Räikkönen: Regelauslegung "ein Witz"

Kimi Räikkönen und Max Verstappen kämpften beinahe den gesamten Unganr-GP gegeneinander
© getty

Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen hat nach dem Großen Preis von Ungarn die Regelhüter der Formel 1 scharf kritisiert. Der Finne forderte nach dem hitzigen Duell mit Red Bulls Max Verstappen Änderungen bezüglich der Auslegung des Reglements und der Verhängung von Strafen.

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"Es gibt Regeln, aber an diesem Wochenende war der Umgang damit zweifelhaft. Ich rede nicht nur über die Vorfälle zwischen mir und Max. Es war vielfach zweifelhaft, auch gestern", sagte der Iceman: "Wozu haben wir Regeln, wenn die Stewards entscheiden können: 'Hier ist es in Ordnung, da ist es nicht in Ordnung'? Es ist sinnlos Regeln zu haben, wenn man sie nicht immer anwendet - für alle."

Der Iceman bezog sich damit auf die Diskussionen nach dem Qualifying. Gleich bei zwei Vorfällen verhielt sich die Rennleitung eigentümlich.

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Erst Stunden nach dem Ende der Qualifikation hatten die Stewards Ermittlungen gegen Nico Rosberg aufgenommen. Der Mercedes-Pilot war unter doppelt-gelbgeschwenkten Fahnen eine absolute Bestzeit im Mittelsektor gefahren und hatte damit die Pole Position geholt. Die Stewards sahen darin aber kein Vergehen, Rosberg habe genug verzögert.

Umstrittene Auslegung der 107-Prozent-Regel

Schwerwiegender war für Räikkönen allerdings der Umgang der Stewards mit den Piloten, die es in Q1 verpasst hatten, eine Rundenzeit innerhalb von 107 Prozent der Zeit des Schnellsten zu fahren. Für diesen Fall sieht das Reglement vor, dass die betreffenden Fahrer am Ende des Feldes starten müssen. Die Stewards entschieden jedoch aufgrund "außergewöhnlicher Umstände" dafür, die Regel nicht anzuwenden. Davon profitierten die Red Bull, die ihre Startplätze in der zweiten Reihe behalten durften.

"Ein gutes Beispiel", so Räikkönen: "Man hat die 107-Prozent-Regel und die Stewards wenden sie auf die an, die das erste Qualifying nicht überstanden haben - aber nicht auf den Rest. Wie kann man auf einmal die eine Regel im selben Qualifying auf zwei Arten anwenden? Könnte mir das jemand erklären? Aber so ist die Formel 1 heutzutage. Das muss sich ändern. Es wirkt schlecht auf die Leute außerhalb. Und es ist nicht fair. Es gibt eine Regel, die sollte für jeden auf genau die gleiche Weise gelten."

Verstappen-Manöver für Räikkönen zu hart

Räikkönen fühlte sich zudem auch persönlich von den Stewards falsch beurteilt. Während der Schlussphase des Rennens auf dem Hungaroring hatte er versucht, Verstappen zu überholen. Dabei hatte der Niederländer die Tür zu Turn 3 zugemacht, Räikkönen fuhr ihm beim Ausweichmanöver auf und beschädigte sich den Frontflügel.

"Aus meiner Sicht hat er zuerst nach rechts gezogen, da habe ich entschieden, nach links zu fahren. Aber wenn der andere dann zurückkommt ... ich habe alles versucht, um den Kontakt zu vermeiden", so Räikkönen: "Da kann er nicht einfach hinfahren. Gut, dass ich es noch geschafft habe, ihn halb zu verfehlen."

Das Ergebnis des Rennens um den Ungarn-GP

Später blockierten Räikkönens Räder, als er auf der Außenbahn von Turn 1 nochmals eine Berührung vermied. "Eine ähnliche Geschichte. Ich habe ein Manöver gestartet. Und wenn man ein Manöver startet, ist es schwer, einen Rückzieher zu machen und dem anderen Auto auszuweichen, wenn es sich in Deine Richtung bewegt."

Die Schuld dafür sah Räikkönen auch bei der Rennleitung. "Er hat sich nicht korrekt verhalten", so der Iceman: "Aber wie ich schon sagte, die Stewards - oder die Leute, die entscheiden, wie die Dinge hier laufen - die Stewards und einige andere Leute - in vielen Dingen ist es mit den Regeln ein Witz."

Red Bull verteidigt Verstappen

Red Bull sah die Situation komplett anders. "Ich wüsste nicht, was er sich da aufzuregen hat. Das war ein derartig optimistischer Versuch von Kimi, Max hat überhaupt nichts falsch gemacht", echauffierte sich Motorsportberater Helmut Marko.

Auch der junge Niederländer verteidigte sich vehement gegen Räikkönens Anschuldigungen. "Ich bin nur einmal herübergezogen. Von daher wäre es ziemlich seltsam, wenn ich bestraft werden würde", sagte er direkt nach dem Rennen: "Ich konnte ihn kommen sehen. Er war sehr optimistisch, dass er da innen hineinstechen will. Ich bin nach innen gezogen, er musste bremsen und hat dabei blockiert. Dabei hat er mein Heck getroffen - oder den Reifen, das weiß ich nicht. Aber das kann passieren."

Verstappen beurteilte die Situation als normales Renngeschehen. "Wir sind immer am Limit, das gehört dazu. Wir kämpfen mit Red Bull gegen Ferrari in der Meisterschaft", sagte er, und erlaubte sich anschließend einen Seitenhieb: "Es ist schön, dass man Kimi zumindest mal über den Funk reden hört." Der sonst eher wortkarge Räikkönen hatte direkt nach den Beinahe-Unfällen eine Schimpftirade an die Box gefunkt.

"Es ist nicht an mir zu entscheiden, ob es korrekt war oder nicht. Aber ich habe Leute gesehen, die für viel weniger bestraft wurden", argumentierte Räikkönen. Zusammen mit Teamkollege Sebastian Vettel ist er schon beim Deutschland-GP gefordert: Ferrari liegt in der Konstrukteurs-WM nur noch einen Punkt vor Red Bull auf Platz 2.

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