FC Bayerns U19-Trainer Danny Schwarz im Interview: "Ich weiß nur noch, dass ich mir die Haare rot gefärbt habe"

Von Dennis Melzer
Danny Schwarz spielte unter Joachim Löw für den VfB Stuttgart.
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Unterhaching war zum damaligen Zeitpunkt bereits die dritte Profistation Ihrer Karriere, die in Stuttgart begann. Wie wurde der VfB auf Sie aufmerksam?

Schwarz: Das Scouting-System, das wir heute kennen, gab es damals noch nicht. Ich habe als 20-Jähriger noch beim Landesligisten 1. FC Eislingen gespielt. Wir bekamen es im WFV-Pokal mit den Stuttgarter Kickers zutun, die damals in der Regionalliga spielten und Jungs wie Jonathan Akpoborie in ihren Reihen hatten. Wir gewannen völlig überraschend mit 2:1 und ich erzielte beide Treffer. Sogar die Bild-Zeitung widmete uns einen Artikel, das war das absolute Highlight. Mein Trainerteam bei Eislingen hatte einen guten Draht zum Co-Trainer vom VfB Stuttgart II und empfahl mich weiter. So kam der Kontakt zustande.

Mit 20 Jahren in Richtung Profifußball durchzustarten, ist unter heutigen Gesichtspunkten ein verhältnismäßig hohes Alter.

Schwarz: Das stimmt. Ich war ein typischer Spätstarter, ähnlich wie mein Kollege Miroslav Klose. Er ist ebenfalls erst mit 20 oder 21 Jahren im Profifußball angekommen.

Vom Landesligisten zum VfB Stuttgart ist ein großer Sprung. Wie etablierten Sie sich?

Schwarz: Obwohl es zunächst "nur" die VfB-Amateure waren, war der Schritt aus der sechsten Liga in die Oberliga brutal. Meine erste Woche in Stuttgart war die vermutlich fieseste Zeit meiner Karriere (lacht).

Warum?

Ich war extrem nervös, als ich aus dem beschaulichen Eislingen nach Stuttgart fuhr. Aber ich habe mich tatsächlich schnell festgebissen. Am zweiten Oberliga-Spieltag waren zufälligerweise Rolf Fringer und Joachim Löw, also die Trainer der ersten Mannschaft, vor Ort. Ich habe offenbar ein sehr gutes Spiel gezeigt, denn eine Woche später wurde mir mitgeteilt, dass ich künftig regelmäßig bei den Profis mittrainieren dürfe.

Wie ging es weiter?

Schwarz: Meine ursprüngliche Idee war eigentlich, dass ich zunächst einmal bei den Amateuren Fuß fasse und irgendwie den Sprung nach oben schaffe. Aber ich habe die Chance bei den Profis genutzt und sechs Monate später in Freiburg mein erstes Bundesligaspiel gemacht. Dass es so schnell gehen würde, hätte ich nicht gedacht. Aber ich hatte wohl auch das nötige Quäntchen Glück auf meiner Seite.

Der heutige Bundestrainer Joachim Löw trainierte Schwarz beim VfB Stuttgart.
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Der heutige Bundestrainer Joachim Löw trainierte Schwarz beim VfB Stuttgart.

Schwarz: "Löw war ein Verfechter des Straßenfußballs"

Sie haben den heutigen Bundestrainer Joachim Löw bereits angesprochen. Wie haben Sie seine Arbeit bei Stuttgart wahrgenommen?

Schwarz: Er war zunächst Co-Trainer unter Rolf Fringer und wurde ein Jahr später zum Chefcoach befördert. Ich habe Joachim Löw damals immer als Verfechter des Straßenfußballs wahrgenommen. Er hat sich weniger mit irgendwelchen Systemen oder physischen Aspekten beschäftigt, sondern bei ihm stand immer das Spiel mit Ball im Vordergrund. Wir haben viele Kleinfeld- und Positionsspiele gemacht. Natürlich hat er sich in den vergangenen 20 Jahren als Trainer weiterentwickelt, aber seine Philosophie, die damals recht progressiv war, hat er sich größtenteils bis heute bewahrt.

Was waren die prägnantesten Unterschiede zwischen Joachim Löw und anderen Trainern?

