Teure Scheidung von Middendorp

SID
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© Getty

München - Arminia Bielefeld hat sich von seinem Trainer Ernst Middendorp getrennt.

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Die alte Liebe ist endgültig erloschen. Die Bielefelder gehen ohne ihren "Jahrhundert-Trainer" in den bevorstehenden Abstiegskampf. Zum bereits dritten Mal nach 1990 und 1998 muss der Fußball-Lehrer die Ostwestfalen verlassen - diesmal wohl auf Nimmerwiedersehen.

Wie erwartet stimmte der Aufsichtsrat des Bundesligisten am Montag einstimmig für eine Trennung. "Die Fakten lügen nicht. Ich mag die Tore, die wir gekriegt haben, schon gar nicht mehr zählen", sagte Sport-Geschäftsführer Reinhard Saftig in Anspielung auf die zurückliegende Talfahrt mit hohen Auswärtsniederlagen in Bremen (1:8) und Dortmund (1:6).

Nachfolger noch nicht in Sicht

Wer Middendorp beerben soll, bleibt vorerst offen. Im letzten Hinrundenspiel gegen den VfB Stuttgart sitzt der ehemalige Arminen- Profi und derzeitige Amateure-Coach Detlev Dammeier als Interimslösung auf der Bank.

Die Suche nach einem Nachfolger soll nach Angaben von Saftig forciert werden: "Ziel ist eine schnelle Suche. Spätestens zum Rückrundenauftakt am 4. Januar wollen wir einen neuen Trainer präsentieren."

Die Scheidung von Middendorp nach nur 271 Tagen wird für den finanziell nicht auf Rosen gebetteten Club zu einer kostspieligen Angelegenheit. Schließlich sieht der noch zu Saisonbeginn verlängerte Vertrag eine Laufzeit bis 2009, bei Klassenverbleib gar bis 2010 vor.

Deshalb dürfte der Coach eine Abfindung in siebenstelliger Höhe kassieren. Er ist der zweite Fußball-Lehrer nach Petrik Sander (Energie Cottbus), der in der laufenden Bundesliga-Saison seinen Stuhl räumen muss.

Finanzieller Engpass 

Anders als noch am Sonntag hielt er sich mit Kritik an der Vereinsführung zurück: "Es sind sehr viel Emotionen dabei, aber der Verein besteht nicht nur aus Ernst Middendorp."

Die hohen Ausgaben für den alten Trainer erschweren die Suche nach einem neuen. Finanzielle Mittel, um mögliche Wunschkandidaten wie Ewald Lienen (Athen) oder Bruno Labbadia (Fürth) aus laufenden Verträgen zu kaufen, sind kaum vorhanden.

Nicht zuletzt deshalb werden die vertragslosen Petrik Sander, Jürgen Röber, Jürgen Kohler und Michael Frontzeck als Favoriten gehandelt. Auf einen sicheren Arbeitsplatz kann der Middendorp-Nachfolger jedoch nicht hoffen: Er wäre nach Uwe Rapolder, Thomas von Hessen, Frank Geideck und Middendorp der bereits fünfte Arminen-Trainer binnen 30 Monaten.

Bei allen Verdiensten, die sich der vor zwei Jahren zum Bielefelder Jahrhundert-Trainer gewählte und in der Vorsaison als Retter gefeierte Middendorp für den Verein erworben hat, erschien die Trennung unvermeidlich.

Spannungen zwischen Trainer und Führung 

Anders als zuvor bei Hermann Gerland und Thomas von Heesen wollte die Bielefelder Vereinsführung nicht den Fehler wiederholen, erst nach der Winterpause zu handeln. Zumal sich die Mannschaft spätestens mit dem 1:6 am Freitag in Dortmund zum Gespött der Liga machte.

Sechs Auswärtsschlappen mit 2:27 Toren dokumentieren den Niedergang: Vom Konzeptfußball und der Geschlossenheit vergangener Tage war die marodierende Mannschaft zuletzt Lichtjahre entfernt.
Ständige Wechselmanöver des Trainers und dessen Missachtung gewachsener hierarischer Strukturen beschleunigten den Niedergang. Die zuletzt offenkundigen Spannungen zwischen Trainer und Klubspitze spielten nach Aussage von Finanz-Geschäftsführer Roland Kentsch bei der Trennung keine Rolle: "Es war eine rein sportliche Entscheidung."