Hast du'n Problem? Frag den Kroos!

Von Für SPOX in Marbella: Thomas Gaber
Bayern, München, Kroos, Hitzfeld
© Getty

Marbella - Ottmar Hitzfelds Nachfolger bereits letzten Freitag zu präsentieren war ein überaus kluger Schachzug des FC Bayern. Viele Bauern, Läufer, Springer und auch eine Dame hätten sich im Trainingslager in Marbella vor dem König aufgetürmt, um diesen ständig mit Fragen nach dem neuen Bayern-Trainer zu löchern.

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Weil die Bayern aber so früh weißen Rauch aufsteigen ließen, kann sich die Mannschaft in Südspanien "in aller Ruhe optimal vorbereiten" (Oliver Kahn). Durch die Vorgehensweise und den daraus resultierenden Öffentlichkeits-Hype um Jürgen Klinsmann konnte ein weiterer Meilenstein gesetzt werden, ohne Staub aufzuwirbeln: Die langfristige Bindung von Toni Kroos an den FC Bayern.

Am 4. Januar wurde das Ausnahmetalent 18 Jahre alt und sofort mit einem Profivertrag über viereinhalb Jahre ausgestattet. Klinsmann und Kroos innerhalb einer Woche - 2:0 für Rummenigge und Hoeneß.

Die Verpflichtung von Klinsmann ist ein Gewinn, mit der von Kroos haben die Bayern aber den Jackpot geknackt - bei allem verdienten Respekt vor Klinsmann. Gute Trainer gibt es viele, aber Spieler wie Kroos nur ganz selten. Dieser Meinung ist auch Mehmet Scholl. "Ich habe einmal bei der A-Jugend mittrainiert. Toni ist mir sofort aufgefallen. Mir war klar: Der muss spielen, der ist wahrscheinlich besser als ich", so Scholl über seinen legitimen Nachfolger.

Scholl gab seinem väterlichen Freund Hoeneß alsbald den Rat, dafür zu sorgen, dass Kroos so schnell wie möglich in die erste Mannschaft integriert wird. Das kam beim Manager zunächst nicht gut an. "Kümmer du dich um deinen eigenen Scheiß", war laut Scholl Hoeneß' Antwort. Doch nur wenige Wochen später absolvierte Kroos sein erstes Pflichtspiel bei den Profis.

Scholl fordert mehr Spielpraxis für Kroos

Nach seinem Siegtor im UEFA-Cup-Spiel in Belgrad wollte Hitzfeld Kroos gleich in die deutsche A-Nationalmannschaft hieven. Bis zur Winterpause spielte Kroos noch zwei Mal im Europacup und vier Mal in der Bundesliga - für Scholl zu wenig.

"Der muss immer spielen. Ich habe noch nie einen offensiven Mittelfeldspieler mit seinen Qualitäten gesehen, der dazu in diesem Alter schon so weit ist. In England oder Spanien sind 17-Jährige Stammspieler. Warum also nicht auch bei Bayern?", sagt Scholl. Bayern verfolgt aber den Plan, Kroos behutsam aufzubauen, um ihn nicht frühzeitig zu verheizen. Möglicherweise ist das der falsche Weg.

Arsenal-Coach Arsene Wenger schickt in Pokalspielen regelmäßig eine Elf mit einem Durchschnittsalter von unter 20 Jahren ins Rennen. Der Erfolg der Baby-Gunners gibt ihm Recht. Und Spieler wie Lionel Messi haben bewiesen, dass der ständige Wettkampf auf höchstem Niveau nur förderlich für die Entwicklung von jungen Spielern ist.

König des Tempodribblings

In Marbella trainiert Kroos jeden Tag mit einigen der beste Bundesligaspieler und arbeitet fleißig an seiner ohnehin schon ausgefeilten Technik. Beim Tempo-Dribbling um Slalomstangen nahm er Jan Schlaudraff, ebenfalls ein Abkömmling des gepflegten Passes, auf 15 Metern gleich mal fünf Meter ab. Den Ball zog er währenddessen magnetisch an.

Für Kurt Niedermayer, Kroos' Trainer in der U 19 bei Bayern, vereint der gebürtige Greifswalder alle elementaren Eigenschaften für eine große Karriere als Nummer 10.

"Hinter den Spitzen kann er seine Stärken am besten ausspielen. Er ist sehr torgefährlich, hat einen guten Abschluss und das Auge für den berühmten Pass. Er ist keiner, der schnell einen 3-Meter-Pass spielt und dann sagt, 'das war's'. Toni weiß immer, wo der Ball hin muss. Er hat immer eine Lösung", schwärmt Niedermayer.

Das war bei eingen Szenen beim 4-gegen-4 am Mittwoch gut zu beobachten. Kroos spielte an der Seite von Oliver Kahn, Martin Demichelis und Miroslav Klose gegen Michael Rensing, Hamit Altintop, Philipp Lahm und Christian Lell. Kroos spielte auf engstem Raum nicht einen einzigen Fehlpass und bereitete lieber fintenreich reihenweise Tore vor.

Körperliche und taktische Defizite

Ein kompletter Spieler ist Kroos aber noch nicht. Obwohl ihm Niedermayer einen "robusten Körper" bescheinigt, muss der 18-Jährige noch deutlich zulegen.

In Zweikämpfen ist Kroos meist zweiter Sieger. Teilweise aufgrund taktischer Defizite und mangelnder Cleverness, zumeist aber fehlt es am körperlichen Durchsetzungsvermögen. Deswegen stemmt Kroos in Marbella ordentlich Gewichte und ist bei Fitness- und Ausdauerübungen stets engagiert.

Jürgen Klinsmann darf sich auf den besten Spieler der U-17-WM 2007 freuen und wird entscheidenden Anteil an Kroos' weiterer Entwicklung haben. Am besten wäre, ihn einfach immer spielen zu lassen.

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