FC Bayerns U19-Trainer Danny Schwarz im Interview: "Ich weiß nur noch, dass ich mir die Haare rot gefärbt habe"

Von Dennis Melzer
Danny Schwarz spielte unter Joachim Löw für den VfB Stuttgart.
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Während Sie später bei Haching spielten, waren Sie Teil der deutschen A2-Nationalmannschaft. Was hatte es mit diesem Konzept auf sich?

Schwarz: Die A2-Nationalmannschaft war für Spieler gedacht, die für die U21 zu alt waren und sich im Dunstkreis der A-Nationalmannschaft bewegten. Besagte Spieler sollten die Möglichkeit bekommen, sich neben der Bundesliga auf internationalem Parkett zu präsentieren und die Kluft zur A-Nationalmannschaft minimieren. Man kann dieses Modell als Zwischenschritt bezeichnen, weil der Sprung von der U21 in die A-Nationalmannschaft damals schwieriger war als heute.

Warum war es damals schwieriger für junge Spieler?

Schwarz: Man kann den Fußball von damals nicht mit heute vergleichen. Die Jungen spielten im Normalfall keine tragende Rolle bei ihren Vereinen. Nur ein Beispiel: Beim VfB Stuttgart zählten zu meiner Zeit maximal zwei junge Spieler zum 18-Mann-Kader. Ich glaube, der DFB hat aber irgendwann gemerkt, dass er dem Unterbau viel mehr Aufmerksamkeit widmen muss.

Horst Hrubesch trainierte die damalige A2-Nationalmannschaft.
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Horst Hrubesch trainierte die damalige A2-Nationalmannschaft.

Schwarz: So lief es mit der A2-Nationalmannschaft

War die A2-Nationalmannschaft also in gewisser Weise ein Produkt dieses Lernprozesses beim DFB?

Schwarz: Die A2-Nationalmannschaft war womöglich eine Reaktion auf das schwache Abschneiden bei der WM 1998. Generell fand zu jener Zeit ein Umdenken statt und das Hauptaugenmerk wurde im Jugendbereich auf die Nachwuchsleistungszentren gelegt. Selbstverständlich trugen diese Maßnahmen nicht sofort Früchte, aber auf lange Sicht war die Entscheidung des DFB genau richtig.

Sprungbrett oder lästiges Beiwerk - Wie haben Sie als Spieler die Berufung in die A2-Nationalmannschaft bewertet?

Schwarz: Definitiv als Sprungbrett. Ich habe zuvor bereits drei Spiele für die U21-Nationalmannschaft absolviert. Als ich das erste Mal für den DFB aufgelaufen bin, habe ich erst realisiert, dass ich den Adler auf der Brust trage und Deutschland repräsentieren darf - obwohl ich wenige Jahre zuvor noch in der sechsten Liga gekickt hatte. Für die A2-Nationalmannschaft galt das Gleiche, ich habe jedes einzelne Spiel genossen. Wir sind zum Beispiel nach Bosnien gereist, um uns mit der A-Nationalmannschaft zu messen, in der Spieler wie Hasan Salihamidzic oder Sergej Barbarez waren.

Wer waren Ihre Teamkollegen in der A2-Nationalmannschaft?

Schwarz: Hans-Jörg Butt, Lars Ricken, Gerald Asamoah, Frank Baumann, Bernd Schneider oder Markus Schroth beispielsweise. Also alles gestandene Bundesligaspieler, die auf dem Sprung ins A-Team waren. Einige von ihnen haben sich später tatsächlich ganz oben etabliert.

Die A2-Nationalmannschaft bestand lediglich zwischen 1999 und 2001. Warum hatte das Modell keine Zukunft?

Schwarz: Die konkreten Details kenne ich nicht. Aber ich kann mir vorstellen, dass es an den Ergebnissen gelegen hat. Die Resultate waren nämlich nicht sonderlich zufriedenstellend, wir haben mit der A2-Nationalmannschaft meist verloren. In der Öffentlichkeit wurde aufgrund dessen die Sinnhaftigkeit des Modells hinterfragt. Nach dem Motto: "Was machen die da eigentlich, was soll das Ganze? Die tragen ihre Spiele aus, aber verlieren ständig." Dabei wurde nicht bedacht, dass junge Spieler die Chance erhielten, sich auf höchstem Niveau zu beweisen.

