Die Angst vorm Feuerwehrmann

Von Andreas Lehner
Bayern, Nürnberg, Schweinsteiger, Kluge
© Imago

München - Fußball ist ein komplexer Sport mit vielen verschiedenen Facetten. Oft ist er aber auch ganz einfach.

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Besonders einfach scheint er aber im Abstiegskampf zu sein. Denn nirgends werden die Plattitüden von Platz umpflügen, Gras fressen oder Einsatz und Laufbereitschaft so häufig gebraucht, wie im Wettstreit um den Klassenerhalt.

Falls eine Mannschaft diese Tugenden nicht mehr beherzigt, werden im Sinne einer besseren Einflussnahme von Außen besondere Männer geholt - und schon ist der Feuerwehrmann geboren.

Einige besonders exotische Exemplare hatte die Bundesliga ja schon: Peter Neururer, Friedel Rausch seien hier genannt, auch Jörg Berger. Letzterem wurde sogar nachgesagt, er hätte die Titanic retten können (Jan-Aage Fjörtoft).

"Bei uns plätschert alles so vor sich hin"

Der Club wäre so ein Kandidat für die schnelle Ein-Mann-Einsatztruppe. Umso erstaunlicher kam die Aussage von Manager Martin Bader in der "Süddeutschen Zeitung" unter der Woche daher: "Bei uns plätschert alles so vor sich hin."

Dabei steht Nürnberg seit mehr als drei Monaten auf einem Abstiegsplatz und holte in der Rückrunde von 24 möglichen gerade einmal vier Punkte.

Eigentlich sollten die Alarmglocken lauter denn je schrillen. Doch was stellt Bader fest? Die Mannschaft sei einfach zu brav. Wahrscheinlich glaubt sie wohl auch, dass sie aufgrund ihrer Qualitäten zu stark sei, um abzusteigen.

Der Vergleich zu Bayer Leverkusen in der Saison 2002/03 liegt nahe. Die Bayer-Elf mit Spielern wie Lucio, Schneider und Berbatow fiel nach dem erfolgreichen Jahr 2002 und der Beinahe-Meisterschaft, dem Beinahe-Pokalsieg und dem beinahe-Champions-League-Triumph in ein Loch, verlor Spiel um Spiel, wollte aber nicht wahrhaben, dass der Abstieg möglich sei.

Am Ende spielte Klaus Augenthaler in zwei Spielen den - genau: Feuerwehrmann und konnte Bayer gerade noch retten.

Zweiter Schritt vor dem ersten

Soweit sind sie in Nürnberg noch nicht und Bader wird nicht müde zu betonen, dass der Club nicht in Aktionismus verfallen wird. Dennoch muss er zugeben, dass "der Effekt, den man sich von einem Trainerwechsel erhofft, noch nicht eingetreten ist".

Thomas von Heesen legte bei seiner Vorstellung am Valznerweiher Wert darauf, nicht als Feuerwehrmann bezeichnet zu werden. Sondern als Trainer, der hier perspektivisch etwas aufbauen will.

Möglicherweise bräuchte diese Nürnberger Truppe aber einen Trainer für den kurzfristigen Erfolg. Nürnberg muss sich fragen, ob sie den zweiten Schritt nicht vor dem ersten getan haben. Sprich: Wie perspektivisch arbeiten, wenn man gar nicht mehr erstklassig ist?

Deshalb lässt sich Bader auch eine Hintertür offen. "Ich habe die Erwartung, dass der Trainerwechsel noch greift. Aber Sie wissen ja: Manchmal nimmt das Eigendynamiken an, die ich dann auch nicht mehr steuern kann."

Erinnerungen ans Vorjahr

Gegen den FC Bayern (Samstag 15.30 Uhr im SPOX-TICKER und bei Premiere) hat die Mannschaft wieder eine Möglichkeit, den restlichen Verlauf der Saison in die richtige Bahn zu lenken. Als krasser Außenseiter muss sie zeigen, ob sie wie Duisburg, Cottbus und Bielefeld die Tugenden des Abstiegskampfes annehmen und sich so zumindest den zum Teil verspielten Kredit bei den Fans zurückgewinnen kann.

Die Erwartungen sind gering, ein Punkt oder sogar ein Dreier wären beinahe eine Sensation. Was also hat der Club denn zu verlieren? Helfen könnte dabei eine Erinnerung an das Heimspiel in der vorigen Saison, als der FCN die Bayern bei Ottmar Hitzfelds Comeback auf der Trainerbank mit 3:0 vom Platz fegte.

Belanglose Endspiele

In jedem Fall ist das Spiel gegen Bayern ein Schlüsselspiel. In welche Richtung der Zeiger letztlich ausschlägt, ist erst hinterher klar zu beurteilen. Aber die Tendenzen sind klar.

Sollte Nürnberg das Spiel verlieren und auch in den nächsten schweren Spielen gegen Frankfurt, Wolfsburg und Stuttgart nicht dreifach punkten, könnten die zu Endspielen erkorenen Partien gegen Bielefeld und Duisburg schon belanglos sein. 

Sollte Nürnberg das Spiel gewinnen, könnte das die Trendwende im Abstiegskampf bedeuten. Prinzipiell ist der Club schon fast dazu verpflichtet, denn eins ist klar: wer als Erster im Keller eine kleine Serie startet, wird das Abstiegsspielchen 3 aus 4 gewinnen.

Und Nürnberg sollte langsam damit beginnen, seine Heimspiele zu gewinnen. Chancen gegen Bochum, Cottbus oder Rostock wurden in der Rückrunde schon vertan. Sonst kann am Ende wirklich nur noch ein Feuerwehrmann helfen. Perspektive hin oder her.

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