Schwarz: Er hat sehr viel Wert auf ein ballfokussiertes Training gelegt und war mit uns kaum im Wald. Später, bei meinen anderen Stationen, haben wir teilweise Waldläufe bis zum Erbrechen absolviert. Das kam meinem Spielstil eigentlich überhaupt nicht entgegen, weil ich kein Spieler war, der über die Physis gekommen und im defensiven Mittelfeld durch die Gegend gegrätscht ist.

Und welcher Coach hatte eine besondere Leidenschaft für Waldläufe?

Schwarz: Lorenz-Günther Köstner, mein Trainer bei Haching. Allerdings muss ich dazu sagen, dass eine starke Physis unsere einzige Chance war, in der ersten Liga zu bestehen.

Inwiefern?

Schwarz: Das soll nicht heißen, dass wir nicht kicken konnten. Wir haben lediglich versucht, uns den Gegebenheiten anzupassen und uns als Ziel gesetzt, eine ekelige, schwer zu bespielende Mannschaft zu werden. Das ist uns gelungen. Dementsprechend war Köstners Marschroute für Haching clever und genau richtig. Er hat gesagt: "Wir machen das auf eine andere Art und Weise, sonst steigen wir sofort wieder ab." Wir gingen läuferisch und kämpferisch also bestens vorbereitet in die Bundesliga-Saison und viele Mannschaften haben sich an uns die Zähne ausgebissen. Wenn wir versucht hätten, mit Vereinen wie Bayern, Dortmund oder Leverkusen mitzuspielen, dann wären wir gnadenlos abgeschossen und durchgereicht worden.

Schwarz gewann 1997 mit dem VfB den Pokal.
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Schwarz gewann 1997 mit dem VfB den Pokal.

Schwarz über die Partynacht mit Löw nach dem Pokalsieg

Kommen wir noch einmal zurück zu Joachim Löw. Sie gewannen gemeinsam den DFB-Pokal 1997 nach einem 2:0 gegen Energie Cottbus. Wie verlief die Partynacht in Berlin?

Schwarz: Ich weiß nur noch, dass ich mir die Haare rot gefärbt habe (lacht). Da ich eher in der zweiten Reihe stand, war der DFB-Pokalsieg für mich allerdings nicht der Moment, um völlig auszuflippen. Wenn ich Stammspieler gewesen wäre und über 90 Minuten im Finale auf dem Platz gestanden hätte, wäre das vermutlich anders gewesen.

Immerhin wurden Sie aber kurz vor Schluss eingewechselt.

Schwarz: Für dieses kleine Bonbon bin ich Joachim Löw wirklich bis heute dankbar. Ich habe es als Bestätigung meiner Entwicklung gesehen, denn es saßen durchaus namhaftere Spieler neben mir auf der Bank. Dennoch: Ich war Teil der Mannschaft, aber hatte mit Zvonimir Soldo einen gestandenen kroatischen Nationalspieler vor mir, an dem ich nicht vorbeikam. Ich musste mir ein Jahr später eingestehen, dass ich einen anderen Weg suchen muss, um meine Karriere auf Trab zu bringen.

Dieser Weg führte Sie 1998 ausgerechnet zum Stuttgarter Erzrivalen Karlsruher SC. Nahmen die VfB-Fans Ihnen den Schritt übel?

Schwarz: Die VfB-Fans nicht, sondern eher die KSC-Fans (lacht). Es war am Anfang wirklich nicht so einfach. Zum Zeitpunkt meiner Unterschrift war Karlsruhe noch erstklassig, am letzten Spieltag stieg der Verein jedoch ab. Zu Beginn der Zweitligasaison lief dann überhaupt nichts zusammen und wir standen nach fünf Spieltagen mit null Punkten da. Die Stimmung bei den Fans kippte und ich war als ehemaliger VfB-Spieler eine gefundene Zielscheibe.

Gelang es Ihnen im Laufe der Zeit, die KSC-Fans von Ihren Qualitäten zu überzeugen?

Schwarz: Als wir uns aus sportlicher Sicht gefangen hatten, besserte sich die Situation. Generell muss ich rückblickend sagen, dass der Schritt in die zweite Liga für meine persönliche Entwicklung genau richtig war. Ich habe mich zum Stammspieler gemausert und insgesamt 31 Saisonspiele bestritten. Das wäre im Falle des Klassenerhaltes auf jeden Fall schwieriger gewesen.