"Hitzfeld hat mich im Stich gelassen"

Von Interview: Alexis Menuge
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© Imago

München - Anfang der Woche machte Valerien Ismael seinem Ärger Luft. Ottmar Hitzfeld ignoriere ihn konsequent, der Franzose fühlt sich abgeschoben. Im Winter will Ismael nun weg aus München, er ist auf der Suche nach einem neuen Verein. 

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Hitzfeld reagierte überrascht auf die Vorwürfe. Er habe mit Ismael immerhin ein offenes Gespräch geführt, sagte der Bayern-Trainer am Montag.

Ismael selbst sieht das im Gespräch mit SPOX.com jedoch ganz anders. Nach seinem Wadenbeinbruch im August 2006 habe er in München keine faire Chance mehr erhalten - und auch keine Erklärungen.

"Hitzfeld hat mich ohne Erklärung im Stich gelassen", so Ismael. Außerdem spricht der 32-Jährige über seine Zukunft in der Bundesliga: "Ich werde bei einem Bundesliga-Team unterschreiben, das oben mitspielt. Es gibt Gespräche mit einem Team aus dem Süden und zwei aus dem Norden."

Bremen schließt Ismael kategorisch aus. Bleiben im Norden also noch Hamburg, Hannover und Wolfsburg, im Süden Nürnberg und Stuttgart, wo Armin Veh erstens noch einen erfahrenen Innenverteidiger sucht und zweitens mit Matthieu Delpierre bereits ein Landsmann von Ismael unter Vertag steht.

SPOX: Valerien, aus welchen Gründen haben Sie sich entschieden den FC Bayern bereits im Winter zu verlassen?

Valerien Ismael: Es ist der richtige Zeitpunkt für eine neue Herausforderung, denn ich habe nicht das Gefühl, dass der Trainer mich noch einmal eingesetzt hätte. Ich will auf keinen Fall bis zum Sommer warten, weil es mir zu schade wäre, sechs weitere Monate nicht zu spielen. Ich habe es satt auf der Bank zu schmoren. Auch wenn ich mit 32 bei einem Top-Verein unter Vertrag stehe, reicht mir das nicht mehr. Ich will spielen, das ist meine oberste Priorität. Mit dem Verein habe ich mich geeinigt: Sobald ich einen neuen Verein finde, werde ich gehen. Diese Entscheidung ist unwiderruflich - so ist es besser für alle.

SPOX: Haben Sie nicht noch einmal das Gespräch mit Ottmar Hitzfeld gesucht?

Ismael: Wir haben vor wenigen Tagen gesprochen. Er hat mir dabei aber nur meine Befürchtungen bestätigt. Weshalb er mich im Stich lässt, wollte er mir jedoch nicht erklären. Seit dem Bochum-Spiel (20. Oktober, d. Red.) stand ich gar nicht mehr im Kader - ohne eine einzige Erklärung. Ich bin lange im Geschäft und ich kann mittlerweile zwischen den Zeilen lesen.Entsprechend war mir klar, dass der Trainer nicht mehr mit mir rechnet. Aber ich wollte einfach Bescheid wissen, um endgültig Klarheit zu bekommen. Und irgendwie bin ich auch erleichtert, denn nun kann ich mir einen neuen Verein suchen: Ich bin bereit für ein neues Abenteuer.

SPOX: Sind Sie sauer, dass Sie nach Ihrem Wadenbeinbruch keine faire Chance bekommen haben, nachdem Sie sehr hart für Ihr  Comeback arbeiten mussten?

Isamel: Auf den Verein bin ich keineswegs sauer, und vor allem Manager Uli Hoeneß hat mich immer unterstützt.Das Problem Nummer eins ist der Trainer. Eineinhalb Jahr habe ich extrem viel geschuftet, um wieder beschwerdefrei spielen zu können. Ich hätte definitiv eine Chance verdient, da ich wieder topfit bin. Aber ich wurde nicht ein einziges Mal eingewechselt. Das ist bitter.

SPOX: Der angekündigte Transfer vom jungen brasilianischen Verteidiger Breno zum FC Bayern: War es der Knackpunkt, an dem Sie gesagt haben: Jetzt reicht´s?

Ismael: Überhaupt nicht. Meine Entscheidung steht seit einem Monat fest, seit der UEFA-Cup-Partie bei Roter Stern Belgrad. Daniel Van Buyten und Martin Demichelis waren damals verletzt, und ich dachte, dass ich endlich von Anfang an spielen würde. Aber ich wurde nicht mal in den Kader nominiert. Das war mir dann zuviel.

SPOX: Wie sieht nun Ihre Zukunft aus? Kehren Sie nach Frankreich zurück?

Ismael: Auf keinen Fall. Ich werde meine Karriere in der Bundesliga fortsetzen. Ich fühle mich sehr wohl in Deutschland. Außerdem kann ich durch die Winterpause eine komplette Vorbereitung absolvieren, um für den Start in die Rückrunde am 2. Februar bereit zu sein.

SPOX: Haben Sie bereits konkrete Anfragen?

Ismael: Es gibt ein paar Kontakte, aber noch keine Entscheidung. Es gibt Gespräche mit einem Team aus dem Süden und zwei aus dem Norden. Was ich heute sagen kann: Ich werde bei einem Bundesliga-Team unterschreiben, das oben mitspielt.

SPOX: Könnten Sie sich vorstellen zu Werder Bremen zurück zu kehren?

Ismael: Das wird schwer: Werder hat genug Innenverteidiger, und da wäre wohl nur Platz auf der Ersatzbank. Aber ich will spielen. Werder ist nicht mein Ziel. Ich will einen Klub, mit dem ich mich identifizieren kann, mit einer interessanten sportlichen Herausforderung. Mit Bremen und Bayern stand ich bereits bei den zwei besten Bundesliga-Mannschaften unter Vertrag und habe fast alles gewonnen. Nun, mit 32 Jahren, will ich wieder Spaß am Fußball haben.

SPOX: Welche Bilanz ziehen Sie nach  Ihrer Zeit beim FC Bayern?

Ismael: Es war fantastisch, beim FC Bayern zu spielen. Am Anfang war ich Stammspieler und ich habe das Double geholt.Leider endet nun alles mit einem großen Fragezeichen: Was wäre passiert, wenn ich von Anfang an die Vorbereitung im letzten Sommer problemlos mitgemacht hätte? Aber das alles macht mich schon traurig, denn es gibt im Verein viele gute Menschen. Mit Lizarazu früher, nun Sagnol und Ribery hatte ich mich angefreundet. Aber das Fußball-Geschäft ist hart. Die Entscheidung zu gehen musste ich nun fällen, bevor es zu spät geworden wäre...

SPOX: Hatten Sie nach Ihrer schweren Verletzung mal daran gedacht. Ihre Karriere zu beenden?

Ismael: Nein. Mein Ziel war es immer, auf höchstem Niveau spielen zu können. Man muss sich immer wieder neue Ziele stecken. Das macht mich stark. Es gibt Höhen und Tiefen sowie Rückschläge. Aber ich habe nie aufgegeben, sondern immer an mich geglaubt. Mental bin ich noch stärker als früher. Deshalb habe ich nun meinen Abgang provoziert, um zu zeigen: Jetzt reicht´s. Ich habe genug gelitten. Ich strebe nach Freiheit, um endlich wieder Fußball zu spielen.