Eine Frage des Standpunkts

Von Florian Bogner
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© Getty

München - Die Würfel sind gefallen, die Kirch-Agentur "Sirius" wird zwischen 2009 und 2015 die Rechte für die 1. und 2. Bundesliga vermarkten und zahlt der Deutschen Fußball Liga (DFL) dafür über 3 Milliarden Euro. Doch wie will die DFL die Interessen aller potentiellen Bieter unter einen Hut bringen? Ein Husarenstück.

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Eines ist klar: Nach dem Milliarden-Deal wird das Gerangel um die Ausstrahlung der Bundesliga heftiger denn je ausfallen.

Noch demonstrieren die beiden "Schwergewichte" ARD und Premiere Zuversicht. Während die ARD für die Sportschau am Samstag nicht schwarz sieht, ist der Pay-TV-Anbieter Premiere optimistisch, seine Vormachtstellung am Markt ab 2009 sogar noch ausbauen zu können.

Bisher sind bei beiden Sendern allerdings Zurückhaltung und Gelassenheit angesagt. In die Karten lässt sich keiner schauen. "Die Überlebenschance der Sportschau ist sehr groß, denn eine attraktive und erfolgreiche Fußball-Bundesliga braucht auch in Zukunft ein Millionenpublikum, das sich Pay-TV nicht leisten kann oder will", meint ARD-Programmdirektor Günter Struve.

Ähnlich optimistisch ist auch Premiere-Vorstand Carsten Schmidt. "Wir liefern das Produkt, das die Fans seit Jahren gewohnt sind und auch in der Zukunft erwarten", so Schmidt gegenüber SPOX.com. Für den Pay-TV-Anbieter gibt es jedoch noch ein großes "Aber". Die Ankündigung der DFL, die Live-Berichterstattung zukünftig selbst zu übernehmen und dem Vermarkter ein Komplettpaket anzubieten, stößt bei den Münchnern auf Ablehung.

Premiere: "Werden genügend Argumente haben"

"Unsere Position ist klar: Wir möchten auch in Zukunft ein journalistisch unabhängiges und damit qualitativ hochwertiges Produkt haben. Das geht nur, wenn wir selbst die Möglichkeit zur Gestaltung haben", sagte Schmidt.

Beispiele von anderen großen Sportevents zeigen, dass eine "Berichterstattung von innen" nicht der richtige Weg sei. "Weder NBA oder NFL, weder die FIFA noch die Formel 1 sind bislang diesen Weg gegangen, obwohl es bestimmt verlockend für sie wäre. Aber dort hat man erkannt, dass eine gewisse Differenzierung und ein eigenes Sender-Image entscheidend sind, um auf dem Markt zu bestehen", sagte der Premiere-Vorstand.

Auch in diesem Punkt herrscht bei Premiere Optimismus vor: "Als größter Partner werden wir sicherlich Argumente haben, um die Verantwortlichen zu überzeugen."

Keine Sportschau-Garantie für ARD

Bei der ARD muss man derweil um die Vormachtstellung der Sportschau bangen. Bei Premiere würde man es gerne sehen, wenn die ersten Bewegtbilder zur Bundesliga im Free-TV erst ab 22 Uhr über den Äther gehen. Nur in diesem Fall wäre man bereit, bei der nächsten Ausschreibung für die Jahre 2009 bis 2012 viel Geld auf den Tisch zu legen.

"Der Samstag ist der wichtigste Tag. Insofern streben wir eine Verschiebung der Zusammenfassung nach 22 Uhr an, also erhöhte Exklusivität für Premiere. Und das wird sich auch in unseren Angeboten, die wir abgeben, niederschlagen", sagte Premiere-Chef Michael Börnicke im Fernsehsender "n-tv".

Die DFL ist sich dieser Gratwanderung bewusst und hat der Sportschau bereits die erste Illusion genommen. "Es mag unpopulär sein, aber eine Bestandsgarantie für die Sportschau ab 18.30 Uhr kann es nicht geben. Wir wissen, wie wichtig die Sportschau für die Marke Bundesliga ist. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass der wichtigste Geldgeber der Liga bislang Premiere ist und dass deren Zukunftschancen eben auch wichtig sind", erklärte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert in der "Welt".

ARD setzt auf Zustimmung der Zuschauer

Bei der ARD sieht man das freilich anders - man baut auf die Zustimmung der Zuschauer. "Mit durchschnittlich rund sechs Millionen Zuschauern ist die Sportschau am Samstag äußerst lebendig", gibt Struve zu bedenken. Zudem wäre die Sportschau ab 22 Uhr wegen des Werbeverbots nach 20 Uhr bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht mehr finanzierbar.

Auch die Nachfrage gibt der ARD Recht: Alle bisherigen Versuche, die Bundesliga samstags nach 20 Uhr im Free-TV zu übertragen, waren kläglich gescheitert. Zuletzt musste Sat.1 im Jahr 2001 mit "ran" nach wenigen Wochen zurückrudern.

Ein weiteres Argument: Wenn die Einschaltquote im Free-TV unter zwei Millionen sinkt, dürften die Vereine mit ihren Trikotsponsoren bei der DFL auf der Matte stehen.

Zukunft Pay-TV?

Bei Premiere pocht man andererseits darauf, dass eine so zeitnahe Übertragung der Bundesliga im Free-TV, wie es derzeit der Fall ist, nicht mehr zeitgemäß ist. In Spanien, Italien oder England kämen die Zuschauer nicht in den Genuss dieses Luxus - dafür sind die Pay-TV-Sender auch bereit, mehr zu zahlen. In England liegen die Gesamt-TV-Einnahmen beispielsweise bei über 1,2 Milliarden Euro pro Jahr - in Deutschland sind es bislang "nur" 440 Millionen.

Schmidt dazu: "Ich glaube, der Fußball hat erkannt, dass Pay-TV die Zukunft ist. Jetzt ist nur die Frage, in welchem Tempo man das anpacken möchte." Den Äußerungen von Herrn Seifert habe man jedoch entnommen, "dass unsere Zielstellung, deutlich mehr Exklusivität am Samstagvorabend zu erhalten, weiter sehr realistisch ist".

Kartellamt untersucht Milliarden-Deal

Unterdessen hat das Bundeskartellamt angekündigt, die Zusammenarbeit zwischen Kirch und der DFL zu untersuchen. "Wir gehen davon aus, dass Gemeinschaftsunternehmen von Kirch und DFL bei uns zur Prüfung angemeldet werden", sagte eine Kartellamtssprecherin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Die von Kirch und DFL geplante gemeinsame Produktionsgesellschaft unterliege der Fusionskontrolle. Das Kartellamt werde auch über den wettbewerbskonformen Verkauf der Bundesliga-Rechte wachen, sagte die Sprecherin weiter.

Wettbewerbsexperten äußern Bedenken gegen die Pläne, weil Kirch auch am Medienunternehmen EM.Sport beteiligt ist, das zum Kreis der Bundesliga-Interessenten gezählt wird. Ein Kirch-Sprecher wies die Vermutungen zurück. "Wir werden einen diskriminierungsfreien Ablauf sicherstellen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

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