Peter Gulacsi von RB Leipzig im Interview: "Ich bin bei Schneefall per Google Maps zum Trainingsplatz spaziert"

Peter Gulacsi absolvierte für die Profis des FC Liverpool kein einziges Pflichtspiel.
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Trotz des späteren Abstiegs mit Hereford lief der Start erneut gut für Sie: Bei Ihrem Profidebüt gab es einen 3:2-Auswärtssieg bei Cheltenham Town, im zweiten Spiel hielten Sie beim 2:0 gegen Leeds United einen Elfmeter. Wie erinnern Sie sich an diese Partien?

Gulacsi: Das Spiel in Cheltenham war ein kleines Derby, beide Vereine sind Rivalen. Wir mussten unsere beiden Innenverteidiger schon in den ersten zehn Minuten wegen Ellbogenschlägen verletzt auswechseln. Da dachte ich nur: Heute kommst du lieber nicht aus dem Tor. Zwei Tage später gegen Leeds rief mich Xavi direkt nach dem Spiel an. Er war damals mit den Profis bei einem Champions-League-Spiel und wusste nicht, wie es ausging. "2:0 ging's aus", sagte ich ihm. Er meinte: "Wie fielen denn die Gegentore, hättest du etwas machen können?" Als ich antwortete, dass wir gewonnen haben und ich einen Elfmeter hielt, saß er schon bei meinem nächsten Spiel auf der Tribüne. Man dachte nicht, dass es dort so gut für mich laufen und ich mich schnell an das Niveau anpassen würde. Nach den drei Monaten erhielt ich in Liverpool einen neuen Vertrag.

Dort spielten Sie zunächst wieder bei den Reserves, ehe es im April 2010 zu einem Not-Transfer kam: Für vier Mal eine Woche wurden Sie an die Tranmere Rovers aus Birkenhead verliehen, da sich dort beide Torhüter verletzt hatten. In diesen vier Wochen kamen Sie auf fünf Ligaspiele.

Gulacsi: In England gibt es ein Transferfenster für Not-Leihen. Dafür müssen mindestens zwei Torhüter verletzt sein. Ich habe bei Hereford gemerkt, wie überragend gut mir die Spielpraxis tut. Andererseits war klar, dass ich mit den Profis in Liverpool trainieren muss, um auf diesem Niveau zu bleiben und mich weiter zu entwickeln. Daher war der Plan: Wenn etwas kommt, um wieder Spielpraxis zu sammeln, dann machen wir das. Birkenhead liegt sehr nah an Liverpool, das hat also ideal gepasst. Es war auch von Beginn an sicher, dass die Leihe mehrfach um eine weitere Woche verlängert wird und ich am Ende auf fünf Spiele komme.

Gulacsi: "Pepe spielte auf einem hohen Niveau"

Nur vier Monate später schlugen Sie erneut bei Tranmere in Liga drei auf - wieder per Leihe, nur diesmal für einen Monat, aus dem dann ein zweiter geworden ist. Sie kamen auf insgesamt zwölf Einsätze in dieser Zeit. Die Keeper der Rovers waren erneut verletzt.

Gulacsi: Durch den Abgang von Rafa und Xavi gab es im Sommer eine große Veränderung im Klub. Roy Hodgson wurde Coach und brachte einen neuen Torwarttrainer mit. Zuvor war eigentlich der Plan, mich langfristig zu verleihen. Hodgson wollte aber erst alle Spieler anschauen und danach entscheiden. Ich blieb dann dritter Torwart der Profis. Als Tranmere erneut anfragte, war ich dort nur freitags, absolvierte am Wochenende die Spiele und trainierte die restliche Woche über in Liverpool.

Wie dachten Sie an diesem Punkt Ihrer Karriere, waren Sie weiterhin froh über die Spielpraxis oder fühlten Sie sich auch etwas durch die Gegend geschoben?

Gulacsi: Nein. Um zu Tranmere ins Stadion zu kommen, musste ich von meiner Wohnung aus nur zehn Minuten durch den Tunnel auf die andere Seite der Mersey fahren. Ich trainierte beim LFC auf höchstem Level und bekam Spielpraxis in einer sehr herausfordernden und sehr körperlichen 3. Liga. Das war für mich in dem Alter eine super Konstellation.

Wie groß war denn Ihre Hoffnung, es eines Tages bei den Liverpools Profis schaffen zu können?

Gulacsi: Wenn man sieht, wie damals Wojciech Szczesny bei Arsenal oder David de Gea bei Atletico ihre Chancen bekommen und genutzt haben, war das für mich nie vollkommen ausgeschlossen. Als dritter Torwart geht das allerdings nur, wenn irgendwas mit den beiden vor dir passiert, was auch immer es sein mag. Ich habe natürlich nicht darauf gehofft, dass sie sich verletzen. Pepe Reina spielte auf einem hohen Niveau, an ihm vorbeizukommen war sehr schwer. Dazu wird in England meist auf ältere, erfahrene Torhüter als Nummer zwei gesetzt. In diesem Ranking nach vorne zu kommen war einfach schwer.

Hodgson blieb nur ein halbes Jahr. Anschließend erlebten Sie noch Kenny Dalglish und Brendan Rodgers. Wurde es für Sie grundsätzlich schwieriger, nachdem Benitez und Valero gehen mussten?

Gulacsi: Auf jeden Fall. Alle drei nachfolgenden Trainer hatte zu meiner Situation eine unterschiedliche Meinung. Es gab insgesamt viele Änderungen und ein bisschen Instabilität auf der Torhüterposition. Pepe fehlte nun öfter verletzt, Brad Jones war nach dem Krebs-Tod seines Sohnes leider ein halbes Jahr abwesend. In meinem vierten Jahr war es unbefriedigend für mich. Ich sollte weiter dritter Torwart sein. Eine Ausleihe wäre nur zu einem Klub in der Nähe möglich gewesen, damit man mich jederzeit wieder zurückrufen kann. Das war nicht optimal, daher haben wir in der nächsten Saison entschieden, dass ich jetzt irgendwo kontinuierlich spielen muss.

Peter Gulacsi im Oktober 2011 während seiner Leihe bei Hull City.
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Peter Gulacsi im Oktober 2011 während seiner Leihe bei Hull City.

Leihe zum Zweitligisten Hull City - Gulacsi "zu naiv"

Das war dann beim Zweitligisten Hull City, wohin Sie für die Saison 2011/12 verliehen wurden. Eine Knieverletzung verhinderte, dass Sie dort auf mehr als 15 Spiele kamen.

Gulacsi: Wir haben lange überlegt, da auch eine Leihe nach Belgien möglich gewesen wäre. Hull war aber näher an Liverpool, um den Kontakt zu halten. Das Jahr lief leider absolut nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte.

Inwiefern?

Gulacsi: Die Championship ist eine ganz andere Liga als die League One, mit viel mehr Qualität. Ich war dort anfangs zu naiv und dachte, dass ich mit meiner sehr offensiven Spielweise auch in dieser Liga direkt durchkomme. Daher habe ich in meinen ersten beiden Spielen Fehler gemacht. Der Verein geriet direkt unter Druck, so dass sich Trainer Nigel Pearson für einen Torwartwechsel entschied. Mit dem älteren Torwart lief es dann, es gab keinen Grund, noch einmal zu wechseln. Im Herbst ging Pearson nach Leicester und Nick Barmby wurde sein Nachfolger. Unter ihm spielte ich zwar wieder und es lief deutlich besser, dann aber kam die Knieverletzung und die Saison war für mich beendet.