Sebastian Vettel wie ein DTM-Fahrer

Sebastian Vettel kämpfte auch auf dem Hockenheimring mit seinem Red Bull
© getty

In der Formel-1-Saison 2014 soll es dank verändertem Reglement wieder mehr auf den Fahrer ankommen. SPOX-Redakteur Alexander Maack bewertet nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Auch die User haben die Chance zur Mitbestimmung. Teil 10: Der Deutschland-GP in Hockenheim.

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Platz 1, Daniel Ricciardo: Der Aussie steht wieder an der Spitze - und das hat einen Grund. Ricciardo fuhr ein mehr als exzellentes Rennen. Sein Zweikampf mit Fernando Alonso war Motorsport auf höchstem Niveau. Platz bekam der Spanier, trotzdem hielt der Red-Bull-Pilot den Ferrari, der den Vorteil der wesentlich neueren, sowieso schnelleren supersoften Reifen hatte, rundenlang hinter sich - mit großartigen Kontern.

Ricciardos Rennen war da allerdings schon zerstört. Er musste am Start Felipe Massa und Kevin Magnussen ausweichen, fuhr in der fast komplett asphaltierten Auslaufzone von Turn 1 sogar leicht durchs Kiesbett und war plötzlich nur noch auf Rang15. Seine clevere Aufholjagd kompensiert aber selbst den durchwachsenen fünften Startplatz.

Das Schlusswort gehört an dieser Stelle ausnahmsweise nicht mir, sondern seinem Gegner. "Er macht das unglaublich. Es steht sieben zu drei für ihn im Qualifying gegen Sebastian Vettel. Das hätten wir so nicht erwartet", lobte Alonso: "Er fährt fantastisch und hat heute sehr klug gekämpft - immer im Windschatten, wenn ich vorbei war, immer spät auf der Bremse, spät attackierend, ohne dabei ein einziges Mal die Kurve zu verpassen. Er war richtig gerissen, hat die Regeln aber eingehalten. Das war ein großartiger Fight."

Platz 2, Valtteri Bottas: Der Flying Finn macht einfach weiter. Dass seine Reifen am Ende komplett heruntergefahren waren, störte Bottas nicht im Geringsten. Er brachte Hamilton zur Weißglut, indem er nur noch Vollgas fuhr, bevor die Überholmöglichkeiten kamen. So reichte sein Vorsprung trotz des Materialnachteils und des langsameren Autos für den zweiten Platz.

Wer Williams Mitte 2013 erzählt hätte, dass das Team 2014 mit drei Podiumsplätzen in Folge Ferrari Rang drei in der Konstrukteurswertung abnimmt, wäre wahrscheinlich entweder eingewiesen oder als Motivationscoach eingestellt worden. Mittlerweile ist es Realität - dank Valtteri Bottas: Der 24-Jährige hat 91 von 121 WM-Punkten seines Rennstalls eingefahren, Felipe Massa kann dank Pech und eigenen Fehlern nicht mit dem Youngster mithalten, der als Fünfter in der Fahrerwertung schon im Heck von Ricciardo und Alonso sitzt.

In Hockenheim überzeugte der 24-Jährige vom Anfang bis zum Ende. Schon im Qualifying hatte er Massa hinter sich gelassen. Noch beeindruckender: Er schaffte es, bis auf zwei Zehntel an Rosberg heranzukommen. Bottas ist die größte Hoffnung, dass es 2014 noch ein Pilot schafft, aus eigener Kraft einen Sieg des Werksteams zu verhindern. Möge die Macht mit ihm sein!

Platz 3, Lewis Hamilton: Und damit zum von Motorsportdirektor Toto Wollf zum "Jedi-Ritter" geschlagenen WM-Zweiten, der im dritten Rennen hintereinander eine Aufholjagd hinlegte - oder besser hinlegen musste. Das macht schließlich keiner freiwillig. Einen feinen Unterschied gibt's: Beim Deutschland-GP war Hamilton erstmals nicht selbst schuld an seinem schlechten Startplatz, deshalb liegt er in meinem Ranking auch weiter vorn. Der beste Mann des Wochenendes war er trotz seiner spektakulären Überholmanöver für mich nicht - oder gerade deswegen.

Hamilton ging aus meiner Sicht zu große Risiken ein. Hätte Sutil nicht die Lenkung aufgemacht, hätte es gescheppert. Auf die riskanten Manöver gegen Räikkönen folgte die Aktion gegen Button, die Mercedes durch den beschädigten Frontflügel den Doppelsieg kostete. Trotzdem gehört der Ritt von Startplatz 20 auf das Podium nach dem Crash durch Bremsversagen in der Quali gewürdigt. Das tue ich mit Platz drei im Driver-Ranking.

Platz 4, Fernando Alonso: Es ist bei jedem Rennen dasselbe: Der Ferrari lässt einfach keinen Erfolg zu. Siebter Startplatz, Fünfter im Ziel - noch 2013 wäre es eine schallende Niederlage gewesen. Mit dem Abstieg von Ferrari geht Alonso höchst professionell um. Klar, er mahnt öffentlich Probleme an. Dass es die gibt, beweist Kimi Räikkönen Woche für Woche, indem er die Punkteränge verpasst. Alonso aber macht das Maximum aus dem F14 T. 71 Punkte Vorsprung hat er mittlerweile auf den Iceman angehäuft.

