleich zu Schalke, Wolfsburg und Hamburg waren Sie auf dem Transfermarkt sehr zurückhaltend. Warum holt Bremen keinen Kracher?

Allofs: Unsere Mannschaft ist doch gespickt mit Krachern. Wir versuchen Spieler eben vorher zu holen, wenn sie noch bezahlbar sind, um sie dann hier weiterzuentwickeln. Wir sehen keinen Grund, unsere Vorgehensweise zu ändern.

SPOX: Lechzen die Werder-Fans nicht danach, dass man mal einen 'raus haut' - ähnlich wie es Schalke getan hat?

Allofs: Ich weiß nicht, ob man Farfan höher einschätzen muss als Pizarro. Farfan ist ein guter Spieler, keine Frage, aber er hat bislang nur in Holland gespielt. Wir müssen uns hüten, dass wir nicht unsere Transferpolitik dahin gehend auslegen, immer nur neue Namen präsentieren zu wollen. Das hätte ein bisschen was von Sensationslust. Für Schalke ist Farfan ein guter Kauf, aber wir müssen uns nach unseren Bedürfnissen richten.

SPOX: Das bedeutet?

Allofs: Immer genau zu überlegen, was Sinn macht. In der Vergangenheit sind wir auch mit Carew oder Baros in Verbindung gebracht worden. Und alle haben gesagt: genau die müssen es sein. Und heute sind wir froh, dass wir uns damals nicht dem Druck gebeugt haben und unseren Weg gegangen sind.

SPOX: Warum haben Sie keinen Ersatz für Tim Borowski geholt?

Allofs: Als Ailton gegangen ist, haben wir auch keinen Ailton-Ersatz geholt, sondern Spieler von denen wir überzeugt waren. Wir haben vorher schon Mesut Özil verpflichtet und damit eigentlich dem Borowski-Abgang vorgegriffen. Im Mittelfeld sind wir sehr gut aufgestellt, da war kein Bedarf.

SPOX: Mit Pizarro, Rosenberg, Sanogo und Almeida haben Sie vier annähernd gleich starke Stürmer. Stimmen Sie zu, dass die absolute Top-Qualität fehlt?

Allofs: Das sehe ich nicht so. Pizarros Leistungen in den letzten Jahren sprechen für sich. Rosenberg, Sanogo und Almeida sind junge Spieler, die in der Entwicklung sind und trotzdem schon auf einem hohen Niveau spielen. Jeder für sich wäre wahrscheinlich bei jedem anderen Bundesligisten Stammspieler. Nur hier sind die anderen eben genau so gut. Wir wollten durchgehend gut besetzt sein, damit wir variieren können. 

SPOX: Aber durch die Einnahmen aus der Champions League müsste doch Geld vorhanden sein, um sich weiter zu verstärken.

Allofs: Wir können trotzdem keinen Robinho kaufen. Und wir haben nicht die Mittel wie Schalke oder der HSV, der von den Einnahmen von van der Vaart und Kompany profitiert hat. Ablösezahlen von zehn Millionen Euro aufwärts sind für uns nicht realisierbar. Damit wäre es ja nicht getan, die Spieler wollen auch noch Geld. Da beginnen dann die Probleme. Erfolg bringt nicht nur Geld, er ist auch teuer.

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SPOX: Was müsste passieren, dass Sie diese Philosophie über Bord werfen?

Allofs: Sollten wir mal in Zukunft die Situation so einschätzen, dass wir sportlich nicht mehr konkurrenzfähig sind, dann müssten wir andere Wege einschlagen. Natürlich wäre das mit zusätzlichem Geldeinsatz verbunden. Aber momentan sehen wir diese Situation nicht.

SPOX: Bei Manchester City hat man alte Prinzipien über Bord geworfen und sich den Millionen eines Öl-Scheichs bedient. Heißen Sie das gut?

Allofs: ManCity hat ein Problem: Sie haben Manchester United in der Stadt. Und entweder man akzeptiert diese Machtverhältnisse, oder man sagt sich: Ich mache was dagegen. Und wenn diese Besitzveränderungen möglich sind - warum nicht? Das muss man so akzeptieren. Ob das jetzt positiv für den Fußball ist oder nicht, lasse ich mal dahingestellt.

SPOX: Entsteht durch den Investoren-Wahnsinn in England nicht ein unglaublicher Nachteil für die Bundesliga?

Allofs: Spieler wie Cristiano Ronaldo sind für Bundesliga-Klubs Utopie geworden. Das ist einfach so. Selbst Bayern kann nur - in Anführungszeichen - einen Oddo verpflichten und nicht das umsetzen, was bei Chelsea oder Manchester City gemacht wird.

SPOX: Und das akzeptieren Sie so? Warum wird in Deutschland so an der ominösen 50-plus-1-Regel festgehalten?

Allofs: Für mich geht es um Kontinuität. Die Bundesliga-Klubs, die durch die Bank sehr gut geführt sind, dürfen nicht die Möglichkeit der Selbstbestimmung verlieren. Die ideale Lösung ist, wenn man den Klub nicht extra an einen Investor verkaufen muss. Aber natürlich muss man genau beobachten, wie lange man so international  konkurrieren kann. Ist das einmal nicht mehr der Fall, halte ich es für legitim, über andere Varianten nachzudenken.

SPOX: Kommt das Umdenken dann vielleicht zu spät?

Allofs: Das denke ich nicht. Ich glaube, dass die Bundesliga - wann es denn dazu kommen sollte - immer eine interessante Plattform für Investoren ist.

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