"Ich möchte wieder in den Profibereich"

Tomislav Stipic ist derzeit auf Vereinssuche
© getty
Cookie-Einstellungen

SPOX: Sie haben lange Jahre beim FC Ingolstadt 04 erfolgreich in der Nachwuchsabteilung gearbeitet. Wäre das als Wiedereinstieg auch eine Option für Sie?

Stipic: Der Jugendbereich war auch mein Ausbildungsbereich. Man hatte es mit vielen unterschiedlichen Charakteren und deren unterschiedlichen Geschichten zu tun, was definitiv für noch mehr Empathie bei mir gesorgt hat. Diese Jungs hatten alle meine absolute Aufmerksamkeit verdient. Diese Werte habe ich mitgenommen in den Profibereich. Der ist es auch, der meinen totalen Hunger nach Fußball und Erfolg stillen kann. Da möchte ich wieder hin.

SPOX: Welche Lehren haben Sie aus Ihren zwei Profistationen gezogen?

Stipic: Fußball bleibt Fußball. In allen Ligen und Altersbereichen muss man lehren, bewegen, motivieren, unterhalten und kommunizieren. Der größte Lerneffekt ergab sich sicherlich aus dem öffentlichen Fokus, den ich zuvor in dieser Form ja noch nicht kannte.

SPOX: Was genau haben Sie daraus gelernt?

Stipic: Die Medien sind ein ganz wichtiger Bestandteil des Profigeschäfts. Mit dem Herzen berührt man die eigene Mannschaft, mit Fakten und Erfolgen die Öffentlichkeit.

SPOX: Wie sehr zehrt denn monatelanger Abstiegskampf an den körperlichen wie geistigen Kräften von Mannschaft und Trainer?

Stipic: Abstiegskampf ist eine sehr intensive Erfahrung. Die sportliche Arbeit bleibt die gleiche, aber die Umstände drum herum sind anders. Da gibt es Existenzängste, Unzufriedenheit, Zweifel, negative Presse und daraus resultierend dann eine schwierigere Grundstimmung im Umfeld. In einer solchen Phase braucht es Energie und Kraft. Ein Trainer muss dann liefern und führen.

SPOX: Sie haben Aue und die Kickers in einer Phase übernommen, als beide Teams sportlich vollkommen am Boden lagen. Wäre es nach der reinen "Stipic-Tabelle" gegangen, dann hätten Sie den Klassenerhalt in beiden Fällen souverän geschafft. Ihr Gesamtpunkteschnitt beträgt 1,41. Würden Sie also noch einmal während der Saison einen akut abstiegsgefährdeten Verein übernehmen?

Stipic: Selbstverständlich. Es kommt immer auf das Potenzial der Gemeinschaft an und wie realistisch die Chancen sind, die Zielvorgaben des Vereins auch erreichen zu können. Ich kann voller Überzeugung sagen, dass es natürlich noch hilfreicher wäre, könnte ich die eigenen Vorstellungen in die Kaderplanung und Vorbereitungszeit mit einbringen. Doch diesen Luxus werde ich mir in Zukunft noch erarbeiten.

SPOX: Aber es war jeweils schon besonders heikel für Sie, in Aue und Stuttgart zwei seit mehreren Partien sieglose Teams zu übernehmen?

Stipic: Lieber stelle ich mir ein außerordentlich großes Ziel vor und verfehle dieses knapp, bevor ich ein kleines formuliere und dieses leicht übertreffe.

SPOX: Seit Ihrem Aus in Stuttgart wurden Sie bei anderen Klubs immer mal wieder im Dunstkreis möglicher Kandidaten genannt. Was fehlte bislang zu einer Einigung?

Stipic: Die Aufgabe muss für beide Seiten passen. Vereine stehen für Werte und ich als Mensch selbstverständlich auch. Passen diese zusammen, dann unterhält man sich mehr und mehr über die so wichtigen Details. Die Anzahl an Fußballlehrern ist letztlich groß, der Bedarf dagegen nicht immer so sehr. Das Besondere setzt sich durch.

SPOX: Es gibt also auch gewisse Einschränkungen für Sie?

Stipic: Grundsätzlich bin ich vom Naturell her ein offener und neugieriger Mensch, der Herausforderungen liebt. In Gesprächen findet man normalerweise relativ schnell heraus, ob Gleichgesinnte am Tisch sitzen.

SPOX: Inwiefern beschäftigt einen der Gedanke, nach zwei Anläufen im Profibereich, an deren Ende jeweils ein Abstieg stand, möglicherweise nicht mehr überall ganz oben auf der Liste der Kandidaten zu stehen?

Stipic: Stempeln mich zwei Abstiege wirklich ab für dieses Geschäft? Daran glaube ich nicht. Ich denke, die jeweilige Punktausbeute unter mir misst im Verhältnis zum vorhandenen Potenzial der Konkurrenz am objektivsten und fairsten, welche Leistung man tatsächlich erbracht hat. Zumal die Menschen, die in den Klubs die Entscheidungen treffen, auch meistens genauer hinschauen. Vereine suchen Trainer, die die Vereinsidentität auf den Platz bringen und viele Punkte versprechen.

SPOX: Sie wirken seit jeher selbstbewusst und positiv gestimmt. Wie schaffen Sie es, diese Grundstimmung aufrecht zu erhalten, obwohl Sie derzeit ohne Verein dastehen?

Stipic: Der Rückblick und die Analyse meiner bisherigen Arbeit geben mir dieses positive Gefühl. Ebenso die Gespräche mit den Verantwortlichen meiner bisherigen Vereine. Man hat mir in schwierigen Situationen das Heft des Handelns anvertraut und auch bis zum Ende offenbar nie das Gefühl gehabt, dass ein anderer Trainer mehr hätte herausholen können. Die Reißleine wurde ja nie gezogen.

SPOX: Immerhin können Sie so auch sagen, bisher noch nie entlassen worden zu sein.

Stipic: Genau, das wird sicherlich auch irgendwann passieren. (lacht) Aber dafür muss ich erst einmal im Job sein.

Tomislav Stipic im Steckbrief

Inhalt: