"Festtag" in der Lausitz

SID
Fußball, Bundesliga, Cottbus
© DPA

Cottbus - Als der Cottbuser Retter mit reichlich Schampus begossen, in die Luft geworfen und von den Fans besungen war, dachte Bojan Prasnikar schon an das 5. Lausitzer Wunder.

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"Wir müssen noch besser werden in der nächsten Saison", erklärte der Coach des FC Energie. Gerade war dem östlichsten Fußball-Profiklub das Kunststück gelungen, nach 2001, 2002 und 2007 auch in dieser Saison mit dem fast kleinsten Etat in der kleinsten Bundesliga-Stadt die Erstklassigkeit zu erhalten.

"Unglaublich, wir haben zu Hause Schalke, Bayern und nun den HSV besiegt - und auch die wichtigsten Spiele gegen die direkte Konkurrenz gewonnen", bemerkte Torhüter Gerhard Tremmel, der nicht nur gegen die Hamburger einen großen Anteil am 4. Wunder besaß.

Mit einer altmodischen Abwehr-Mauer 

Der HSV, der sich anders als Energie am internationalen Geschäft orientiert, bekam beim 0:2 vor 22.746 Zuschauern im vollen Stadion der Freundschaft genau das zu spüren, was den Cottbusern erneut den vorzeitigen Klassenverbleib gesichert hat.

"Dass wir spielerisch mit Mannschaften wie Hamburg nicht mithalten können, ist uns schon bewusst. Da müssen wir andere Mittel anwenden", erklärte Tremmel. In das Cottbuser Hausmittel Kampfgeist mixte Prasnikar, ein Praktiker der alten Fußball-Lehre, mehr taktisches Verständnis, dazu Disziplin und den Glauben an die eigene Stärke.

Und als gegen dem HSV gleich drei wichtige Defensivkräfte gesperrt fehlten, war er sich nicht zu schade, auch eine altmodische Abwehr-Mauer errichten zu lassen.

Durch die Mitte gegen die Wand 

"So ein Spiel habe ich selten gesehen", meinte HSV-Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer. Zweimal tauchten die Gastgeber vor dem Hamburger Tor auf - schon konnten sich der Kroate Stiven Rivic (29. Minute) und der Däne Dennis Sörensen (83. - das Tor im SPOX-Replay anschauen) als Torschützen feiern lassen.

"Für so eine Leistung müssen wir uns schämen. Es ist ein Wunder, dass wir noch Fünfter sind", sagte Rafael van der Vaart. Die zwar überlegenen, aber ohne Biss auftretenden Gäste liefen immer wieder "durch die Mitte gegen die Wand", moserte ein gereizter Huub Stevens nach seinem vorletzten Spiel als HSV-Coach.

Im letzten Saisonspiel gegen den Karlsruher SC droht seinem Team, nach der Champions League auch noch der UEFA-Cup-Platz aus der Hand zu gleiten. "Noch haben wir es selbst in der Hand", so Stevens trotzig.

"Wir haben alles richtig gemacht" 

Als Strafe für den auch in Cottbus anhaltenden Absturz - der HSV hat nur eines der letzten neun Spiele gewonnen und steht mit 51 Zählern nur noch dank der besseren Tordifferenz vor den punktgleichen Wolfsburgern und Stuttgartern - strich Stevens das Pfingstvergnügen seiner Profis und beorderte sie zum Dienst.

"Das nächste Spiel müssen wir gewinnen, sonst haben wir es nicht verdient", sagte Beiersdorfer zum UEFA-Pokal-Showdown. Der Slowene Prasnikar (übersetzt "Festtag") dagegen machte seinem Namen alle Ehre und gab den Cottbuser Spielern bis Montag frei. "Sie haben in den vergangenen Monaten alles gezeigt, was sie können. Wir haben alles richtig gemacht", lobte der Coach.

Prasnikar Trainer des Jahres 

Das trifft auch auf die Cottbuser Führungsetage zu, die sich nach sechs Spieltagen trotz großer Kritik von Volksheld Petrik Sander getrennt hatte. Von Sander sprechen nur noch wenige - von Prasnikar inzwischen alle. "Wir haben am Ende sechs von neun Spielen gewonnen, fünf Heimspiele nacheinander.

Das ist kein Glück", betonte der 55- Jährige, der auf dem besten Weg ist, sogar der Cottbuser Trainer- Legende Eduard Geyer den Rang abzulaufen. "Er ist ein ganz wichtiger Mann", so Tremmel über Prasnikar, der schon dreimal die slowenische Nationalelf betreut und Maribor sogar in die Champions League geführt hatte. Bei seiner "größten Herausforderung" rettete er nun Energie - und avancierte dadurch für viele Beobachter zum Trainer des Jahres.

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