Segelfliegen für Fortgeschrittene

Fliegt und siegt. Lewis Hamilton fährt in der Formel 1 fast schon in einer eigenen Liga
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Platz 5, Nico Rosberg: Eines muss ich dem Vizeweltmeister lassen: Er flüchtet sich nicht in Ausreden. Klar und deutlich räumte er seine Niederlage gegen Lewis Hamilton nach dem Rennen ein und gab als Grund das Qualifying an.

Damit lag er goldrichtig. Im baugleichen Auto ist Überholen nun mal schwer. Wer im entscheidenden Teil der Qualifikation drei Zehntel auf seinen Teamkollegen verliert, muss sich die Niederlage selbst ankreiden. Selbst wenn er im Rennen auf Augenhöhe fährt.

Platz 6, Daniil Kvyat: Der Red-Bull-Pilot konservierte seine gute Form vom Monaco-Wochenende und brachte sie mit über den großen Teich. Er qualifizierte sich vor seinem durchweg enttäuschenden Teamkollegen Daniel Ricciardo und fiel im Rennen nur einen Platz zurück. Beim Australier waren es gleich vier.

Da die Renault-befeuerten Bullen-Teams auf den langen Geraden immer noch von jedem Konkurrenten außer McLaren-Honda nach Belieben zersägt werden, hatte Kvyat kaum Chancen, sich nach vorne zu orientieren. Immerhin hielt er Romain Grosjean und Sergio Perez hinter sich.

Platz 7, Sebastian Vettel: Von 18 auf 4, allein dafür hätte der WM-Drittplatzierte eine sehr gute Platzierung verdient. Das Ausscheiden in Q1 ist ihm nicht anzukreiden, weil der Ferrari-Antrieb streikte. Ohne zurückgewonnene Energie fehlte zu viel Leistung.

Trotzdem bekommt Vettel von mir deutliche Abzüge. Durch sein illegales Überholmanöver unter Roten Flaggen handelte er sich eine Strafversetzung um fünf Plätze ein. Wäre das Qualifying normal verlaufen, hätte er dadurch die Chancen für eine Attacke auf die Silberpfeile schon vor dem Start verspielt gehabt.

Platz 8, Fernando Alonso: Ob der zweifache Weltmeister Roberto Blanco kennt? Ein bisschen Spaß gönnte er sich jedenfalls und lehnte es ab, mitten in den Zweikämpfen der ersten Rennhälfte Benzin zu sparen. Damit sorgte er in einem vergleichsweise langweiligen Kanada-GP ohne Safety-Car-Phasen für Aufsehen. Eineinhalb Runden Verteidigungskampf gegen Vettel, viel mehr war allerdings nicht drin.

Der vierte Ausfall beim sechsten Start seit der Rückkehr zu McLaren mag Honda aussehen lassen wie Amateure. Für Alonso gilt das allerdings nicht. Er qualifizierte sich für Q2 und drängte sich zwischen die beiden Ferrari-befeuerten Sauber. Dass ein Problem mit dem Auspuff sein Rennen beendete, ändert nichts an der guten fahrerischen Leistung.

Platz 9, Pastor Maldonado: Es geht doch! Der Venezolaner brachte seinen Lotus nach fünf Ausfällen in den ersten sechs Rennen endlich in die Punkte. Es war erst das dritte Mal in den letzten 46 Grands Prix, das beste Resultat seit dem Abu-Dhabi-GP 2012. Wie er das schaffte?

Maldonado hielt sich von Startplatz 6 aus jedem Disput heraus und wechselte früh auf die soften Slicks, um wieder an Hülkenberg vorbeizukommen. Anschließend machte er den Marathon-Maldonado: 53 Runden lang hielt er auf dem zweiten Reifensatz durch. Beachtenswert.

Platz 10, Kimi Räikkönen: Butter bei die Fische: Für mich ist der Iceman selbst schuld, dass er das Podium verpasst hat. Der Dreher in der Haarnadel war völlig überflüssig und vermeidbar. Räikkönen hätte wissen müssen, wie sein Motor beim Herausbeschleunigen reagiert.

Zwölf Sekunden verlor er und schenkte Bottas Platz 3, weil er die Leistung des Motors unterschätzte. Zur Erklärung: Das Motoren-Mapping wird nach dem Boxenstopp genauso aggressiv eingestellt wie beim Start. Das Reglement schreibt vor, dass diese Einstellung 60 Sekunden lang nicht verändert werden darf. Weil Räikkönen dann auch noch seine Reifen durchs Vollgas beim Wendemanöver zerstörte, bekommt der im Qualifying überzeugende Finne von mir einen deutlichen Abzug.

Immerhin gab es einen kleinen Grund zur Freude: Räikkönen fuhr in Montreal die 42. schnellste Rennrunde seiner Karriere und ist nun Zweiter der ewigen Bestenliste. Bis zum Rekordhalter Michael Schumacher fehlen allerdings noch ein paar: Schumi kam im Laufe seiner Karriere auf 77.

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