Im Anschluss wurde das so genannte "Team 2006" ins Leben gerufen, das nach nur zehn Spielen abgeschafft wurde. Können Sie sich erklären, warum sich auch dieses Perspektivmodell nicht etablieren konnte?

Schwarz: Ich glaube, dass schlicht keine Notwendigkeit mehr für diese Zwischenstation bestand. Aufgrund der positiven Entwicklung in den Nachwuchsleistungszentren waren die jüngeren Spieler schneller bereit, den Schritt in die A-Nationalmannschaft zu machen. Außerdem war dieses Projekt klar auf die WM 2006 ausgerichtet und wurde somit irgendwann hinfällig.

Zurück zu Ihnen. Nach Ihrer Station bei Haching folgte 2002 erneut der Wechsel zu einem Lokalrivalen. Sie schlossen sich 1860 München an. Wie gingen Ihre Mitspieler damit um?

Schwarz: Die Verhandlungen mit 1860 München starteten erst nach dem letzten Spieltag. Deshalb hatte ich mit meinen Hachinger Teamkollegen kaum noch Kontakt. Da es zwischen Unterhaching und 1860 aber nicht diese Rivalität wie beispielsweise zwischen den Löwen und dem FC Bayern gibt, handelte es sich dabei um einen ganz normalen Wechsel.

David Alaba durchlief die Jugend des FC Bayern.
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David Alaba durchlief die Jugend des FC Bayern.

Schwarz: Alaba? "Ehrgeizig, positiv besessen, wissbegierig und demütig"

Und wie verhielt es sich sieben Jahre später, als Sie von den Löwen zu Zweitvertretung des FC Bayern wechselten?

Schwarz: Zu Beginn gab es vonseiten einiger Anhänger der Bayern-Amateure Proteste. Darauf hatte ich mich im Vorfeld allerdings schon eingestellt.

Wie sind Sie mit dem Gegenwind umgegangen?

Schwarz: Das hat sich relativ schnell gelegt. Mehmet Scholl, damaliger Trainer der Amateure, hat das Gespräch mit den Fans gesucht, ich erhielt zudem die Unterstützung des Fanbeauftragten. Die Fans akzeptierten, dass ich nun ein Teil des FC Bayern war und 1860 Vergangenheit war.

Sie sagten, dass Sie im Vorfeld mit Protesten gerechnet hatten. Warum beschritten Sie mit 34 Jahren trotzdem diesen ungemütlichen Weg?

Schwarz: Ich wollte weiter Fußball spielen, weil ich mich noch fit gefühlt habe. Ich hatte damals auch Kontakt zur U23 des VfL Wolfsburg, die von meinem ehemaligen Coach Lorenz-Günther Köstner trainiert wurde. Mehmet Scholl suchte aber zu diesem Zeitpunkt ebenfalls einen erfahrenen Spieler, weil seine Mannschaft in akute Abstiegsnot geraten war. Da ich ohnehin in München lebte, war das die optimale Lösung. Und ganz ehrlich: Die Aussicht, für diesen Verein zu spielen und diesen Verein von innen kennenzulernen, war sehr reizvoll.

Bei den FCB-Amateuren standen Sie 29-mal mit dem jungen David Alaba auf dem Platz. Wie würden Sie ihn beschreiben?

Schwarz: Ehrgeizig, positiv besessen, wissbegierig, lernwillig und demütig. Neben seiner unglaublichen Qualität im fußballerischen Bereich, die damals schon brutal war, verband David alle Attribute, die man braucht, um es nach oben zu schaffen.

Er stand am Anfang seiner Karriere, Ihre Laufbahn klang langsam aus. Inwiefern konnte er von Ihrer Erfahrung profitieren?

Schwarz: Wenn ich ihm etwas erklärt habe, hat er mich mit großen Augen angeschaut, gebannt zugehört und sofort versucht, das Erklärte umzusetzen. Es gibt in diesem Alter auch Fußballer, die anfangen zu diskutieren, weil sie der Meinung sind, schon alles zu wissen. Das war überhaupt nicht Davids Art. Er war kritikfähig, hat Gas gegeben, ist in jedem Training an seine Grenzen gegangen und hat immer mehr gemacht als die anderen.