Besonders beeindruckt hat mich der Spanier, als er Sprit sparte. Dass ein Ferrari-Motor kein Wunder an Effizienz ist, kann man sich denken. Dass Alonso aber zur Mitte des Rennens gefühlt schon zehn Meter nach Turn 1 vom Gas ging und das Auto bis zur nächsten Kurve rollen ließ, war erschreckend. Gerade unter diesem Aspekt wiegt das gewonnene Duell gegen Ricciardo noch stärker.

Platz 5, Nico Hülkenberg: Ein blinkendes Display, hektische Anweisungen des Ingenieurs, doch bitte irgendwelche Schalter von links nach rechts und wieder zurück zu drehen und wenige Sekunden später das Vorgehen mit einem anderen Stellrad am Lenkrad zu wiederholen - und das ganze bei Tempo 300!

Was Hülkenberg in Hockenheim leistete war stark. Obwohl der Mercedes-Antrieb Probleme machte, war er der schnellere Force-India-Pilot. Nachdem er im Qualifying nur knapp vor Sergio Perez lag, vervielfachte er den Vorsprung im Rennen, sprintete beim Start nach vorn und konzentriere sich dann darauf, das mögliche Resultat ins Ziel zu retten: Platz sieben. Es ist ihm gelungen.

Platz 6, Nico Rosberg: Der Sieger verpasst den Sprung aufs Driver-Ranking-Podium. Rosberg war uneinholbar, weil Hamilton Pech hatte. Wäre der Engländer unbeschadet durchs Qualifying gekommen, das Ergebnis wäre wohl ein anderes gewesen, Pole und Sieg an den Teamkollegen gegangen. Der derzeit vielleicht konstanteste Fahrer leistete sich bei seinem zweiten Heim-GP Fehler. In Q1 war er gleich zweimal neben der Strecke und musste einen Satz der superweichen Reifen opfern, um überhaupt in den zweiten Durchgang zu kommen.

Das Qualifying war also suboptimal, im Rennen beeindruckte Rosberg dafür. Kein Fehler trotz Schwierigkeiten mit den Bremsen und Graining seiner Reifen. Der WM-Führende brachte die rechnerisch schnellere Zwei-Stopp-Strategie zum Funktionieren, sicherte seinen vierten Saisonsieg und vergrößerte seinen Vorsprung in der Gesamtwertung wieder auf 14 Punkte. Trotzdem ist es schade, dass uns der direkte Kampf um den Sieg auf dem Hockenheimring verwehrt blieb.

Platz 7, Sebastian Vettel: Vor einem Jahr galt Hamilton als der Fahrer, der mit dem neuen Reglement am meisten Probleme bekommen wird. Mittlerweile hat sich der Eindruck bei mir verfestigt, dass es der Vierfachweltmeister aus Heppenheim ist. Seine größte Stärke, mit einem abtriebsstarken Auto die schnellen Kurven zu nehmen wie kein Zweiter, wurde ihm geraubt. Ich werde den Eindruck nicht los, dass Vettel das Auto dort immer noch überfährt, wie es die meisten Ex-F1-Fahrer in der DTM tun.

Trotzdem gebührt ihm Respekt für die Leistung in Hockenheim: Mehr als Platz vier war selbst nach dem Ausfall von Massa nicht drin. Trotz der Nachteile beim Topspeed passierte er Räikkönen auf der Innenbahn, als er nach seinem Boxenstopp im Ferrari-Sandwich hing. Das war ein bärenstarkes Manöver! Lediglich für seinen Fehler in Q3, der ihm Startplatz drei kostete, bekommt Vettel dieses Mal von mir Punktabzüge.

Platz 8, Kevin Magnussen: Der Däne wurde nach dem Startcrash heftig von Felipe Massa angegangen, solche Aktionen würden nur GP2-Fahrer starten. Ich entschuldige die Aussagen einfach mal mit dem Schock nach dem Überschlag. Magnussen ist nie in der GP2 gefahren. Viel wichtiger ist aber, dass die Schuld für den Unfall wenn überhaupt bei Massa selbst liegt.

Der Williams-Pilot zog von der Außenbahn einfach nach innen rein, weil er sich auf den vor ihm fahrenden Bottas konzentrierte, Magnussen übersah er komplett. Der 21-Jährige hatte keine Chance auszuweichen und war komplett schuldlos. Sein Rennen war danach fast gelaufen. Schon Startplatz vier war eine extrem gute Leistung, dass er sich nach der turbulenten Startphase überhaupt noch in die Punkte rettete, war richtig stark. Das McLaren-Duell mit Jenson Button hat er klar für sich entschieden.

Platz 9, Jules Bianchi: Der Ferrari-Junior war einmal mehr der bestplatzierte Fahrer der beiden Hinterbänkler Marussia und Caterham. Dabei hatte er am Anfang des Rennens mit technischen Problemen zu kämpfen. Als die behoben waren, fuhr er Max Chilton, Kamui Kobayashi und Marcus Ericsson um die Ohren und überholte alle drei binnen vier Runden. War mit seinem Marussia mehr möglich? Eindeutig nein.

Platz 10, Kimi Räikkönen: Der Finne war für mich der Flop des Rennens, nachdem ich mir den GP nochmal angeschaut habe, muss ich zugeben: Ich lag falsch. Der Iceman war in Deutschland gar nicht so schlecht, auch wenn er gegen Alonso kein Land sieht. Vettel und Hamilton zerstörten seinen Frontflügel, das daraus resultierende Untersteuern pulverisierte sein Reifen. Der elfte Platz war undankbar, Räikkönens Leistung war besser.

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